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Vier mal in zwei Wochen stoppen Bäume den Trilex - jetzt reagiert die Bahn

In jüngster Zeit häufen sich in der Oberlausitz die Zugausfälle wegen umgestürzter Bäume. Ab Montag reagiert die Deutsche Bahn.

Von Markus van Appeldorn
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Häufiges Bild in jüngster Zeit: Bäume im Gleis bremsen den Trilex aus.
Häufiges Bild in jüngster Zeit: Bäume im Gleis bremsen den Trilex aus. © privat

Bahnreisende sind leidensfähig. Weil irgendwas ist immer, warum ein Zug nicht fährt oder sich verspätet. Jahrzehnte ist es her, dass die damalige Deutsche Bundesbahn sich getraut hat, in Filmen und auf Plakaten stolz mit dem Slogan zu werben: "Alle reden vom Wetter. Wir nicht. Wir fahren immer." In jüngster Zeit müssen Fahrgäste des Trilex insbesondere auf der Strecke Zittau - Bischofswerda, aber auch von Dresden über Bautzen und Löbau nach Görlitz sturmerprobt sein. Denn dort häufen sich Fälle, dass der Trilex wegen ins Gleis gestürzter Bäume ausfällt. Was Besserung betrifft, herrscht das Prinzip Hoffnung.

Katerina Hagen, Sprecherin des Trilex-Betreibers Länderbahn macht keinen Hehl aus dem Ärgernis. "Es ist schon auffällig, dass die Ausfälle wegen umgestürzter Bäume in so einer Dichte erfolgen", sagt sie. In den vergangenen zwei Wochen habe es vier solcher Vorfälle gegeben.

So sei am 29. Januar gegen 13.51 Uhr ein von Dresden nach Zittau verkehrender Zug bei Eibau mit einem Baum kollidiert. Nach Beseitigung des Hindernisses habe der Zug aus eigener Kraft weiterfahren können. Am 5. Februar habe ein von Görlitz nach Dresden verkehrender Zug gegen 6.15 Uhr kurz vor Bischofswerda noch einen ins Gleis gestürzten Baum passiert - danach musste die Strecke wegen der nötigen Räumung aber gesperrt werden.

Am 7. Februar wurde der Frühzug nach Zittau gegen 5.19 Uhr bei Schirgiswalde-Kirschau von einem Baum gestoppt. Die Freischneide-Arbeiten dauerten zwei Stunden. In dieser Zeit verkehrte der Trilex im Pendelverkehr zwischen Zittau und Ebersbach beziehungsweise Bischofswerda und Wilthen. Einen Ersatzbus zwischen Ebersbach und Wilthen gab's nicht. Und am 9. Februar wurde die Rangierfahrt eines Trilex in Ebersbach behindert - der Lokführer entfernte das Hindernis selbst.

Baumerkundung jetzt per Satellit

"Wir sind auf der Strecke stark gebeutelt", sagt Katerina Hagen. "Für diese Woche hat die Deutsche Bahn als Infrastrukturbetreiber endlich mal einen Vegetationsschnitt geplant", sagt Hagen. Sie hofft, dass eine Entfernung von umsturzgefährdetem Gehölz solche Vorfälle verhindert.

Und genau solche Sachen wollte die SZ dann eben von der Deutschen Bahn wissen: Wie kommt die Bahn ihrer Pflicht nach, die Infrastruktur sicher befahrbar zu halten? Auf einer wie breiten Trasse werden die Strecken von Bewuchs freigeschnitten? Wie und wie oft werden die entsprechenden Strecken inspiziert? Sind größere Rodungsaktionen an diesen Strecken geplant - wenn Ja, wann und konkret wo? Ein solcher Radikalschnitt war etwa 2022 an der Bahnstrecke zwischen Löbau und Görlitz erfolgt.

Auf all diese Fragen gibt die Deutsche Bahn keine Antwort - verweist aber auf ihr "erweitertes Vegetationsmanagement" für mehr Sturmsicherheit. Demnach würde die Bahn jährlich 125 Millionen Euro für die Pflege des Baumbestandes aufwenden. Dafür seien ein Expertenteam und über 1.000 Forstarbeiter im Einsatz. "Witterungsextreme wie Stürme, Starkregen und lange heiße Sommer werden in den kommenden Jahren weiter zunehmen.

Wetterlagen, die früher noch als extrem und selten galten, kommen heute häufiger vor und könnten ab der zweiten Hälfte des 21. Jahrhunderts zur neuen Normalität gehören" heißt es dort mit Verweis auf ein Gutachten des Potsdam-Institutes für Klimafolgenforschung (PIK). Demnach sei deutschlandweit kein anderes Großunternehmen so massiv von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen wie die Deutsche Bahn.

