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Wie man Familien das Stromsparen lehrt

Der Energie-Dienstleister Kiwigrid aus Dresden lud Entwickler und Hacker ein, um herauszufinden, wie man Menschen dazu bringt, den Stecker zu ziehen. Vier Ideen.

Von Nora Miethke
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Der Dresdner Energiedienstleister Kiwigrid vernetzt PV-Systeme, Wallboxen und Wärmepumpen und noch mehr. Wie man die Daten zum Energiesparen nutzen kann, zeigte ein Hackathon, den Kiwigrid in Dresden mit Google und dem Smart Systems Hub veranstaltete.
Der Dresdner Energiedienstleister Kiwigrid vernetzt PV-Systeme, Wallboxen und Wärmepumpen und noch mehr. Wie man die Daten zum Energiesparen nutzen kann, zeigte ein Hackathon, den Kiwigrid in Dresden mit Google und dem Smart Systems Hub veranstaltete. © Kiwigrid

Die Energiekrise hat Europa erfasst und konfrontiert Unternehmen wie Verbraucher mit explosiven Preissteigerungen. Auch die schwelende Klimakrise und der Umbau hin zu dezentraler, grüner Energie stellt die Energiewirtschaft vor neue Herausforderungen. Um Energie einzusparen und effizient zu nutzen, müssen neue Lösungen gefunden werden.

Das weiß auch Kiwigrid, Spezialist für intelligentes Energiemanagement. Das Dresdner Unternehmen hat eine Plattform namens KiwiOS X entwickelt, über die verschiedenste dezentrale Energiesysteme, wie etwa PV-Anlagen, Speicher, E-Autos oder Wärmepumpen vernetzt, überwacht und optimiert werden. So ist es etwa möglich, das eigene Elektroauto automatisiert genau dann zu laden, wenn die Sonne scheint und Strom aus der eigenen PV-Anlage zur Verfügung steht.

David Rabe, bei Kiwigrid Direktor für die Plattformentwicklung, nutzt sie selbst und hat dennoch ein Energiesparproblem. Er lebt mit seiner Familie in einem Einfamilienhaus im Umland von Dresden. Vorbildlich mit Solaranlage auf dem Dach, und mit dem selbsterzeugten Ökostrom wird das E-Auto in der Garage geladen. Das Haus wird über eine Fußbodenheizung geheizt. Da das seinen beiden Töchtern aber oft zu kalt ist, wurden für die Kinderzimmer Heizlüfter angeschafft. Und den lassen die Mädchen nun gern mehrere Stunden am Tag laufen, damit es im Zimmer wohlig warm ist bei 28 bis 29 Grad Celsius. „Wie bekomme ich meine Familie dazu, Energie zu sparen?“ Diese Fragestellung gab der Energiemanager den 20 Teilnehmern und Teilnehmerinnen des ersten „Thin(gk)athon“ mit auf den Weg. Erstmalig veranstaltete Kiwigrid gemeinsam mit seinem Geschäftspartner Google und dem Smart Systems Hub dieses Hacker-Event vergangene Woche in Dresden. In vier Teams aufgeteilt, hatten die Softwareexperten von Unternehmen wie SAP, GSK oder Sotec drei Tage Zeit, digitale Energiespar-Anwendungen zu entwickeln und Prototypen zu bauen. Vier Teams, vier Herangehensweisen.

Team 1 wäscht mit Google-Kalender

Das erste Team „Time 2 Change“ setzte an dem Fakt an, dass bei Familie Rabe der Google-Kalender der Familienplaner ist, und entwickelte mit dem „Eco Mode“ einen ökologischen Kalender-Assistenten. Über die Verbindung mit der Kiwigrid-Plattform kann die optimale Zeit zum Anwerfen der Waschmaschine oder des Geschirrspülers in den Google-Kalender eingetragen werden. Eco Mode zeigt an, wie viel Geld gespart werden kann, wenn das befolgt wird. Alle Familienmitglieder bekommen Zugang auf den Kalender und lernen so, gemeinsam den Energieverbrauch ökologisch zu gestalten.

Team 2 setzt Ampel ein

Das zweite Team „Engage“ entwickelte eine aufrecht stehende LED-Ampel mit dazu gehöriger Smart Energy App. Leuchtet die Ampel grün, ist ein guter Zeitpunkt, noch ein Strom fressendes Gerät anzuschalten, bei Rot eher nicht. Die Entwickler halten es für eine größere Hemmschwelle für Kinder, erst in eine App auf dem Handy schauen zu müssen, wenn sie sehen wollen, ob sie etwas tun dürfen oder nicht. Deshalb hätten sie sich für die Hardware-Ampel entschieden, wo man das auf einen Blick erkennt, erklärte das Team bei der Abschlusspräsentation.

Team3 belohnte Stromsparen mit Geld

Das dritte Team „Enerly“ präsentierte eine App, in der Familien sich beim Energiesparen mit Freunden und untereinander messen können. Kinder können sich einen Zoo-Besuch oder einen Kinobesuch zusammensparen, in dem sie darauf verzichten, elektrische Geräte zu ungünstigen Zeiten einzuschalten oder Heizlüfter über Stunden auf vollen Touren laufen zu lassen. Für jede eingesparte Kilowattstunde Strom gibt es Punkte, die mit Geldbeträgen hinterlegt sind.

Team 4 sorgt für gute Gefühle

Nur das vierte Team „One for all“ verfolgte mit seiner Optimator-App einen ideellen Ansatz, nicht in erster Linie den eigenen Geldbeutel zu schonen, sondern einen wirklichen Beitrag zur Energiewende und damit für die Umwelt zu leisten. Die App dient als Entscheidungshilfe, wann der beste Zeitpunkt ist, über Batteriespeicher Ökostrom zurück ins Stromnetz einzuspeisen, um Energie aus Erdgas und Kohlestrom zu verdrängen und die Residuallast zu senken. „Je mehr dreckige Energie man verdrängt, desto höher steigt der persönliche Eco Score“, versprechen die App-Entwickler ein gutes Gefühl.

Wer gewonnen hat

Die Jury mit dem Siegerteam, Team 1, zum Abschluss des Hackathon.
Die Jury mit dem Siegerteam, Team 1, zum Abschluss des Hackathon. © Kiwigrid/Ziegenthaler

David Rabe findet alle vier Ideen gut. Für seine Familie hält er am erfolgversprechendsten eine Kombination aus Eco Mode im Google-Kalender und dem Aufstellen einer LED-Ampel in der Küche. Die Jury, hochkarätig besetzt mit Vertretern von Kiwigrid, SAP, Solarwatt, Google und dem VW-Incubator in der Gläsernen Manufaktur, entschied sich für den Eco Mode als Sieger. „Wir haben bei allen großes Potenzial gesehen, doch beim Google-Kalenderassistenten sind die Realisierungschancen am höchsten, weil er sich sofort umsetzen lässt“, betonte Jurymitglied und Kiwigrid-Chef Frank Schlichting. Er versprach, prüfen zu lassen, wie alle vier Ideen weiterentwickelt und vielleicht umgesetzt werden können. Die Jury wie auch David Rabe sind von der ersten Hackathon-Erfahrung mit dem Smart Systems Hub begeistert. „Ein persönliches Problem in drei Tagen gelöst zu bekommen, das ist toll“, so Rabe. Es wird wohl nicht der letzte „Thin(gh)athon“ sein, den Kiwigrid ausrufen wird.