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Doppeldeutige Botschaft an Meißner Bushaltestelle

Eine eigenwillige Werbung an einer Bushaltestelle in Meißen wirft Fragen auf. Ist das überhaupt Werbung oder doch eher ein subtiler Hinweis für Fahrgäste?

Von Andre Schramm
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Der Fahrgastunterstand an der Dresdner Straße. Auf dem Werbeplakat steht: "Ich habe nichts zu sagen."
Der Fahrgastunterstand an der Dresdner Straße. Auf dem Werbeplakat steht: "Ich habe nichts zu sagen." © Claudia Hübschmann

Meißen. Die Werbefläche an dem Buswarte-Häuschen auf der Dresdner Straße nahe der Plangasse sticht ins Auge. Der Untergrund: orange. Darauf zu lesen in weißer Schrift: "Ich habe nichts zu sagen". Offenkundig ist das aber noch nicht alles. Denn zwischen den einzelnen Wörtern wurde etwas geschwärzt. Was genau, bleibt im Dunkeln. Das war's dann aber schon. Keine Webseite, kein QR-Code, nur dieser Spruch. Handelt es sich um abgefahrenes Guerilla-Marketing oder eine wichtige Info für die Fahrgäste?

Letzteres liegt im Bereich des Möglichen, denn Fahrgastunterstand und eigentliche Haltestelle haben nach der Sanierung der Dresdner Straße zwei Standorte. Die Haltestelle samt Busspur liegt jetzt hinter der Einmündung der Plangasse etwa auf Höhe des Hamburger Hofes, und damit etwa 30 Meter vom Wartehäuschen entfernt. Simpler Grund: Für das Wartehäuschen war an der neuen Haltestelle einfach kein Platz.

Ist "Ich habe nichts zu sagen" also im Sinne von "Ich habe keine Bedeutung, stellt euch lieber an die richtige Haltestelle!" gemeint? Kurze Antwort: Nein.

Was steckt wirklich hinter dem Plakat?

Der Fahrgastunterstand, so die VGM, werde weiter für die Fahrgäste genutzt. Wie es hieß, wurde er etwas näher an die neue Haltestelle gesetzt. "Es ist sicher besser, einen Fahrgastunterstand in etwas ungünstiger Lage zu haben, als überhaupt kein Witterungsschutz", so VGM-Chef Jens Dehnert gegenüber SZ.

Wie er weiter erklärte, könnten die Fahrgäste den Bus, der aus Richtung Bahnhof kommt, sehr gut sehen und dann loslaufen. Damit wäre der Sinn und Zweck des Wartehäuschens geklärt, der Spruch aber noch nicht. Nach SZ-Informationen handelt es sich tatsächlich um eine Werbekampagne, und zwar für (mehr) Bürgerbeteiligung in Sachsen.

In Auftrag gegeben wurde sie vom Sächsischen Staatsministerium der Justiz und für Demokratie, Europa und Gleichstellung. Unter dem Titel "Beteiligung und Teilhabe von Bürgerinnen und Bürgern als Teil demokratischer Kultur" soll das Instrument für Mitbestimmung mehr in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt werden.

"Unsere Demokratie braucht mehr Beteiligung, mehr Engagement und eine bessere Repräsentation der Sächsinnen und Sachsen jeden Alters. Sie lebt davon, dass alle sich einbringen können", sagte Katja Meier (Grüne), die Staatsministerin der Justiz und für Demokratie, Europa und Gleichstellung von Sachsen, zum Kampagnenstart im Januar. Bis zum 15. April 2024 werden die Motive auf Plakaten, in Zeitungs- und Onlineanzeigen sowie im Radio, Fahrgast-TV und im Kino zu sehen sein. Ein entsprechendes Informationsportal gibt es auch.

Meißen ist bei der Bürgerbeteiligung gut dabei

Insgesamt wurden vier verschiedene Motive erstellt. Sie werden zumindest online schon aufgelöst. So lautet die unzensierte Variante von der Meißner Bushaltestelle: "Ich habe die Wahl: Nichts zu tun oder meine Meinung zu sagen." Ein weiteres Motiv, auf dem nur das Wort "Lüge!" in großen Lettern zu sehen ist, wird zu "Gemeinsam sind wir klüger!". Ausgedacht hat sich die Kampagne die Berliner Agentur Runze & Casper Werbeagentur GmbH. Die Kosten belaufen sich auf 525.000 Euro.

Das Plakat und seine "unzensierte" Version.
Das Plakat und seine "unzensierte" Version. © SMJusDEG

Meißen ist in Sachen der Bürgerbeteiligung schon auf einem guten Weg, jedenfalls im Vergleich zu anderen Kommunen im Kreis. So können die Bürger Probleme im öffentlichen Raum über den Mängelmelder anzeigen. Daneben hatten die Meißner auch Mitspracherecht bei der künftigen Altstadtbeleuchtung. Ein weiteres Beispiel ist der Bürgerhaushalt, für den sie jedes Jahr Ideen einreichen können.

Daneben wird mehrmals im Jahr zu verschiedene Themen (bisher u.a. Müll, Tierpark-Zukunft, Meißner Bürgerdialog) in den Ratssaal eingeladen. Die Stadt hatte außerdem angekündigt, seine Einwohner noch intensiver in kommunalpolitische Prozesse einbinden zu wollen. Dafür wurde extra ein Leitfaden erarbeitet.