SZ + Dresden
Merken

Züge in und um Dresden: Das sind die unpünktlichsten Bahnlinien

Ob Regionalverkehr um Dresden oder Fernverkehr: Immer wieder fallen Züge aus oder kommen zu spät. Auf welche Bahnen Verlass ist - und welche chronisch zu spät kommen.

Von Theresa Hellwig & Sandro Pohl-Rahrisch
 6 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
"Wenige Minuten später": Immer wieder sehen Bahnfahrende den Schriftzug auf der Anzeigentafel. Welche Bahnen eher pünktlich aus Dresden abfahren und welche nicht, zeigt eine Sächsische.de-Auswertung.
"Wenige Minuten später": Immer wieder sehen Bahnfahrende den Schriftzug auf der Anzeigentafel. Welche Bahnen eher pünktlich aus Dresden abfahren und welche nicht, zeigt eine Sächsische.de-Auswertung. © Ronald Bonß

Dresden. Zugausfälle, Verspätungen, genervte Fahrgäste: Die Bahn hat monatelang damit gekämpft, ihren Fahrplan in und um Dresden irgendwie einzuhalten. Mit mäßigem Erfolg: Im Nahverkehr fiel etwa jede sechste Fahrt aus. Seit Mitte Oktober soll ein ausgedünnter Fahrplan die Zugfahrt zuverlässiger machen. Ist das gelungen? Wie pünktlich sind S- und Regionalbahnen? Und welche Fernverkehrslinien sind ab und nach Dresden chronisch zu spät?

S-Bahnen und Regionalzüge: Über 90 Prozent sind pünktlich

Pünktlichkeit: Ziemlich mies stand es um die Pünktlichkeit und Ausfallquote der Dresdner S-Bahnen und der Züge im VVO-Dieselnetz, also die Regionalbahnen wie beispielsweise die RB33 nach Königsbrück. Weil so viele Züge wegen Personalmangels ausfielen, dampfte die Bahn den Fahrplan ein. Nun läuft es besser, sagt Christian Schlemper vom Verkehrsverbund Oberelbe (VVO): "Gegenüber den hohen Zahlen aus dem August liegen wir nun im niedrigen zweistelligen Bereich für die vergangenen drei Wochen." Konkret: Im September fielen im VVO 465 Züge wegen Personalmangels aus. Nach der Angebotskürzung im Oktober waren es erst noch acht, im November bisher 15.

Pünktlichkeitssieger und Bummelletzter: Der VVO kann die Pünktlichkeitsquote für 2023 noch nicht nach den einzelnen Verbindungen aufschlüsseln. Auf das vergangene Jahr bezogen, kamen die S-Bahnen im Schnitt unpünktlicher als die Regionalbahnen im Dieselnetz. So wiesen die Dresdner S-Bahnen 2022 eine Pünktlichkeitsquote von 96 Prozent auf, die Züge im Dieselnetz von 97 Prozent. Der Saxonia-Express zwischen Dresden und Leipzig erreichte nur 90 Prozent, die Bahnen zwischen Dresden und Hoyerswerda/Cottbus/Elsterwerda ebenfalls 90 Prozent.

© Quelle: VVO

Das liege zum einen daran, dass die Dresdner S-Bahnen oft gegenseitig auf sich warten, wenn eine Verspätung hat, so Christian Schlemper. Zum anderen müssten die S-Bahnen im Elbtal oft auf internationale Güterzüge warten, die Vorrang haben. 2022 kam zusätzlich der große Fahrgastandrang durch das 9-Euro-Ticket hinzu, der sowohl bei den S-Bahnen als auch den Regionalzügen die Pünktlichkeitsstatistik vermieste. Auch Personalausfälle gab es im vergangenen Jahr.

Einschätzung der Fahrgäste: Die Laune der Fahrgäste hat durch Ausfälle und Verspätungen zumindest nicht beträchtlich gelitten: Die gut 3.600 Dresdner, die für den SZ-Mobilitätskompass zu ihrem Mobilitätsverhalten befragt wurden, sind überwiegend zufrieden mit der Pünktlichkeit von Bussen und Bahnen in der Stadt. Nur neun Prozent sind der Meinung, im Nahverkehr gebe es oft Ausfälle. Sieben Prozent bezeichnen die öffentlichen Verkehrsmittel als unpünktlich – obwohl die Befragung zwischen Ende August und Ende September stattfand, bevor der Fahrplan eingedampft wurde.

Einschätzung des Fahrgastverbandes Pro Bahn: Ein wenig habe sich die Situation verbessert, schätzt Michael Koch von der Dresdner Gruppe des Fahrgastverbandes Pro Bahn die Fahrplanstabilität ein. Was jedoch auffiel: Immer wieder wären Züge mit weniger Waggons bzw. Triebwagen unterwegs, zum Beispiel auf der Linie S8 zwischen Dresden und Kamenz. Dabei wurden diese versprochen, um wegfallende Verstärkerfahrten in den Nachmittags- und Abendstunden zu kompensieren. Dass sowohl Bahn als auch VVO im Oktober keinen Zeithorizont für den nun gültigen Notfahrplan genannt haben, ärgert Koch. Er erwartet von der Bahn, dass diese so schnell wie möglich zum Normalfahrplan zurückkehren wird.

