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Gefälschte Corona-Atteste von Moritzburger Ärztin: Patienten müssen mit Verfahren rechnen

Weil sie gefälschte Corona-Atteste ausgestellt hat, sitzt eine Moritzburger Allgemeinmedizinerin seit Februar in Haft. Nun gab es bundesweit weitere Razzien der Polizei - mit neuen Funden.

Von Ulrich Wolf & Ines Mallek-Klein & Erik-Holm Langhof
 3 Min.
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Einer Moritzburger Ärztin wird vorgeworfen, "Gefälligkeitsatteste" ausgestellt zu haben, um Patienten unter anderem von der Maskenpflicht zu befreien.
Einer Moritzburger Ärztin wird vorgeworfen, "Gefälligkeitsatteste" ausgestellt zu haben, um Patienten unter anderem von der Maskenpflicht zu befreien. © Archiv/dpa/Sophia Kembowski (Symbolfoto)

Moritzburg. Die Staatsanwaltschaft Dresden und die Polizeidirektion Dresden haben bei ihren Ermittlungen gegen die Ärztin Bianca W. aus Moritzburg am Dienstag mit 364 Beamten weitere 142 Wohn- und Geschäftsräume in Deutschland durchsucht. Dabei seien zahlreiche gefälschte Atteste gefunden worden, teilten die Behörden am Mittwoch in Dresden mit.

Demnach wurden bei den Razzien - 131 davon fanden in Bayern und zwei in Sachsen statt - 174 unrichtige Atteste sichergestellt. Die Beweise sollen nun von der Ermittlungsgruppe "Atteste", die an der Polizeidirektion Dresden angesiedelt ist, ausgewertet werden. Die sieben Beamten werden auch die zahlreichen Folgeverfahren bearbeiten.

Denn Inhaber der gefälschten Atteste müssen sich wegen des Verdachts zur Anstiftung eines unrichtigen Gesundheitszeugnisses verantworten, heißt es in der Mitteilung der Staatsanwaltschaft Dresden. Bei den Organisatoren der Sammeltermine bestehe hingegen der Verdacht der Beihilfe zum Ausstellen unrichtiger Gesundheitszeugnisse.

Gefälschte Atteste: Einnahmen von mindestens 60.000 Euro erzielt

Der Allgemeinmedizinerin, die schon mehrfach wegen diverser Delikte mit dem Gesetz in Konflikt geraten war, wird vorgeworfen, seit Beginn der Corona-Pandemie gewerbsmäßig Gefälligkeitsatteste organisiert zu haben. Dabei soll es vor allem darum gegangen sein, ihren Patienten "aus gesundheitlichen Gründen" eine Masken- oder Impfbefreiung ausgestellt zu haben. Corona-Tests sollten ausschließlich über den Speichel erfolgen.

Die Beschuldigte war offenbar in mehreren Bundesländern aktiv. Bei Sammelterminen soll sie auf Bestellung einer Vielzahl von Personen die Gefälligkeitsatteste im Minutentakt ausgestellt haben. Die Empfänger zahlten im Gegenzug mutmaßlich eine Gebühr von mindestens 25 Euro pro Attest.

Die Treffen kamen in Zusammenarbeit mit Heilpraktikern und Bestattungshäusern zustande, die der Beschuldigten offenbar gegen eine Gewinnbeteiligung Räume zur Verfügung stellten und die Termine organisierten.

"Die Ausstellung der Atteste soll hierbei im Vorfeld ausschließlich ohne eigene Wahrnehmungen vom körperlichen Zustand des Attestempfängers, ohne Anamnese, ohne Untersuchung sowie ohne Abklärung der tatsächlichen medizinischen Befunde erfolgt sein", heißt es in der Mitteilung. Die Ärztin habe mit diesem "Geschäftsmodell" Einnahmen in Höhe von mindestens 60.000 Euro erzielt.

Bereits im Februar war die 66-jährige Bianca W. im Auftrag der Staatsanwaltschaft Dresden von der Polizei aufgrund "akuter Fluchtgefahr" festgenommen worden. Die Wohn- und Geschäftsräume der Beschuldigten waren bereits im März 2022 und im Februar 2023 durchsucht worden. Auch dabei seien umfangreiche Beweismittel sichergestellt worden, teilte die Staatsanwaltschaft mit. Die Fluchtgefahr bestehe weiterhin, sodass die Ärztin im Frauengefängnis in Chemnitz untergebracht ist.

Bianca W. hat man vor einigen Jahren die Approbation entzogen. Inzwischen hat sie diese zurückerlangt. Die Fachärztin für Allgemeinmedizin in Moritzburg sieht sich auch als jemand, der aufsteht. 2014 stand sie wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz vor Gericht. Sie hatte elf Waffen und mehrere Hundert Schuss Munition gehortet – und ihren Personalausweis abgegeben, weil sie die Bundesrepublik nicht anerkennt. Eine Reichsbürgerin. Eine Klientel, die so der sächsische Verfassungsschutz, "explizit die Nähe zu den Organisatoren von Querdenker-Initiativen sucht".

Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Dresden und der Polizeidirektion Dresden gegen die Moritzburgerin dauern nun weiter an. Wann das Verfahren gegen die Medizinerin wegen der gefälschten Atteste eröffnet werde, stehe derzeit noch nicht fest, so die Staatsanwaltschaft.