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Ofarim-Prozess in Leipzig: Gutachter sieht keine Davidstern-Kette

Tag vier im Verleumdungsprozess gegen den jüdischen Musiker Ofarim in Leipzig. Ein forensischer Sachverständiger widerlegt eine wichtige Angabe des Künstlers. Es geht um die Halskette.

Von Sven Heitkamp
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Der Musiker Gil Ofarim war nach eigenen Angaben Opfer eines antisemitischen Vorfalls in einem Leipziger Hotel geworden.
Der Musiker Gil Ofarim war nach eigenen Angaben Opfer eines antisemitischen Vorfalls in einem Leipziger Hotel geworden. © Hendrik Schmidt/dpa (Archiv)

Leipzig. Am vierten Tag im Verleumdungsprozess gegen Sänger Gil Ofarim hat der Digital-Forensiker Dirk Labudde erklärt, dass bei Ofarim am umstrittenen Abend im Leipziger Hotel Westin seiner Meinung nach zwar eine Kette, aber keine Kette mit Davidstern zu sehen war.

Erst nachdem Ofarim die Hotellobby gegen 19:46 Uhr verlassen hat, sei ein solches Objekt, das in Größe und Form der Davidstern-Kette ähnelt, registrierbar, betonte Labudde. Für sein Gutachten hatte der Bioinformatiker, der als Professor an der Hochschule Mittweida arbeitet, elf Videos von Überwachungskameras des Eingangsbereichs, der Lobby und der Rezeption des Hotels sowie Aufnahmen von einer Nachstellung der Szenen ausgewertet.

Ofarim hatte dem Hotelmanager Markus W. in einem millionenfach geklickten Video auf Instagram vorgeworfen, ihn Anfang Oktober 2021 wegen der Kette antisemitisch beleidigt und ausgegrenzt zu haben. W. habe dem deutsch-jüdischen Künstler ein Hotelzimmer verweigert, wenn er nicht die Kette abnehme. Ofarim steht seit voriger Woche wegen dieser fraglichen Behauptung wegen Verleumdung, falscher Verdächtigung, falscher eidesstattliche Versicherung und Betrugs vor Gericht.

Labudde berichtete nun, in den Videos seien zwar zusammenhängende Pixel zu sehen, die auch aufgrund der Position am Oberkörper eine Kette sein könnten. Beim Aussteigen aus dem Wagen, der ihn zum Hotel gebracht hat, in der Lobby und an der Rezeption sei im Brustbereich jedoch kein Objekt sichtbar, dass auf eine Kette mit Davidstern-Anhänger hinweist.

Um 19:45 Uhr – knapp eine halbe Stunde nach dem Betreten des Hotels – verließ Ofarim jedoch die Lobby durch die Drehtür und stand wieder vor dem Hotel. Dort habe er um 19:46 Uhr etwas über seinen Kopf gezogen, auch Reflexionen seien zu erkennen. Zwischen 19:55 und 20:05 Uhr habe Ofarim dann sein Handy so vor sich gehalten, als würde er sich aufnehmen, und hätte dabei gestikuliert.

Auch die Fahrerin, die Ofarim von einer Fernsehaufzeichnung beim MDR zum Hotel gefahren hatte, sagte als Zeugin aus, sie könne sich an eine Holzkette, aber nicht an eine Kette mit Davidstern erinnern. Ofarims Verteidiger betonen inzwischen, es sei nicht entscheidend, ob Ofarim die Kette getragen habe.

Hotelmanager W. habe ohnehin gewusst, wer Ofarim sei. Sie hatten zudem festgestellt, dass aus einem Überwachungsvideo von der Hotelbar zur fraglichen Zeit zwei Sekunden fehlten. Dies werfe Fragen und Zweifel an der Beweiskraft der Videoaufnahmen auf, so die Anwälte.