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Forstfest Kamenz: Reicht der Blumenschmuck für alle?

1.600 Kamenzer Kinder nehmen 2023 an den Umzügen beim Forstfest teil. Dafür genügend Blumenschmuck herzustellen, wird immer schwieriger - und fordert auch Kompromisse.

Von Ina Förster
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Der wundervolle Blumenschmuck ist nicht wegzudenken beim Kamenzer  Forstfest - stellt im Vorfeld aber auch eine immense Arbeit für die Gärtnereien dar.
Der wundervolle Blumenschmuck ist nicht wegzudenken beim Kamenzer Forstfest - stellt im Vorfeld aber auch eine immense Arbeit für die Gärtnereien dar. © Archivfoto: Matthias Schumann

Kamenz. Seit Jahren mahnen die Kamenzer Gärtner immer wieder im Sommer vor einem wachsenden Problem: Wie lange wird man den Blumenschmuck fürs Forstfest noch in alt bewährter Güte fertigen können? Für diese Sorge spielen viele Gründe eine Rolle: steigende Preise und mehr Teilnehmer an den blütenreichen Umzügen; schlechte Ernten bei Astern, die hauptsächlich für den Schmuck verwendet werden; schwaches Reißig wegen Dürre und Borkenkäfern und nicht zuletzt fehlendes Personal und Fachleute, die das Metier des Kranzflechtens und -steckens überhaupt noch beherrschen.

2022 war der Preis für die Schmuckelemente erhöht worden, sodass die beteiligten Gärtner einen angemesseneren Lohn für ihre Arbeit erhalten. Doch nun gibt es andere Probleme.

250 Astern werden allein für einen Kranz gebraucht

Das bekamen kurz nach Ende des vergangenen Schuljahres jene Kamenzer zu spüren, die für die Umzüge 2023 für ihre Kinder Blütenkränze, Lyren, Füllhörner, Bögen oder Gladiolensträuße bestellen wollten. Auf Kamenz-Seiten bei Facebook wurde darüber hitzig diskutiert. Auch Anrufe im Rathaus gab es, weil einige Eltern zu spät kamen mit ihrer Bestellung und bei allen beteiligten Gärtnereien abgewiesen wurden. Die gute Nachricht vorweg: Inzwischen werden doch alle gut versorgt, sodass niemand ohne Blumenschmuck dastehen wird.

Manuela Rutkowsky, Chefin der Kamenzer Stadtgärtnerei, begutachtet die durch Trockenheit angeschlagenen Bäume am Hutberg. Reisig für die Ranken zu gewinnen, wird immer schwieriger. Hier will die Stadt in den nächsten Jahren vorausschauend aufforsten.
Manuela Rutkowsky, Chefin der Kamenzer Stadtgärtnerei, begutachtet die durch Trockenheit angeschlagenen Bäume am Hutberg. Reisig für die Ranken zu gewinnen, wird immer schwieriger. Hier will die Stadt in den nächsten Jahren vorausschauend aufforsten. © Matthias Schumann

"Es fehlt uns allen an Kapazitäten für die vielen Aufträge, sowohl personellen wie teilweise auch logistischen", beschreibt Manuela Rutkowsky, Leiterin des Bereichs Stadtgärtnerei bei den Kommunalen Diensten Kamenz (KDK), das Problem und spricht dabei auch für ihre Berufskollegen.

Sie allein habe für das Wochenende vor den Umzügen über 20 Leute am Start und über 100 Elemente zu fertigen, darunter den aufwändigen Eröffnungsstern mit den reichhaltigsten Lyren und Kränzen. "Da kommen schnell 1.000 Asternblüten zusammen, ein einziger Kranz besteht aus 250 Stück", erklärt Rutkowsky. Und: Die Festordnung sei festgezurrt, da könne wenig daran gerüttelt werden. Aber man müsse sich dennoch langsam in den nächsten Jahren mit Kompromissen anfreunden. Denn die heißen, trockenen Sommer arbeiteten gegen das Forstfest.

Heide durch Goldrute ersetzt, auch mehr Gladiolen

Schon in letzter Zeit wurden so beispielsweise Heidekraut-Kränze durch Goldrute ersetzt. Und 2023 werden erstmals die 80 Eichenkränze im Abschlussbild und den Sternen zahlenmäßig halbiert und mit 40 großen Gladiolensträußen aufgefüllt. "Wir Gärtner haben uns bereits seit dem Frühjahr zusammengesetzt und uns Gedanken gemacht. Uns ist bewusst, dass wir künftig bei aller Tradition auch andere Wege gehen müssen", sagt Manuela Rutkowsky, die seit Jahren dem Forstfest-Komitee angehört.

