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Kamenz: Per Smartphone ins Museum

Vom Museumspädagogen zum Filmemacher: Das Museum der Westlausitz holt seine Besucher jetzt virtuell ins Haus – sogar mit 3D-Rundgängen.

Von Miriam Schönbach
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Sophia Hauswald probiert auf Laptop und Smartphone die neuen Museumsrundgänge in Kamenz aus.
Sophia Hauswald probiert auf Laptop und Smartphone die neuen Museumsrundgänge in Kamenz aus. © René Plaul

Kamenz. Es herrscht ungewöhnliche Stille im Museum der Westlausitz, das Licht bleibt aus in den Kamenzer Ausstellungsräumen. Erneut vermissen die Mitarbeiter des Hauses ihre Besucher, denn der Teil-Lockdown hat wieder die Museen im Landkreis Bautzen getroffen. Zum Trübsal-Blasen aber bleibt keine Zeit. „Wir nutzen die Ruhe für neue Ideen zu Digitalisierung und für museumspädagogische Projekte. Wir müssen doch schauen, dass wir sichtbar bleiben“, sagt Ines Müller-Spindler im Museumscafé.

Am Tisch sitzen auch Julia Baumbach und Susanne Schütze. Die zwei Museumspädagoginnen arbeiten derzeit eigentlich an der Nachproduktion für das letzte gedrehte Video und parallel gemeinsam mit dem dritten Kollegen Bodo Plesky am neuen Drehbuch für einen weiteren Kurzfilm unter dem Titel „Raus in die Oberlausitz“. „Unsere Idee hinter diesen Videos ist, dass wir uns gefragt haben: Was haben unser Museum und die Region zu bieten, was die Leute nicht auf den ersten Blick sehen“, sagt Julia Baumbach. So sind bereits im ersten Lockdown im Frühling ein 15-Minüter zur Libelle und ein virtueller Museumsrundgang entstanden.

Recherche nimmt viel Zeit in Anspruch

Dabei scheuen die Kamenzer Museumsmacher keinen Aufwand. Hinter der Kamera steht Susanne Schütze, vor der Kamera nimmt Bodo Plesky die Zuschauer mit in die Welt der schillernden "Hubschrauber". „Wir versuchen bei den Produktionen, dicht an den Lehrplänen zu bleiben. Die wissenschaftliche Recherche nimmt viel Zeit in Anspruch. Wir wollen, dass es verständlich ist“, sagt die Kamerafrau in Personalunion mit Regie und Ton. Normalerweise ist die 38-Jährige im Museum der Westlausitz für das grenzüberschreitende EU-Projekt „Wissenschaft als Abenteuer“ in Zusammenarbeit mit dem Lausitzer Museum in polnischen Zgorzelec und dem Keramikmuseum in Bolesławiec zuständig. Deshalb sorgt sie zum Beispiel auch für polnische Untertitel unter den Filmen.

Seit zwei Wochen ist bereits das Ergebnis der zweiten Dreharbeiten zum Thema Glasperlen-Herstellung auf dem Museums-YouTube-Kanal veröffentlicht. „Bei diesen Projekten versuchen wir als Regionalmuseum, auch immer mit anderen Museen zusammenzuarbeiten. Bei diesem Dreh waren wir zum Beispiel im Glasmuseum in Weißwasser, im Stadtmuseum und auf dem Schafberg in Löbau“, sagt Julia Baumbach. Der Zwölfminüter zeigt, wie das Glas in die Oberlausitz gekommen ist, und gibt sogar einen Einblick in die Herstellung von Glasperlen – direkt aus dem Museumsgarten.

Studentin dreht mit dem Handy Kurzvideos

Die Idee für den dritten Film schlummert noch auf dem Papier – und soll nicht verraten werden. „Ein Thema aus der Zoologie, Archäologie oder Geologie wäre dran. Wir experimentieren uns so ran. In den Eigenproduktionen steckt ganz viel Liebe“, sagt Susanne Schütze. Doch die Filme sind nur ein digitalisiertes Museumsstandbein. Vorträge können an Smartphone, Tablet oder PC verfolgt werden, zudem liegt in der Verantwortung von Sophia Hauswald die Reihe „Schon gewusst?“ für den Facebook- sowie den Instagram-Kanal des Hauses. Die 24-Jährige studiert Umweltmonitoring an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden und macht in Kamenz ihr Praxissemester.

Ein Kurzvideo über Kristalle hat die Studentin bereits online gestellt. Für eine weitere Aufgabe recherchiert sie gerade. Das Thema heißt Totenkult. „Ich lese mich gerade durch die Literatur zu Totenkult, Grabbeigaben, Einstellungen zum Tod. Ich muss selbst das Gefühl haben, dass ich das Thema durchdrungen habe. Ich bin, glaube ich, ein ziemlich guter Maßstab für verständliches Erklären, weil ich mich selbst auch nicht auskenne“, sagt Sophia Hauswald. Sie ist für ihre kleinen Drehs ausschließlich mit dem Handy unterwegs.

Libellen-Film hat schon 1.300 Klicks

Dass ihre Ideen ankommen, merken die Kamenzer Museumspädagogen. Allein der Libellen-Film wurde schon 1.300-mal geklickt. Doch diese digitale Währung ist nur ein kleiner Trost. „Im vergangenen Jahr hatten wir bei 300 museumspädagogischen Veranstaltungen rund 3.000 Mädchen und Jungen in unserem Haus zu Gast“, sagt Julia Baumbach. Am beliebtesten ist bei den kleinen Museumsgängern das Projekt Museumsprofis, wo sie hinter die Kulissen des Museums schauen können und von den wichtigsten Arbeiten vom Sammeln über das Forschen und Vermitteln erfahren. 

Auch die Archäologie-Projekte seien besonders gefragt. Nicht zuletzt aus diesem Grund haben die Kamenzer während des Lockdowns auch ein neues analoges Angebot unter dem Titel „Ein archäologischer Kriminalfall“ ausgearbeitet. Es wartet jetzt auf seine ersten Ausprobierer, wenn das Museum der Westlausitz neben dem digitalen Rundgang wieder zu einem richtigen Besuch einladen kann. Dann wird auch die augenblickliche Stille Vergangenheit sein.

www.museum-westlausitz.de

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