Fernzüge: Über 80 Prozent fahren pünktlich ab

Pünktlichkeit: Wer im Dresdner Hauptbahnhof ein- oder aussteigt, ist meistens pünktlich. Im Schnitt hielten 75 Prozent der Fernzüge zwischen Anfang August und Ende Oktober ihre geplante Abfahrts- bzw. Ankunftszeit ein. Das geht aus Daten der Plattform Zugfinder hervor. Die Abfahrten stechen mit einer Pünktlichkeitsquote von 81 Prozent im betrachteten Zeitraum hervor, was daran liegen dürfte, dass nahezu alle innerdeutschen Verbindungen ab Dresden erst in der sächsischen Landeshauptstadt beginnen. Die meisten Züge können schlichtweg noch keine Verspätung eingefahren haben. Das erklärt im Umkehrschluss auch die geringere Pünktlichkeitsquote von 68 Prozent bei den ankommenden Zügen.

Als verspätet zählen Züge, deren Ankunft/Abfahrt mehr als fünf Minuten vom Fahrplan abweicht. Basis sind mehr als 5.600 ausgewertete Abfahrten und Ankünfte im Dresdner Hauptbahnhof vom 1. August bis 31. Oktober 2023.
Als verspätet zählen Züge, deren Ankunft/Abfahrt mehr als fünf Minuten vom Fahrplan abweicht. Basis sind mehr als 5.600 ausgewertete Abfahrten und Ankünfte im Dresdner Hauptbahnhof vom 1. August bis 31. Oktober 2023. © Quellen: Zugfinder, Deutsche Bahn, eigene Berechnungen

Sächsische.de hat mehr als 5.000 bei Zugfinder registrierte Abfahrten und Ankünfte im Dresdner Hauptbahnhof in der Auswertung berücksichtigt, nachdem diese mit den Bahnfahrplänen abgeglichen wurden. Als pünktlich gelten Züge, wenn sie weniger als sechs Minuten verspätet abfahren oder eintreffen. Berücksichtigt wurden ausschließlich Fahrten, die stattgefunden haben. Herausgerechnet wurden Schienenersatzverkehre, wie es sie aufgrund von Bauarbeiten im Oktober zwischen Dresden und Bad Schandau gab.

Pünktlichkeitssieger und Bummelletzter: Pünktlichkeitssieger zwischen August und Oktober waren der Wochenend-Intercity nach Bremen und Emden sowie der morgendliche Wochenend-Intercityexpress aus Berlin. Beide schafft es, im Hauptbahnhof komplett ohne oder mit weniger als sechs Minuten Verspätung abzufahren bzw. einzutreffen.

Die Liste der Bummelzüge führten die Eurocitys von Budapest nach Hamburg an. Die Zugnummer EC 172 schaffte es nur in 25 Prozent der Fahrten, den Hauptbahnhof pünktlich zu verlassen. Verspätungsrekord: 226 Minuten am 25. September. Die Eurocitys belegen eine Reihe weiterer Plätze im Unpünktlichkeitsranking. Der unpünktlichste Nicht-Eurocity war der Intercity 1947, der freitagabends aus Dortmund eintrudelte. Lediglich jeder dritte Zug schaffte die Einfahrt zur angekündigten Zeit. Immerhin hielt sich die Verspätung mit bis zu 32 Minuten in Grenzen.

Einschätzung des Fahrgastverbands Pro Bahn: Die verspäteten Eurocity-Züge sind seit Jahren ein Problem, sagt Michael Koch. Insbesondere die Budapest-Züge aus Ungarn würden aufgrund des langen Laufweges oft viele Minuten zusätzlich sammeln – nicht ausschließlich in Ungarn. So gebe es in Tschechien immer wieder Baustellen. Es würde schon helfen, den Fahrplan etwas großzügiger, also weniger eng getaktet, zu gestalten, so Koch. Die Züge sind dann zwar nicht schneller unterwegs. Allerdings könnten Fahrgäste an den nachfolgenden Bahnhöfen später anreisen und müssten nicht sinnlos warten.

20 Verspätungsgründe für Dresdens unpünktlichste Fernzüge (Auswahl):

  • Verspätung im Ausland
  • Bauarbeiten
  • Reparatur Zug
  • defekte Tür
  • Signal reparieren
  • umgestürzter Baum
  • Verspätung eines vorausfahrenden Zuges
  • defektes Stellwerk
  • Vandalismus
  • Unterstützung beim Ein-/Ausstieg
  • Reparatur Weiche
  • hohes Fahrgastaufkommen verzögert Ein-/Ausstieg
  • ärztliche Versorgung eines Fahrgastes
  • Notarzteinsatz auf Strecke
  • Reparatur Oberleitung
  • Kurzfristiger Personalausfall
  • unbefugte Person auf Strecke
  • Warten auf Anschlussreisende
  • Polizeieinsatz
  • behördliche Maßnahme

Quelle: Zugfinder, Deutsche Bahn

Große Baupläne: Bis zum Jahr 2030 will die Bahn die Abschnitte Dresden-Berlin, Dresden-Leipzig und Dresden-Schöna zu "leistungsfähigen Strecken für pünktliche Züge" machen, so der Anspruch des Konzerns. Tatsächlich laufen bereits eine ganze Reihe von Projekten: So wird im November ein Teil der Strecke Dresden-Leipzig für eine Höchstgeschwindigkeit von 200 km/h ausgerüstet. Erst im Oktober ist in Bad Schandau ein neues elektronisches Stellwerk in Betrieb genommen worden, das laut Bahn für einen reibungslosen Zugverkehr zwischen Deutschland und Tschechien sorgen soll.

Perspektivisch ist ein Neubau der Strecke Dresden-Prag vorgesehen, die Reisezeiten sollen deutlich kürzer werden. Darüber hinaus wird die Bahn bis Ende 2028 insgesamt 125 Kilometer zwischen Dresden und Berlin für Höchsttempo 200 ausbauen. Mehr als die Hälfte war 2020 bereits geschafft.