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Kreis Meißen: Sorgen mit dem Nachwuchs in der Gastronomie

Im Landkreis Meißen beenden im Sommer etwa 2.000 Jugendliche die Schule. Um für sich zu werben, geht die Gastrobranche neue Wege. Einer führt auf die Elbe.

Von Beate Erler
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Restaurantfachmann Spyridon Natsikou serviert auf der Terrasse des Restaurants Ratskeller in Meißen. Die Branche hat große Personalprobleme und versucht, sie auch mithilfe der Nachwuchsgewinnung zu lösen.
Restaurantfachmann Spyridon Natsikou serviert auf der Terrasse des Restaurants Ratskeller in Meißen. Die Branche hat große Personalprobleme und versucht, sie auch mithilfe der Nachwuchsgewinnung zu lösen. © Claudia Hübschmann

Meißen. Beim Cocktailmixen an Deck des Raddampfers Wehlen ist sofort klar, worauf es ankommt, wenn man in der Hotel- und Gastronomiebranche arbeiten will. „Es geht nicht darum, den schönsten Cocktail zu kreieren, sondern es geht ums Anpacken und Mitmachen“, erklärt Axel Klein, Hauptgeschäftsführer vom Hotel- und Gaststättenverband Sachsen e.V. (Dehoga). Nach einigem Zögern haben sich doch noch drei Schüler getraut, die jetzt erklärt bekommen, wie das mit den Cocktailschichten funktioniert. Rote Grenadine wird über den Löffelrücken in das Orangensaftglas geträufelt.

Im Anschluss durften sich die Eltern über die selbst gemachte Erfrischung freuen, die bei 36 Grad dringend nötig war. Am Sonntag lud der Landestourismusverband Sachsen e.V. und der Dehoga e.V. Schüler der achten bis elften Klasse und ihre Eltern zum Azubi-Dinner im Elbland. In Meißen ging es an Bord des Schaufelraddampfers und in Diesbar wieder an Land in den Landgasthof und Hotel „Zum Roß“.

Viele Ausbildungsplätze unbesetzt

Der Branche fehlt es an Nachwuchs und viele Ausbildungsplätze bleiben unbesetzt. Das Azubi-Dinner ist seit 2019 ein neuer kreativer Ansatz, um die Schulabgänger für die Berufe zu begeistern. Das Fachkräfteprojekt soll alle Berufe abdecken und steht deshalb unter dem Motto „Tourismustalente für Sachsen“. Bei der Anmeldung zum Dinner sollten die Jugendlichen deshalb gleich ankreuzen, welcher der möglichen Berufe ihr Wunschberuf ist: Hotelfachmann, Fachmann für Restaurant- und Veranstaltungsmanagement, Kaufmann für Tourismus und Freizeit oder vielleicht doch lieber Koch?

Unterschriebene Lehrverträge sind das Ziel der Veranstaltung, hatte Axel Klein schon bei anderen Azubi-Dinners gesagt. „Ich freue mich aber auch über junge Leute, die ein Praktikum machen wollen oder zumindest Interesse an unserer Branche haben“, sagt er.

Bisher immer in festlichen Sälen, ging es jetzt zum ersten Mal auf einen Dampfer, denn die Dampfschifffahrt gehört zum Tourismus in der Region dazu. Mit an Bord geht auch Familie Vetter aus Ringenhain bei Bautzen. Die Tochter geht in die zehnte Klasse und möchte gern Hotelfachfrau werden. „Ich weiß schon länger, dass ich im Tourismus arbeiten will“, sagt sie. Erst kürzlich war sie zehn Monate in den USA und hat dort Englisch gelernt. „Am Beruf reizt mich, dass ich viel Kontakt mit Menschen habe und viel Englisch sprechen kann“, sagt sie. Ihre Ausbildung will sie gern im Landkreis machen, aber ob sie danach auch hier arbeiten will, weiß sie noch nicht. „Ich kann mir auch vorstellen, ins Ausland zu gehen.“

Gastgewerbe ist gewachsen

Insgesamt 45 Schüler sind zum Azubi-Dinner gekommen. Zwei Schülerinnen einer Oberschule in Dresden sind dabei. Beide gehen erst in die achte Klasse und wissen daher noch nicht, was sie beruflich machen wollen. „Wir machen mit, weil wir mehr über die Berufe erfahren wollen", sagen sie. Von ihrer Lehrerin haben sie von der Veranstaltung erfahren. Die beiden sind die Einzigen aus ihrer Klasse, die sich daraufhin angemeldet haben.

Das Gastgewerbe in ganz Sachen ist gewachsen und es gibt auch deshalb einen erhöhten Bedarf an Berufsnachwuchs, sagt Antje Mikoleit von der Dehoga Sachsen und Projektleiterin des Azubi-Dinners. In Dresden zum Beispiel gab es 2008 noch 500 Azubis im Hotelfach, zehn Jahre später waren es nur noch 199. Das Projekt wird nicht nur für das aktuelle, sondern auch für die folgenden Jahre zur Besetzung freier Ausbildungsstellen organisiert. „Wir befördern damit die Ausbildung für den Eigenbedarf der Betriebe und damit die Fachkräftesicherung für morgen und übermorgen“, sagt sie.

Großer Fachkräftemangel

Im Landkreis Meißen sind bei der Dehoga Sachsen aktuell noch 15 Stellen für das bald beginnende Lehrjahr unbesetzt. „Wir haben einen großen Fachkräftemangel und deshalb wollen wir heute werben und auch erklären, was man alles im Tourismus machen kann“, sagt Axel Klein, der selbst den Beruf des Restaurantfachmanns gelernt hat.

An Bord sollen die Schüler vor allem auch mit Azubis der Branche ins Gespräch kommen. Von ihnen bekommen sie nicht nur ein Dreigänge-Menü serviert, sondern auch Fragen beantwortet. Aus dem Landkreis Meißen sind Auszubildende aus der Historischen Spitzgrundmühle Coswig und dem Radisson Blu Parkhotel in Radebeul dabei.

Bereits im dritten Lehrjahr ist Jonas Ferdinand, der eine Ausbildung zum Hotelfachmann in der Spitzgrundmühle macht. Er ist heute im Service eingesetzt. Würde er mit seiner Erfahrung jungen Schulabgängern den Beruf empfehlen? „Der Beruf ist nicht für jeden etwas“, sagt er, „man muss das schon wirklich wollen und viel Einsatz zeigen.“ Für Leute, die das können und Spaß am Umgang mit Menschen haben, ist es aber der tollste Beruf, sagt er. Im September gibt es zwei weitere Azubi-Dinner im Vogtland und im Erzgebirge.