Alles Meißen auf dem Weinfest

Meißen. Im Spaargebirge, wo ein Großteil der Meißner Weinflächen liegt, laden die Winzer seit historisch schwer bestimmbaren Zeiten zur Feier der Weinlese ein. Die dort ansässigen Weingüter haben diese Tradition jetzt aufleben lassen. "Wir legen sehr viel Wert darauf, dass hier nur heimische Winzer ausschenken. Auch die Musiker kommen ausschließlich aus der Region", sagt Anja Fritz vom Weingut Mariaberg. Es gehe nach der harten Zeit des Lockdowns darum, die Angebote aus dem Elbland für das Elbland in den Vordergrund zu stellen.
Wie Perlen an einer Schnur reihen sich oberhalb der Elbe die Weingüter Martin Schwarz, Mariaberg, Ricco Hänsch und Vincenz Richter von Thomas Herrlich aneinander. Eine Art Zentrum bildet die von der Initiative Bürger für Meißen (BI) reaktivierte und im wahrsten Sinne des Wortes rekultivierte Rollschuhbahn auf dem Grundstück von Umlaufts Weinstuben. Auf dem Weinkulturplatz lässt sich am Freitagabend, Sonnabend und Sonntag der Variantenreichtum der sächsischen Weine erleben. Begleitend dazu spielen hiesige Musiker auf. Aufgrund der geringen Distanzen bietet es sich an, zu Fuß von einem Winzer zum nächsten zu ziehen.

Aktivisten der BI hatten das Gelände der früheren Rollschuhbahn seit 2020 schrittweise aus dem Dornröschenschlaf geweckt. Der hatte eingesetzt, als die Weinstuben in den 1990er Jahren abgerissen wurden. Danach wucherte alles zu, erinnert sich der Meißner Gerd Wegner. Allenfalls die betonierte Rollschuhbahn wurde noch genutzt – als Parkplatz von den Kleinwinzern.
In mehreren Arbeitseinsätzen räumten engagierte Meißner auf. Sie besannen sich darauf, wie das Gelände mit Volieren und einem Terrarium in den 1970er Jahren entstanden war – nämlich als ein VMI-Vorhaben. Diese DDR-Abkürzung bezeichnete die „volkswirtschaftliche Masseninitiative“ und bezog sich vor allem auf die Arbeitskraft, die viele Anwohner nach Feierabend einbrachten, um Anlagen in Wohngebieten zu gestalten oder zu verschönern. Anschließend fanden unter anderem Kinoabend und Lesungen auf dem Grundstück statt.
Ex-Punk liest der DDR die Leviten
Für ein literarisches Glanzlicht zum Weinfest sorgt am Sonntag, ab 17 Uhr, in Bahrmanns Brauereikeller der Verein Buntes Meißen. Autor Gerald Pochop liest aus seinem Buch "Untergrund war Strategie – Punk in der DDR: Zwischen Rebellion und Repression." Im Ankündigungstext heißt es: "In der DDR wurden Menschen wegen ihres Musikgeschmacks und Äußeren wie Feinde behandelt. Als Zeitzeuge präsentiert Geralf Pochop mit einer Performance aus Erzählung, Lesung, Bildspots, Leidenschaft, Ton-Dokumenten, Original-Utensilien und Stasiakten sowie einem Live-Musiker in einem multimedialen Kulturprogramm die intensivste Zeit seines Lebens als Punk in der DDR."
Frauenkirche setzt einen besonderen Akzent
Die Meißner Frauenkirche setzt am Markt einen ganz anderen Schwerpunkt. Im Mittelpunkt ihres Angebots steht neben dem Dank-Charakter von Ernte- und damit auch Weinfesten das Thema Hören. Jeweils für 20 Minuten sind in der Kirche Orgelmusik, Texte und Stille zu hören. An der Aktion wirken zahlreiche Ehrenamtliche mit. Auch der Frauenkirchturm kann am Weinfestwochenende bestiegen werden. Wer die 193 Stufen bis zur Aussichtsplattform erklommen hat, darf eine wunderbare Aussicht über die ganze Stadt genießen. Turm und Kirche sind am Samstag von 14 Uhr bis 22 Uhr und am Sonntag von 14 Uhr bis 18 Uhr geöffnet.