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Kreis Meißen: Bioweinanbau bei Hobbywinzern auf dem Vormarsch

Trotz Regens machten sich Tausende zum Tag des offenen Weingutes auf den Weg in den Berg. Es wurde gefachsimpelt, auch über den Ökolandbau.

Von Ines Mallek-Klein
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Unterhalb der Meißner Burg hat die Sächsische Landesstiftung Natur und Umwelt einen ökologischen Weinberg angelegt. Andrea Gößl, Viktoria Trenck und Tatjana Röther (v.r.) begutachten den Johanniter.
Unterhalb der Meißner Burg hat die Sächsische Landesstiftung Natur und Umwelt einen ökologischen Weinberg angelegt. Andrea Gößl, Viktoria Trenck und Tatjana Röther (v.r.) begutachten den Johanniter. © Norbert Millauer

Meißen. Das rot-weiße Flatterband markierte das Ende der Erkundungstour. Dahinter liegen steile, nasse Treppen, die den ökologischen Weinberg hinunterführen. „Nach dem Regen ist es hier sehr glatt, wir wollen kein Risiko eingehen“, sagt Andre Gößl, Sprecherin der Sächsischen Landesstiftung für Natur und Umwelt.

Der Weinberg, in dem die weißen Johannitertrauben darauf warten, einen letzten Schnitt zu erhalten und die Herbstsonne einzufangen, feiert in diesem Jahr sein Zehnjähriges. Dabei ist die 700 Quadratmeter große Pflanzfläche mit ihren gut 350 Reben aus dem Meißner Stadtbild gar nicht mehr wegzudenken. Und erst recht nicht von den Hunderten Erinnerungsfotos, die Touristen von der Burg machen.

Die Trauben des Johanniters gelten für den Ökoweinbau als besonders geeignet.
Die Trauben des Johanniters gelten für den Ökoweinbau als besonders geeignet. © Norbert Millauer
Der Cuvée wird aus roten und weißen Trauben gekeltert. In diesem Jahr trägt die Flasche ein besonders Etikett, das auf das Jubiläum des Weinbergs verweist.
Der Cuvée wird aus roten und weißen Trauben gekeltert. In diesem Jahr trägt die Flasche ein besonders Etikett, das auf das Jubiläum des Weinbergs verweist. © Norbert Millauer

Bei 30 Prozent Gefälle ist nur Handarbeit möglich

Dort, wo heute auf aufwendig angelegten Terrassen Johanniter- und Regenttrauben reifen, war 2006 noch buschige Wildnis. Die Natur hatte die Fläche unterhalb der Burg in Besitz genommen. Wie das aussah, lässt sich noch erahnen. Denn im hinteren Teil des Weinbergs wurde ein Teil des Biotops erhalten. Dort hat sich unter anderem das vom Aussterben bedrohte Aufrechte Glaskraut angesiedelt, ein Brennnesselgewächs, allerdings ohne die kleinen Härchen.

Die Sächsische Landesstiftung Natur und Umwelt hat die Fläche bereits 2006 erworben. Sechs Jahre später begann die Terrassierung. Ein aufwendiges und teures Projekt. Die rot schimmernden Mauern ragen sechs Meter und mehr in die Höhe. Ihre Aufgabe ist, den Berg im Zaum zu halten, der an einigen Stellen bis zu 30 Prozent Gefälle hat. Das Areal ist nicht einfach zu bewirtschaften und dennoch hat es eine vielseitige Geschichte. Hier wurde Wäsche gebleicht, Fallobst aufgelesen und auch einen Weinberg muss es hier schon einmal gegeben haben - vielleicht sogar ein kleines Getreidefeld, denn bei den Erdarbeiten wurden Hirsesamen aus dem Mittelalter gefunden.

Regina Walz war damals Projektleiterin. Auch sie steht an diesem Sonnabend zwischen Reben. Dass es regnet, stört sie nicht. Zufrieden schaut sie auf das saftig grüne Blattwerk und erinnert an die Ziele des Projektes. Die Stiftung wollte hier den Ökoweinbau präsentieren und testen, gleichzeitig aber auch einen Ort der Umweltbildung schaffen, an dem einzigartige Biotope erkundet werden können. Beides könne man heute, zehn Jahre später, als erfolgreich umgesetzt bezeichnen, sagt Andrea Gößl. Und wie zum Beweis kommt eine Besuchergruppe, die sich mit der biologischen Vielfalt am Weinberg beschäftigten möchte.

Tröpfchenbewässerung hat sich bewährt

Doch auch der ökologische Weinbau gewinnt in Sachsen Bedeutung, vor allem bei den Hobbywinzern. Für ein Seminar im Frühsommer habe es mehr Anmeldungen als Plätze gegeben. Es seien gerade die jungen Familien, die sich für eine naturnahe Bewirtschaftung der Reben interessieren, so Gößl. Sie möchten mit ihren Kindern in den Weinberg, und das geht natürlich nur, wenn dort nicht gespritzt werde. Derzeit gibt es nur ein zertifiziertes Bioweingut in Sachsen, das ist die Hof Lößnitz. Hier werden die Trauben auch gekeltert, die unterhalb von der Meißner Burg geerntet werden. Bewirtschaftet wird der Berg übrigens von Schülern des Meißner Elitegymnasiums St. Afra. Die Schüler übernehmen die Schnitte, das Aufreben und auch den Grünschnitt. Mindestens einmal in der Woche sind sie im Berg.

Der hat eine Südost-Lage und bekommt damit besonders viel Sonne ab. Damit die Trauben keinen Sonnenbrand bekommen, schneidet man in sonnenreichen Sommern weniger Blattwerk zurück. Die Bewässerung übernimmt ein kleiner, schwarzer Schlauch. Die Tröpfchenbewässerung war von Beginn an Teil des Projektes, und sie habe sich bewährt, sagt Andrea Gößl. Die Pflanzen werden immer nachts gegossen und die Anlage lief, trotz des heißen und trockenen Sommers, sehr viel seltener als man annehmen könnte. Der Wasserverbrauch sei also überschaubar. Auch das ist eine Erkenntnis des Versuchsanbaus.

Weitere sollen folgen. Deshalb arbeitet die Stiftung seit einiger Zeit intensiv mit der Universität in Freiberg zusammen. Studierende der Geoökologie dürfen und sollen künftig die Flächen für Experimente nutzen, natürlich alles innerhalb der strengen Auflagen des Bioweinbaus. Auch hier wird gedüngt, allerdings nur mit Gesteinsmehlen, Mist, Kompost oder Humus. Und wenn die Rosen an den Enden der Rebreihen Mehltau anzeigen, kommen Orangen- oder Fenchelöle zum Einsatz. Sie bekämpfen den Pilz auf natürliche Weise, indem sie eine Art Lotuseffekt auf den Rebstöcken erzeugen.

Das Ergebnis konnten die Besucher im Meißner Weinberg kosten. Ein Cuvée aus roten und weißen Trauben, der in schönstem Apricot im Glas schimmerte. Die Stiftung rechnet in diesem Jahr mit einer guten Ernte und einem gehaltvollen Wein. Sie lässt ihn über die Hof Lößnitz vermarkten.

Dass es ein guter Weinjahrgang wird, darüber sind sich die Winzer einig. Denn Trauben mögen Sonne und Wärme. Wer allerdings keine Bewässerung nutzt, der wird deutlich kleinere Trauben und damit auch eine geringere Ausbeute haben. Der Regen der letzten Tage war lange erwartet worden, kam aber am Ende für die meisten Winzer doch zu spät, wie man beim Rundgang durch die Weingüter erfuhr.