SZ + Meißen
Merken

Niederau: Wie kommen Schulkinder nach Ebersbach?

Eine Gemeinde bei Großenhain hat eine schöne Schule. Doch die ist mit dem ÖPNV aus Niederau kaum erreichbar. Eltern wissen nicht, was sie tun sollen.

Von Martin Skurt
 5 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Marcel Oschlies (v. l.), Nicole Buchholz und Linda Richter wünschen sich eine Schulbuslinie zwischen Niederau und Ebersbach, damit künftig mehr Kinder aus der Gemeinde dorthin zur Schule fahren können.
Marcel Oschlies (v. l.), Nicole Buchholz und Linda Richter wünschen sich eine Schulbuslinie zwischen Niederau und Ebersbach, damit künftig mehr Kinder aus der Gemeinde dorthin zur Schule fahren können. © Claudia Hübschmann

Niederau. Das Schuljahr 2023/2024 rückt näher und damit auch die Sorgen der Eltern aus Niederau. Es geht um die Aufnahme von zwei Schülerinnen an der Oberschule in Ebersbach bei Großenhain. Während die Fahrt mit dem Auto von Niederau aus knapp 20 Minuten dauert, müssen die Kinder mit öffentlichen Verkehrsmitteln mit über einer Stunde Fahrzeit und zweimaligem Umsteigen rechnen. Und das nur für die Hinfahrt. Da die Schule um 7.10 Uhr beginnt, bedeutet dies für die Kinder, dass sie bereits um 5 Uhr aufbrechen müssen, um rechtzeitig in Ebersbach zu sein. Auf dem Rückweg von nach Niederau sind die Kinder bis zu zwei Stunden und mehr unterwegs. Die Eltern sind verzweifelt, die Kinder hängen in der Luft.

"Die Schule liegt auf dem Land und ist schön ruhig", sagt Marcel Oschlies, dessen Tochter bald auf die Oberschule in Ebersbach gehen soll. Das Problem des Vaters ist nicht die Schule, sondern der Weg dorthin. Als Brief- und Paketzusteller kann der 36-Jährige sein Kind nicht regelmäßig zur Schule bringen oder abholen. Ähnlich geht es anderen berufstätigen Eltern. Auch seine Frau Julia Zahn kann sich nicht allein darum kümmern, denn die 39-Jährige macht gerade eine Ausbildung zur Erzieherin. "Die Verantwortlichen denken sicher, es sind ja nur zwei Kinder, da muss man sich nicht so kümmern", sagt Marcel Oschlies. Dabei sei das für die nächsten sechs Jahre eine herausfordernde, Lebenszeit verschlingende Situation für die beiden, die noch zwei weitere Kinder zu versorgen haben.

Fahrgemeinschaften keine dauerhafte Lösung

"Sag deinem Arbeitgeber mal, dass du morgens eine Stunde später kommst und nachmittags eine Stunde früher gehst", ergänzt Nicole Buchholz. Auch ein Kind der 31-jährigen Mutter von drei Kindern geht bald aufs Gymnasium in Ebersbach. Bei den Telefonaten mit Ämtern und Schulen habe sie schon einige Nerven gelassen, sagt sie. "Zuerst habe ich mich an die Oberschule in Weinböhla gewandt. Die sagten mir, ich solle die Oberschule in Ebersbach anrufen. Die wiederum empfahl mir, mich an Weinböhla zu wenden." Es sei ein Ping-Pong-Spiel zwischen den Schulen. Die Eltern fühlen sich alleingelassen.

Wie Oschlies und Zahn hatte sie ihr Kind Anfang des Jahres zunächst an der Oberschule in Weinböhla angemeldet. Als Nicole Buchholz Ende Mai die Absage erhielt, kam schon einen Tag später die Zusage aus Ebersbach. Ein ganz normaler Vorgang, wie Schulleiter Gregor Nielebock aus Weinböhla erklärt. In Absprache mit der Schulaufsicht in Dresden telefoniert er die umliegenden Schulen ab, ob sie noch Plätze für die Schülerinnen und Schüler haben. "Wenn rundherum alles dicht ist, werden die Radien größer", sagt Nielebock. So kam es, dass ausgerechnet Ebersbach noch Kapazitäten für die Niederauer hatte. Dorthin müssen die Eltern ihre Kinder nun schicken, auch wenn sie die Schule wegen der schlechten ÖPNV-Anbindung nicht gewählt hätten.

Die Schulaufsichtsbehörde, also das Schulamt Dresden, ist nach ihren Aussagen wenig hilfreich. Es habe den Eltern geraten, doch Fahrgemeinschaften zu bilden. Das sei unzumutbar, so die Eltern. Auf Anfragen von Sächsische.de hat das Amt bisher nicht geantwortet. Die Eltern haben sich inzwischen an den Gemeinderat gewandt, um auf das Thema aufmerksam zu machen. "Wir wollen die Verwaltung als Behörde mit ins Boot holen und keinen Ärger machen", sagt Linda Richter, die im Rat gesprochen hat. Die 38-Jährige ist Mutter von drei Söhnen. Ihre Kinder müssen nicht nach Ebersbach. Vielmehr wolle sie den Weg dafür ebnen, dass Niederauer Eltern ihre Kinder künftig nach Ebersbach schicken können.

Immerhin hat Bürgermeister Thomas Claus (parteilos) zugesagt, sich für eine gemeinsame Lösung mit Ebersbach einzusetzen. Ob daraus am Ende eine Schulbuslinie wird, ist derzeit ungewiss. Von den 25 Schulbuslinien der Verkehrsgesellschaft Meißen fährt nur eine durch Niederau auf der Meißner Straße. Die Linie SV 250 hält dort an drei Haltestellen.

Schülerverkehr ist Sache des Landratsamtes

Die Schülerbeförderung im Landkreis Meißen obliegt dem Landkreis Meißen. Dazu gibt es eine eigene Satzung, die öffentlich einsehbar ist. Nach den dort festgelegten Kriterien bedeutet zumutbare Schülerbeförderung, dass das kostengünstigste Verkehrsmittel genutzt werden muss. Dies ist in der Regel der öffentliche Nahverkehr. Zumutbar ist es, wenn die Haltestelle für Fünftklässler nicht weiter als zwei Kilometer entfernt ist und der Schulweg nicht länger als zwei Stunden dauert. Erfüllt der ÖPNV diese Bedingungen nicht, kommen Schulbusse und Sonderfahrten zum Einsatz. Letztere werden vom Landkreis bestellt. Die Eltern können auf Wunsch auch mit dem eigenen Auto fahren und sich die Kosten erstatten lassen, wenn der ÖPNV unzumutbar ist und kein Schulbus oder Sonderverkehr zur Verfügung steht.

Daraus ist zu schließen, dass sich der Landkreis auch um diesen Sonderfall der Niederauer Eltern kümmern muss. Auf Anfrage von Sächsische.de teilte das Landratsamt bisher nur mit, dass es noch in dieser Woche antworten werde. Nach der eigenen Satzung ist die derzeitige Situation aber unzumutbar, zumal die Eltern ihre Kinder nicht dauerhaft mit dem Auto zur Oberschule fahren können und wollen. Sie hoffen, dass sich noch weitere Eltern melden, die sich für einen sicheren und schnellen ÖPNV nach Ebersbach einsetzen.