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Baustart am Meißner Kornhaus ist noch in diesem Jahr vorgesehen

Das Kornhaus direkt neben der Albrechtsburg in Meißen ist besser in Schuss als erwartet. Dennoch rechnet der neue Eigentümer jetzt mit Sanierungskosten von 15 Millionen Euro. Das Land Sachsen will ihm helfen.

Von Ulf Mallek
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Der neue Eigentümer im Kreuzgewölbe des Kornhauses: Tom Lauerwald, Chef der Otto-und-Emma-Horn-Stiftung Meißen.
Der neue Eigentümer im Kreuzgewölbe des Kornhauses: Tom Lauerwald, Chef der Otto-und-Emma-Horn-Stiftung Meißen. © Claudia Hübschmann

Links neben der großen alten Tür hängt ein kleines blaues Schild mit der weißen Nummer 1. Hier steht es, das erste Haus am Meißner Domplatz: das historische Kornhaus neben der Albrechtsburg. Tom Lauerwald, Verwalter der Otto-und-Emma-Horn-Stiftung, ist der neue Eigentümer. Zum ersten Mal nach dem Kauf des Objektes kurz vor Weihnachten lässt er die Öffentlichkeit einen Blick ins Innere des über 500 Jahre alten Gebäudes werfen.

Der erste Eindruck: das Haus ist besser in Schuss als erwartet. Zwar sieht es innen nicht gerade einladend aus, Tapeten hängen von den Wänden, aber Nässe-, Schimmel- oder stärkere Bauschäden gibt es nicht. Es riecht auch nicht muffig.

Im Hausflur stehen noch vier Namen an den verrosteten Briefkästen. 2008 sind die letzten Mieter ausgezogen, unter ihnen der Meißner Maler Ulrich Jungermann. Seitdem steht das Haus leer und bröckelt langsam vor sich hin. Die alten Eigentümer, die Mercurio Immobilien GmbH, wollte ein Luxushotel mit 48 Zimmern, einem Edelrestaurant, einem Tagescafé sowie einem Wellness- und Fitness-Bereich aus dem Gebäude machen, scheiterten aber mit diesem anspruchsvollen Projekt.

Ein großes Banner mit der Aufforderung zum Spenden hängt jetzt überm Eingang zum Kornhaus.
Ein großes Banner mit der Aufforderung zum Spenden hängt jetzt überm Eingang zum Kornhaus. © Claudia Hübschmann
Tom Lauerwald von der Hornschen Stiftung Meißen ist guter Dinge: Er wird das Kornhaus retten, weil er es kann.
Tom Lauerwald von der Hornschen Stiftung Meißen ist guter Dinge: Er wird das Kornhaus retten, weil er es kann. © Claudia Hübschmann
Aus neogotischer Zeit: Das Kreuzgewölbe im alten Pferdestall im Erdgeschoss.
Aus neogotischer Zeit: Das Kreuzgewölbe im alten Pferdestall im Erdgeschoss. © Claudia Hübschmann
Blick in das Kreuzgewölbe. Die meisten der Türen im Haus sind noch ganz alt, aus der gotischen Zeit.
Blick in das Kreuzgewölbe. Die meisten der Türen im Haus sind noch ganz alt, aus der gotischen Zeit. © Claudia Hübschmann
Hier hat der letzte Mieter im Kornhaus gewohnt: der Meißner Maler Ulrich Jungermann.
Hier hat der letzte Mieter im Kornhaus gewohnt: der Meißner Maler Ulrich Jungermann. © Claudia Hübschmann
Zweieinhalb Etagen im Kornhaus waren zuletzt Wohnungen.
Zweieinhalb Etagen im Kornhaus waren zuletzt Wohnungen. © Claudia Hübschmann
Der große Dachboden soll nicht gedämmt und ausgebaut werden. Das Dach aber wird komplett neu eingedeckt. Baustart soll noch 2024 sein.
Der große Dachboden soll nicht gedämmt und ausgebaut werden. Das Dach aber wird komplett neu eingedeckt. Baustart soll noch 2024 sein. © Claudia Hübschmann
Der Dachboden ist in der Substanz  angegriffen, aber noch stabil.
Der Dachboden ist in der Substanz angegriffen, aber noch stabil. © Claudia Hübschmann

Neues Ziel der Alteigentümer war dann der Verkauf zum Bestpreis, was ihnen aber auch nicht so richtig gelang. Sie hatten das Haus im Jahr 2007 für 500.000 Euro von der Stadt Meißen erworben, kämpften später aber mit Folgekosten. Trotz paralleler Verhandlung mit der AfD als weiteren möglichen Käufer wurden sie es erst im Dezember vorigen Jahres für rund eine Million Euro los.

Die Otto-und-Emma-Horn-Stiftung bezahlte die Summe, ohne Kredite aufnehmen zu müssen. "Wir haben unsere Geldanlagen, unsere ETFs allesamt aufgelöst", sagt Lauerwald. "Das hat aber gereicht." Die Stiftung musste keine ihrer Immobilien verkaufen oder beleihen. Auch Hilfsgelder von wohlmeinenden Meißner Bürgern oder Unternehmern waren nicht nötig. Tom Lauerwald: "Wir haben für uns beschlossen, dass wir das Kornhaus kaufen und retten können. Deshalb haben wir es getan."