Um gefährdete Bäume noch besser zu erkennen, setzt die Bahn sogar auf Beobachtung aus dem Weltraum und Künstliche Intelligenz (KI). "Satellitenfernerkundung" nennt sich das. Dabei erhält die Bahn Informationen über die Vegetation am Gleis per Satellit aus dem All. So können sehr schnell auch große Flächen gecheckt werden.

"Um die Qualität der Satellitendaten zu sichern, finden vor Ort zusätzliche Feldbegehungen mit den DB-Forstexperten statt. Dabei wird genau geprüft, ob die via Satellit generierten Informationen mit der Realität übereinstimmen", so die Bahn. Anschließend fließen die Daten mit weiteren Informationen in digitale Karten ein, die die Vegetationspflege noch besser und effizienter ermöglichen.

Eine Auswahl der Trilex-Baumunfälle der letzten Jahre

In den vergangenen Jahren gab es etliche Fälle von ins Gleis gestürzten Bäumen beim Trilex. Viele spielten sich im Landkreis Bautzen ab. Aber: Alles, was auf dem Streckenabschnitt zwischen Bischofswerda und Dresden passiert, beeinträchtigt zwangsläufig den Verkehr auf beiden Streckenästen, den der Linien RE1/RB60 von Görlitz und Löbau und der Linien RE2/RB61 von Zittau und Ebersbach. Hier eine Auswahl:

29. November 2018: Zwischen Bischofswerda und Arnsdorf kollidiert ein Trilex mit einem Baum. Die Strecke wird auf diesem Abschnitt in beide Richtungen gesperrt.

Januar 2019: Unter Schneelast umstürzende Bäume legen den Bahnverkehr auf beiden Streckenästen lahm. Es kommt zu mehreren Kollisionen. Züge pendeln nur noch zwischen Bischofswerda und Dresden.

11. Februar 2019: Bei Neukirch kollidiert ein Trilex mit einem Baum. Der Lokführer und der Schaffner werden dabei leicht verletzt. An dem Zug entsteht nach Schätzung der Länderbahn ein Schaden von mindestens 500.000 Euro.

November 2019: Die SZ bilanziert für das gesamte Jahr 13 Fälle, in denen Züge in der Oberlausitz mit Bäumen kollidiert sind. Die Gewerkschaft der Lokführer argwöhnt, dass die Deutsche Bahn als Infrastrukturbetreiber auf Nebenstrecken am Vegetationsschnitt spare, weil die Kosten dafür voll ins Betriebsergebnis einfließen. Die Deutsche Bahn dementiert das.

17. Januar 2020: Zwischen Ebersbach und Wilthen kollidiert ein Trilex mit einem Baum.

19. Dezember 2022: Bei Neukirch kollidiert ein Trilex mit einem Baum. Der Lokführer wird verletzt.

15. Januar 2023: Bei Wilthen kollidiert ein Trilex mit einem Baum.

Beeinträchtigungen wegen Vegetationsschnitt ab Montag

Ab Montag, 19. Februar bis zum 24. Februar nimmt die Deutsche Bahn nun auf Teilen des Ostsachsen-Netztes Vegetationsschnitte vor. Dadurch kommt es auf allen Linien des Trilex zu Einschränkungen. Die Strecke zwischen Bischofswerda und Neukirch (Ost) bleibt deshalb ab Montag bis einschließlich Samstag zwischen 10.00 und 16.00 Uhr für den Bahnverkehr vollständig gesperrt, teilt die Länderbahn mit. In diesem Zeitraum verkehrt Schienenersatzverkehr (SEV) mit Bussen. Betroffen sind die Trilex-Linien RE 2 und RB 61.

Außerdem beachten Fahrgäste bitte, dass am Mittwoch und Donnerstag, 21./22. Februar der SEV teilweise schon ab Arnsdorf bis Neukirch (Ost) und zurück verkehrt. Zusätzlich verkehrt an diesen beiden Tagen ein Schienenersatzverkehr zwischen Bischofswerda und Bautzen und ersetzt die Züge des RE1 und der RB 60 in diesem Abschnitt. Grund dafür sind ebenfalls durchgeführte Vegetationsarbeiten zwischen Arnsdorf und Bautzen, die am Mittwoch, 21.Februar und am Donnerstag, 22.Februar zwischen 10:00 und 16:00 Uhr zu einer Streckensperrung führen.

Am Sonnabend, den 24. Februar führt zudem die Vollsperrung des Dresdner Hauptbahnhofes ab 4.00 Uhr zu weiteren Behinderungen im Bahnverkehr. Die Trilex-Züge beginnen und enden in Dresden-Neustadt. Fahrgäste der Linien RE 2 / RB 61 (Zittau – Dresden Hbf) müssen sich durch die parallele Streckensperrung auf zusätzliche Fahrzeitverlängerungen einstellen. Für die Weiterfahrt nach Dresden Hauptbahnhof verkehren als Schienenersatzverkehr die Tram 25 und die Tram 26.