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Streit um Weihnachtsessen der Obdachlosenhilfe Dresden

Die Obdachlosenhilfe Dresden steht in der Kritik, weil der Verein von Rechtsaußen unterstützt wird. Jetzt will der Verein Fördergeld bekommen. Wie die Parteien darauf reagieren.

Von Julia Vollmer & Dirk Hein
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11.250 Euro Zuschuss für den Verein "Dresdner Bürger helfen Dresdner Obdachlosen und Bedürftigen" steht auf der Kippe.
11.250 Euro Zuschuss für den Verein "Dresdner Bürger helfen Dresdner Obdachlosen und Bedürftigen" steht auf der Kippe. © dpa/Bernd Wüstneck (Symbolfoto)

Dresden. Der Verein "Dresdner Bürger helfen Dresdner Obdachlosen und Bedürftigen" ist in Dresden umstritten. Am Dienstag soll der Stadtbezirksbeirat Altstadt dennoch einen Zuschuss in Höhe von 11.250 Euro für das achte "kostenlose Weihnachtsessen für Dresdner Obdachlose und bedürftige Menschen" beschließen. Viele Räte weigern sich.

Weshalb ist die Obdachlosenhilfe umstritten?

Das liegt zum einen am Vereinsvorsitzenden Ingolf Knajder. Der Autohändler stand wegen Hassaufrufen gegen den Islam vor Gericht. Die Posts wurden in den Jahren 2012 bis 2016 im Internet veröffentlicht, mehrfach mitten in der Nacht. Unter anderem soll er den Islam als "Terrororganisation", als "Hass- und Gewaltorganisation" und Muslime als "Scheiß-Araber", "Spasten und Vollidioten" bezeichnet haben. Knajder wurde zu einer Geldstrafe von 3.500 Euro verurteilt. Er selbst will gegenüber Sächsische.de keine Kommentare abgeben, legt aber Wert darauf, das er gegen das Urteil in Berufung gegangen ist und das Verfahren aktuell ruhe.

Die Obdachlosenhilfe gilt zudem als Pegida-nah. Knajder war am Anfang Teil des Umfeldes von Pegida-Gründer Lutz Bachmann, löste sich dann aber im Streit. 2016 fand das erste Weihnachtsessen des Vereins im Ballhaus Watzke statt. Knapp 400 Gäste bekamen Gänsebraten mit Rotkohl, lachen über Uwe Steimle, dann legte DJ Happy Vibes auf. Der Kabarettist Uwe Steimle darf unter Umständen als völkisch-antisemitischer Jammer-Ossi bezeichnet werden. DJ Happy Vibes war Landratskandidat der rechtsextremen Freien Sachsen.

Kritisiert wird zudem, der Verein würde nur "Dresdnern", nicht aber Geflüchteten helfen. Das wird durch den Verein zurückgewiesen. Jeder, der einen Dresden Pass habe, kann in der Begegnungsstätte kostenlos frühstücken, mittagessen, sich die Haare schneiden lassen - oder am Weihnachtsessen teilnehmen.

Was plant der Verein zu Weihnachten?

Am 12. Dezember findet zum achten Mal das Weihnachtsessen für "Dresdner Obdachlose und bedürftige Menschen" statt. Etwa 500 Gäste werden in der Ballsport-Arena Dresden erwartet, wo die Veranstaltung seit 2017 stattfindet. Am Abend wird ein Weihnachtsessen mit Gänsekeule, Rotkraut und Klößen verteilt. Der Verein überreicht Geschenke, die über Spenden finanziert werden. Wichtiger Sponsor ist dabei die AfD.

Bisher wurde diese Veranstaltung komplett über Spenden finanziert. Zum ersten Mal hat der Verein jetzt eine Förderung aus dem Budget des Stadtbezirksbeirates Altstadt beantragt. Jeder Stadtbezirk hat pro Jahr und Einwohner ein Budget von etwa 11 Euro. Mit diesem Geld können Projekte im Stadtteil bezuschusst werden. Das letzte Wort hat dabei der Beirat.

Für die eigene Veranstaltung will der Verein "Dresdner Bürger helfen Dresdner Obdachlosen und Bedürftigen" erreichen, dass von angegeben Gesamtkosten von 17.400 Euro immerhin 11.250 Euro übernommen werden.

"Der Antrag wurde termingerecht eingereicht und vom Stadtbezirksamt Altstadt hinsichtlich der Vorschriften und Kriterien geprüft. Seitens des Stadtbezirksamtes wird das Projekt befürwortet", heißt es in einer Stellungnahme von Stadtbezirksamtsleiter André Barth.

Das Weihnachtsessen findet seit 2017 in der Ballsport-Arena Dresden statt.
Das Weihnachtsessen findet seit 2017 in der Ballsport-Arena Dresden statt. ©  privat

Wie reagieren die Beiräte auf den Antrag?

Vertreter von Linken, Grünen und SPD haben sich bisher ablehnend geäußert. "Wir Grüne werden den Antrag ablehnen. Wir wollen Leuten, die wegen Volksverhetzung verurteilt wurden, nicht mit Steuergeld oder sonst auf irgendeine Weise behilflich sein. Wir werden einen Vorschlag einbringen, das Geld anderweitig zu nutzen", sagt Stadtbezirksbeirätin Susanne Krause. Denkbar ist eine Teilfinanzierung der Skateranlage an der Budapester Brücke oder die Unterstützung einer anderen Initiative, die sich "ohne Ansehen der Person um Wohnungslose kümmert."

Für die Linke gibt es "mehrere Gründe, dieser Vorlage nicht zuzustimmen." Einer davon: "In der Fachförderrichtlinie heißt es, dass wir Projekte von Vereinen unterstützen sollen, die das regionale Zusammenleben in der Altstadt fördern", sagt Stadtbezirksbeirätin Esther Ludwig. Wenn man sich das bisherige Auftreten insbesondere des Vorstandes ansieht, könne man die Erfüllung dieses Punktes anzweifeln. "Ich möchte hier nur kurz die Verurteilung von Ingolf Knajder wegen Volksverhetzung erwähnen. Ganz zu schweigen von der Zusammenarbeit des Vereins mit dem völkischen Flügel der AfD", sagt sie. "Volksverhetzung dient nicht der Förderung des Zusammenlebens, sondern der Spaltung unserer Gesellschaft."

Auch SPD-Beirat Lutz Hoffmann kritisiert die Vereinsspitze. "Das sind Leute, deren Vertreter im Rat stets gegen Mittel für Soziales stimmen", sagt er. "Die jede staatliche Unterstützung für Obdachlose torpedieren, weil sie ja 'den Falschen' zugutekommen könnte. Und sich dann hinstellen und mit staatlicher Förderung medienwirksam ein Angebot machen wollen, wo der Staat das angeblich nicht tue."

Anders sieht es die AfD. "Aus meiner Sicht ist der Verein zu einhundert Prozent zu unterstützen. Es ist folgerichtig und korrekt, dass der Stadtbezirksamtsleiter das Projekt zur Förderung vorschlägt", sagt AfD-Beirat Joachim Promnitz.