Freischalten Freischalten Feuilleton
Merken

Uwe Steimle und die Sprache des "Dritten Reichs"

Der geplante Klemperer-Leseabend zum 9. November mit Uwe Steimle ist eine Zumutung. Aber auch das gehört zur Demokratie. Ein Kommentar.

Von Marcus Thielking
 2 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Provokateure wie Uwe Steimle sollten Demokraten aushalten, meint Sächsische.de-Redakteur Marcus Thielking.
Provokateure wie Uwe Steimle sollten Demokraten aushalten, meint Sächsische.de-Redakteur Marcus Thielking. © SZ/Veit Hengst

Nun wird es also doch kommen, wie von den einen erhofft und von den anderen befürchtet: Die Freien Wähler veranstalten am 9. November, dem Gedenktag der gewaltsamen NS-Pogrome gegen Juden, im Dresdner Stadtmuseum eine Lesung aus Victor Klemperers Buch „LTI“, das sich mit der Sprache des „Dritten Reichs“ befasst.

Unter anderem mit dabei: Uwe Steimle. Wenn dieser nun in einem Interview von der heutigen „Sprache des grünen Reiches“ redet, dann mag er das für geniale Satire halten. Zugleich liefert er damit den endgültigen Beweis, dass ihm und seinesgleichen jegliches Gespür für die Würde dieses Datums fehlt.

Ein guter Tag für die Demokratie?

Da brannten Synagogen, wurden Hunderte Juden ermordet. Selbst wenn einem grüne Moral- und Sprachapostel noch so sehr auf die Nerven gehen: So einen Vergleich in diesem Kontext zu ziehen, und zwar öffentlich, zählt zu den schwer zu ertragenden und im Grunde unfassbaren Geschmacklosigkeiten, die in dieser angeblichen „Gesinnungsdiktatur“ heute möglich sind. Und doch: In einer Demokratie müssen wir auch solche Zumutungen aushalten.

Der ungeschickte Umgang der Stadt und des Reclam-Verlags mit der Lesung ist ein Beispiel, wie schwer es heute vielen fällt zu akzeptieren, dass Meinungsfreiheit nicht da endet, wo sie Schmerzen verursacht. Hätte man Steimle doch einfach lesen lassen …

Nach diesem Hin und Her bei der Genehmigung von Raum- und Urheberrechten können die Veranstalter nun wie geplant ihren Klemperer-Abend machen – und sich gleichzeitig auch noch als Opfer stilisieren. Wird dieser 9. November ein guter Tag für die Demokratie? Es bleiben Zweifel.