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Kreis Meißen: Energiepreise steigen - kein Ende in Sicht

Zum 1. Mai wird der Strom teurer, bevor im Juli der Staat etwas zurückzahlt. Die Stadtwerke Meißen zeigen, dass man sich auf Online-Portale nicht verlassen darf.

Von Ulf Mallek
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Eine Ladesäule vor dem Gebäude der Meißner Stadtwerke. Ab 1. Mai wird auch in Meißen der Strom teurer.
Eine Ladesäule vor dem Gebäude der Meißner Stadtwerke. Ab 1. Mai wird auch in Meißen der Strom teurer. © Claudia Hübschmann

Meißen. Die erste zarte Hoffnung auf Entlastung ist ein Gesetz. Allerdings wurde es noch gar nicht beschlossen. Da die Bundesregierung und ihre Koalitionsfraktionen aber fest dahinter stehen, kann man von einer Zustimmung im Bundestag ausgehen. Das würde bedeuten: Ab 1. Juli entfällt für alle Kunden die sogenannte EEG-Umlage für den Ökostrom. Die eingesparten 3,723 Cent pro Kilowattstunde sollen komplett an den Verbraucher zurückgegeben werden. Eine Familie mit einem Jahresverbrauch von 4.000 Kilowattstunden spart also rund 150 Euro. Immerhin.

Dringend nötig ist diese staatliche Rückgabe auf jeden Fall. Denn die Energiepreise steigen auf breiter Front immer weiter - und ein Ende ist nicht in Sicht. Das Schlimme an der Sache ist: Die Zukunft der Preise liegt im Nebel, da sie von so vielen Faktoren abhängig ist, die schwer zu beeinflussen sind. "Daher machen wir zur Entwicklung der Preise grundsätzlich keine konkreten Prognosen", so die Sprecherin von Sachsen-Energie Nora Weinhold.

Den größten Druck auf die Strom- und Gaspreise bringt der Krieg in der Ukraine mit sich. Hinzu kommt, so Frau Weinhold, dass die Großhandelspreise bereits vor Kriegsausbruch auf einem außergewöhnlich hohen Niveau lagen. "Aufgrund des anhaltenden Krieges in der Ukraine und seine potenziellen Auswirkungen sind mögliche Preisentwicklungen nicht final absehbar."

Eine ähnliche Argumentation kommt von der Chefin der Radebeuler Stadtwerke Elbtal Annett Müller-Bühren. Obwohl die Preise für Privat- und Geschäftskunden bereits stark gestiegen sind, wird es noch weitergehen. Die Beschaffungskosten, die alle Energieversorger für Strom und Gas zahlen müssen, seien in den vergangenen Monaten geradezu explodiert. Am Spotmarkt, auf dem kurzfristig Energie beschafft wird, musste für Erdgas im Jahresdurchschnitt 2021 rund das Dreifache des Vorjahrespreises bezahlt werden – beim Strom deutlich mehr als das Doppelte. Im europäischen Durchschnitt stieg der Erdgasgroßhandelspreis innerhalb eines Jahres sogar um über 500 Prozent. Müller-Bühren: "Wir haben die vertraglich vereinbarten Energiemengen für die Kunden beschafft und erfüllen selbstverständlich die Lieferverpflichtungen – anders als manche Wettbewerber, insbesondere Discountanbieter, die in den letzten Monaten massenweise Kunden aus bestehenden Verträgen gekündigt haben."

Derzeit könne niemand zuverlässig prognostizieren, wie sich die Gaspreise kurz, mittel- oder langfristig entwickeln. Die Stadtwerke Elbtal waren gezwungen, in diesem Jahr bereits zwei Mal die Preise der Grundversorgung bei Erdgas anzuheben. Die Preise im Fixprodukt und variablen Produkt Erdgas blieben 2022 aber stabil. Allerdings ist eine Preiserhöhung für den nächsten Winter wahrscheinlich, so Müller-Bühren. Auch die Strompreise könnten 2023 weiter steigen. Die EEG-Umlage ab Juli wolle man aber in voller Höhe auszahlen.

Die Stadtwerke Riesa stehen vor den gleichen Problemen. Sie haben bereits mit Preisanpassungen (im Bereich Gas zum 1. März und im Bereich Strom zum 1.Mai) reagiert. Die Kunden der Stadtwerke Riesa sind dabei durch die Trancheneinkaufsstrategie trotz einer Vervielfachung der Energiepreise an den Handelsplätzen von deutlich geringeren Preisanpassungen betroffen. Generell kaufen die Stadtwerke auf Basis einer Prognose in mehreren Tranchen über mehrere Jahre die benötigte Energiemenge ein. So sichern sie kalkulierbarere Preise. Discountanbieter, so Bereichsleiterin Katja Sieber, setzen häufig darauf, dass kurz vor Lieferung der Preis am niedrigsten ist und kaufen die Gesamtmenge erst kurz vor dem Liefertermin. "Wenn diese Spekulation aufgeht, machen sie erhebliche Gewinne, wenn nicht, verschwinden sie vom Markt."

Den grundsätzlichen und langfristigen Energiepreisentwicklungen müssen aber auch die Stadtwerke folgen. Weitere Preisanpassungen können aufgrund der schwer kalkulierbaren Lage nicht ausgeschlossen werden, so Frau Sieber.

Eine zweite Hoffnung

Den allgemeinen Preisdruck können sich auch die Stadtwerke Meißen nicht entziehen. Die Strompreise werden zum 1. Mai angehoben, die Gaspreise sind bereits erhöht worden.

Doch Lilly Schütze von den Stadtwerken verbreitet eine zweite Hoffnung im Kampf des Kunden gegen die galoppierenden Energiepreise. Die Lage ist manchmal besser als man denkt. So sieht das Verbraucherportal Verivox den besten Stromanbieter für die Region Meißen mit 95 Euro Stromkosten im Monat bei einem Verbrauch von 2.500 Kilowattstunden pro Jahr (2-Personen-Haushalt). "Das unterbieten wir aber locker", sagt Frau Schütze. "Ich habe es nachgerechnet. Bei uns kostet dieser Tarif nur 80 Euro."

Experten sagen, dass Online-Vergleichsportale wie Verivox oder Check24 momentan zu intransparent sind, um für echten Durchblick zu sorgen. Offenbar müssen Versorger zahlen, um bei den Portalen gelistet zu werden. Manche Anbieter, wie die Stadtwerke Meißen, machen das nicht. Daher sind die Vergleiche der Portale bei weitem nicht korrekt. Die Tipps der Verbraucherschützer: Wer einen überregionalen Anbieter hat, sollte bei starker Preiserhöhung direkt beim örtlichen Versorger anrufen und sich nach den Preisen erkundigen. Für alle mit einem Sondervertrag bei einem Grundversorger gilt: Bloß nichts verändern. Und wer in der Grundversorgung steckt, sollte höchstens unternehmensintern nach günstigeren Alternativen suchen und dann einen Vertrag von maximal einem Jahr abschließen.