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Schießt der Kreis Görlitz beim Ebersbacher Krankenhaus übers Ziel hinaus?

Der Landkreis hat die Chirurgie in Ebersbach geschlossen. Der Sächsische Krankenhausplan aber weist die Station nach wie vor aus. Was Landrat und Freistaat dazu sagen.

Von Romy Altmann-Kuehr
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Landrat Stephan Meyer verteidigt die Landkreis-Pläne zum Krankenhaus Ebersbach.
Landrat Stephan Meyer verteidigt die Landkreis-Pläne zum Krankenhaus Ebersbach. © Matthias Weber/Montage: SZ-Bildstelle

Keine chirurgische Station mehr am Krankenhaus Ebersbach - was lange angekündigt war, ist seit Monatsbeginn nun Realität. Und der erste Schritt zur neuen Struktur der Krankenhäuser in Ebersbach und Zittau. Der Landkreis Görlitz stellt seine Krankenhauslandschaft komplett auf den Kopf - aus wirtschaftlichen Gründen.

Vergangenen Herbst hatte der Kreistag die Konzeption dazu verabschiedet. In diesem Zusammenhang wirft jedoch ein Blick in den Sächsischen Krankenhausplan Fragen auf. Er gilt als wichtigstes Planungsinstrument für die Krankenhäuser. Er regelt zum Beispiel, welche Häuser welche Behandlungen anbieten sollen. Danach richtet sich, was die Kliniken bei den Kassen abrechnen können, wofür sie also Geld erhalten.

Dabei ändern sich natürlich die Rahmenbedingungen immer wieder, etwa durch neue medizinische Verfahren, neue Behandlungsmethoden oder eben auch durch die demografische Entwicklung - wie es zum Beispiel im Landkreis Görlitz und der Oberlausitz der Fall ist. Der Krankenhausplan wird in der Regel alle drei Jahre an die Lage angepasst. Der Plan wurde erst vor Kurzem aktualisiert und ist in seiner aktuellen Fassung ab Januar 2024 in Kraft getreten. Und in dem Papier ist die Chirurgie in Ebersbach nach wie vor mit stationärer Versorgung ausgewiesen.

Kann sich der Landkreis mit seinem Konzept über den Plan hinwegsetzen? Der Krankenhausplan weise die bisherige Struktur aus, entgegnet Landrat Stephan Meyer (CDU) dazu. Denn nur auf dieser Grundlage könnten die Leistungen überhaupt erbracht werden. Sonst könnte auch gar keine Umstrukturierung erfolgen. Sprich: eine Leistung muss im Krankenhausplan überhaupt erst einmal ausgewiesen sein, damit die Klinik entsprechend damit planen kann. Trotzdem verwundert das alles, weil der Krankenhausplan just in der Zeit überarbeitet wurde, als auch der Kreis über seiner Klinikkonzeption brütete. Im September sprach das Klinikum noch davon, dass man über den voraussichtlichen Plan vom Freistaat informiert und um Stellungnahme gebeten worden sei. Dass da in der Kommunikation anschließend etwas schief gelaufen sein könnte, bestritt der Landrat jetzt in einem SZ-Gespräch.

"Das ist keine Entscheidung des Landrats"

Auch das Sozialministerium des Freistaats, das den Krankenhausplan herausgibt, verweist darauf, dass die Umstrukturierung der Krankenhäuser im Landkreis Görlitz ja ein noch laufender Prozess sei. Da könne es vorübergehend zu Diskrepanzen zwischen dem Plan und dem, was vor Ort tatsächlich angeboten wird, kommen. Wenn seine Konzeption abschließend feststeht, muss der Landkreis entsprechende Anträge beim Freistaats stellen. Diese werden dann berücksichtigt und der Krankenhausplan angepasst, teilt das Sozialministerium auf Nachfrage mit.

Der Krankenhausplan ist somit kein Dogma, nach dem sich die Krankenhausbetreiber zu richten haben, sondern versteht sich als Richtlinie. Und er regelt eben in erster Linie, welche Leistungen die einzelnen Häuser abrechnen können. Das soll auch helfen, der Krankenhauslandschaft eine gewisse Struktur zu geben, damit die medizinischen Bereiche im Freistaat gut verteilt sind. Was dabei sinnvoll ist, sehen die Betroffenen vor Ort mitunter anders, als die politischen Entscheidungsträger.

Landrat Stephan Meyer in Görlitz sieht sich außerdem in letzter Zeit generell mit Kritik gegen seine Person konfrontiert wegen der Sparpläne für das Ebersbacher Krankenhaus. Auch die Diskrepanz zwischen Krankenhauskonzept des Kreises und dem Sächsischen Krankenhausplan ist den Kritikern aufgefallen.

Das veranlasste Meyer jüngst zu einem Kommentar bei Facebook. Darin verweist der Landrat darauf, dass die Kürzungspläne keineswegs eine Entscheidung seien, die er in Person getroffen hat. Die Aufsichtsräte und der Kreistag hätten das entschieden, zuvor habe es Empfehlungen einer Expertengruppe aus Krankenhausgesellschaft, Krankenkassen und Verwaltung gegeben. "Das ist keine Entscheidung des Landrates, sondern eine notwendige Strukturanpassung, um alle Standorte für die medizinische Versorgung zu erhalten", so Meyer. "Ich habe mir die Rahmenbedingungen weder ausgesucht noch zu verantworten."

Meyer nennt für die missliche Lage vor allem zwei Gründe: Zum einen weise die Krankenhausgesellschaft ein Defizit in zweistelliger Millionenhöhe aus. Zum anderen fehle es an Fachpersonal, um alle bisherigen Angebote weiterhin abzudecken. Beides zwinge den Landkreis als Träger der Klinik zum Handeln. Kritiker behaupten hingegen, dass Personal aus dem Ebersbacher Klinikum freiwillig abwandern würde - gerade wegen der unsicheren Perspektive.