Kreuzgewölbe für Events

Der wohl repräsentativste Raum ist gleich im Erdgeschoss links: Das neogotische Kreuzgewölbe, das früher ein Pferdestall und ein Kutschenraum war. Das Kornhaus wurde parallel zur Albrechtsburg in der Zeit von Arnold von Westfalen 1471 errichtet. Es war so eine Art Wirtschaftsgebäude für die Burg. Auch der recht große gotische Keller (57 Meter Länge, 10 Meter Breite) ist baulich in Ordnung. Er könnte gemeinsam mit dem Kreuzgewölbe für Events genutzt werden, so Lauerwalds Idee. Im Pferdestall würde sich ein Gästeservice für die Albrechtsburg oder aber auch für die Stadt Meißen und sogar die Manufaktur anbieten. Inhaltliche Anknüpfungspunkte gibt es. Im Schloss wurde 1710 fast 150 Jahre lang die erste europäische Porzellanmanufaktur eingerichtet. Und im Kornhaus standen die Brennöfen.

Unterm Dach ist ebenfalls ein großer Raum, der aber frei bleiben soll. Die Meißner Dombauhütte hatte die letzten Tage offene Stellen geschlossen, sodass die Tauben nicht mehr ein- und ausfliegen können. Das Dach hat ein paar kleinere Löcher. Es muss neu gedeckt werden. Lauerwald rechnet mit Kosten von 950.000 Euro.

Die Neueindeckung ist das Erste, was im Kornhaus baulich passieren wird. Der Baustart soll noch in diesem Jahr sein. Am Mittwoch war Lauerwald im Landesamt für Denkmalpflege in Dresden. Die Behörde sicherte finanzielle Unterstützung zu. Lauerwald sagt, das klang verheißungsvoll. Er hofft, dass die Landesfördergelder für die Dachdeckung reichen werden. "Natürlich müssen wir noch freie Handwerkerkapazitäten finden", sagte Lauerwald. Das werde noch mal eine Herausforderung.

Ein Museum ist nicht wirtschaftlich

Danach sollte die Außenhülle des Gebäudes saniert werden. Insbesondere die Seite zum Burghof sei dabei wichtig. Hier schätzt Lauerwald die Kosten auf über drei Millionen Euro. Insgesamt, so sagt er, werden es am Ende wohl doch etwa 15 Millionen Euro Gesamtsanierungskosten werden. Allerdings hänge viel von der späteren Nutzung ab. Ein Museum hält Lauerwald nicht für geeignet. Das könne schwer wirtschaftlich betrieben werden. Das müsste der Freistaat übernehmen. Darauf mag Lauerwald aber nicht hoffen, denn schon zu oft habe er hören müssen, dass Sachsen keine Verwendung für die Flächen im Kornhaus habe.

Ein Großteil des Gebäudes - die zweieinhalb Geschosse zwischen Pferdestall und Dachboden - wurde zuletzt als Wohnungen genutzt. Noch stehen die alten Kachelöfen, Duschen und Kohleherde in den Zimmern. Die Türen sind ganz alt, noch aus gotischen Zeiten. Ein bisschen wie in einem Museum. Lauerwald hält eine künftige Wiedernutzung dieser Räume als Wohnungen nicht für sinnvoll. Der Zuschnitt der Zimmer sei nicht ideal, es fehlen Balkons. Beeindruckend sind die meterdicken Wände, die ja früher Teil der Stadtmauer waren.

Es ist deutlich zu sehen, dass im Inneren des Hauses auf Mindeststandards geachtet wurde. Es sieht einigermaßen sauber aus. Zwar gibt es noch keinen Strom, dafür aber Wasser. Künftig, so Lauerwald, müssten wohl Gasheizungen installiert werden, weil die Meißener Stadtwerke einen Anschluss an die Fernwärme nicht schaffen.

Die Nummer 1 wird in eine 15 getauscht

Lauerwalds Grundproblem ist, dass er keine von Steuergeld finanzierte Behörde ist. Er muss für seine private Stiftung die Nutzung des Kornhauses irgendwie wirtschaftlich abbilden. Es muss wenigstens eine schwarze Null herauskommen. Also benötigt er später Mieteinnahmen. Die Gedanken für eine sinnvolle und wirtschaftliche Nutzung werden wohl weiter gesponnen werden müssen.

Jetzt erst einmal will Lauerwald viel Geld einsammeln. Draußen, überm Eingang, hängt ein großes Banner, das zum Spenden auffordert. In nächster Zeit werden die Verhandlungen um Fördergelder weitergehen. Mit den 2.700 Euro Spendenerlös der Aktion des Kuratoriums "Rettet Meißen - jetzt!" rechnet Lauerwald fest. Und ganz hat er die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass eines Tages die Albrechtsburg doch noch sagen wird: Das Kornhaus war und ist ein Teil von uns.

Als er die große Tür wieder abschließt, sagt Lauerwald mit dem Blick auf die Hausnummer 1: "Diese Hausnummer werden wir leider verlieren. Die Stadt hat uns jetzt eine neue gegeben. Die 15." Aber so schlimm ist das vielleicht gar nicht, immerhin trug Franz Beckenbauer diese Nummer auf seinem Weltmeister-Trikot im Jahr 1974.

Eine Zukunft für das Meißner Kornhaus

Spenden fürs Kornhaus sind möglich an diese Kontonummer

IBAN: DE40 8505 5000 3000 0302 03

Otto- und-Emma-Horn-Stiftung Meißen