Immer mehr Goldrutenkränze sind im Forstfestumzug zu sehen. Sie ersetzen die früheren Heidekränze. Man wird noch nach mehr Alternativen in den kommenden Jahren suchen müssen.
Immer mehr Goldrutenkränze sind im Forstfestumzug zu sehen. Sie ersetzen die früheren Heidekränze. Man wird noch nach mehr Alternativen in den kommenden Jahren suchen müssen. © Archivfoto: Matthias Schumann

Schwierig ist ebenfalls die Personalsituation in den Gärtnereien. "Heiko Petasch im Herrental ist noch sehr aktiv, er bestellt für uns auch die Astern mit im Großmarkt, das sind 16.000 Stück nur für ihn und uns. Das meiste für seine Eigenversorgung produziert er darüber hinaus selbst", sagt Rutkowsky. Doch die Ernte sehe schlecht aus. Wegen der derzeit fehlenden Sonne gehen die Blüten kaum auf oder blieben klein.

Heiko Petasch pflanzt auch selbst immer Astern auf seinen Feldern an, zukaufen muss er dennoch. In diesem Sommer, der zuletzt kühl und wenig sonnig war, sind die Blüten klein geblieben oder gingen schlecht auf. Das Foto ist von 2022, da sah es besser aus.
Heiko Petasch pflanzt auch selbst immer Astern auf seinen Feldern an, zukaufen muss er dennoch. In diesem Sommer, der zuletzt kühl und wenig sonnig war, sind die Blüten klein geblieben oder gingen schlecht auf. Das Foto ist von 2022, da sah es besser aus. © Archivfoto: Anne Hasselbach

Horst Scheffler von der gleichnamigen Kamenzer Gärtnerei sicherte früher einen Großteil des Blumenschmucks ab, ist mittlerweile aber im Ruhestand. "Seine Tochter übernimmt ein paar Elemente, aber es sind bei Weitem nicht so viele wie früher", sagt die Fachfrau. Und Gärtnermeister Frank Steiger sowie die Gärtnerei Hoffmann in Wiesa würden tun, was sie können. Doch ihre Kühlkapazitäten seien begrenzt. Und die brauche man für die frischen Blüten.

Die Fertigung des Forstfest-Schmuckes ist echte Kunst - und teilweise Sisyphos-Arbeit. Lila Aster. Draht dran. Weiße Aster. Draht dran. Rosa Aster. Draht dran. Und das Zehntausende Mal. So ist zum Sonnabend vor dem Forstfest, das 2023 vom 18. bis 24. August stattfindet, stets Großkampftag in den Gärtnereien. Denn am Montagmittag muss alles fertig sein. Schleifen müssen angebracht, alles klassenweise sortiert werden. Ohne ehrenamtliche Helfer wäre das in den Gärtnereien schon lange nicht mehr zu stemmen. Auch Heiko Petasch weiß, was er an Freunden und Familie hat, die ihm dabei zur Hand gehen.

1.600 Teilnehmer 2023 für Festumzüge angemeldet

Und die Arbeit nimmt nicht ab. 2023 nehmen immerhin 1.600 Mädchen und Jungen aus Kamenzer Schulen an den Festumzügen teil, mehr als in den Vorjahren. Dies ist einerseits erfreulich für das Forstfest, das mittlerweile zum Immateriellen Kulturerbe gehört. Andererseits geht es nicht mehr ohne Hilfe von außen. "Wir konnten in den letzten Jahren Gärtnereien aus Oberlichtenau, Königsbrück, Elstra und Höflein gewinnen und haben die Kollegen angelernt, wenn es nötig war", sagt die Chefin der Kamenzer Stadtgärtnerei.

Mit der Blumenmanufaktur Kohout in Cunnersdorf wurde ein Partner für die neu hinzugekommenen Klassen der Braunaer Grundschule gewonnen, die seit der Eingemeindung mit am Start sind. In Neschwitz übernimmt ein Berufskollege erstmals die Herstellung aller Bögen - sozusagen als Subunternehmer der Stadtgärtnerei.

Stadtgärtnerei hat noch viele andere Aufgaben

Die hat nämlich noch andere Aufgaben: Für Rathaus-, Schulplatz - und neuerdings auch Lessingschulranke muss Reisig geschnitten und geliefert werden, die Astern-Pyramide für die Bautzner Straße ist anzufertigen und parallel dazu Ordnung in der Stadt zu schaffen, weil Zehntausende Gäste erwartet werden.

"Das Forstfest stellt uns vor wachsende Herausforderungen. Nur gemeinsam können wir sie stemmen. Für dieses Jahr ist alles gesichert, was die Zukunft anbelangt, braucht es aber einen Schlachtplan. Hier arbeiten alle Beteiligten eng zusammen", sagt Manuela Rutkowsky. Eine neue Arbeitsgruppe Blumenschmuck sei im Komitee bereits in Gründung.