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Niesky ist so pleite, dass es sogar Fördergelder zurückgeben will

Inzwischen sind Bürger bereit, für die Stadt zu spenden, damit Projekte verwirklicht werden können. Eines liegt ihnen besonders am Herzen.

Von Steffen Gerhardt
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Die Vorhaben aus dem Efre-Programm sind mit einem Fragezeichen versehen. Das betrifft (von oben links im Uhrzeigersinn) die Renaturierung Molkereigraben, Geh- und Radweg zum Bahnhof, der Astrachan, Bürgerhaus, Park der Generationen und ein Verkehrsgarten.
Die Vorhaben aus dem Efre-Programm sind mit einem Fragezeichen versehen. Das betrifft (von oben links im Uhrzeigersinn) die Renaturierung Molkereigraben, Geh- und Radweg zum Bahnhof, der Astrachan, Bürgerhaus, Park der Generationen und ein Verkehrsgarten. © Fotos und Montage: André Schulz

Nächstes Etappenziel ist die Maisitzung des Stadtrates, in der Niesky seinen Finanzetat für dieses Jahr beschließen will. Denn es klafft ein großes Loch von rund einer Million Euro. Das sagte Oberbürgermeisterin Kathrin Uhlemann auf Nachfrage der SZ. Am Mittwoch wurde im Verwaltungsausschuss nicht öffentlich über das Zahlenwerk gesprochen. Und auch da zeigte sich, dass es weiterhin grundlegenden Diskussions- und Handlungsbedarf gibt, den Plan einigermaßen rund zu bekommen.

Zwei Posten bringen Niesky besonders ins Schlingern: die tariflich erhöhten Personalkosten und die Kreisumlage von 36 Prozent. An den Kreis Görlitz muss Niesky laut Oberbürgermeisterin rund 4,3 Millionen Euro zahlen. Das ist ein Fünftel des Finanzetats, den die Stadt zur Verfügung hat. Dieser beträgt rund 22 Millionen Euro. Noch intensiver schlagen die Personalkosten mit fast sieben Millionen Euro in den Etat. Das sind rund 30 Prozent des Gesamtvolumens. Empfohlen sind 16 bis 20 Prozent.

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Höhere Gebühren bringen nicht viel

An den Pflichtaufgaben kann Niesky nicht rütteln, zumal auch sie schon eine finanzielle Herausforderung für die Stadt sind. Bleiben Gebühren und Investitionen. Die Strategie des Rathauses ist, die Bürger nicht noch weiter finanziell zu schröpfen. Mancher Stadtrat sieht das aber anders, zum Beispiel bei den Elternbeiträgen für die Kinderbetreuung. "Die dadurch gewonnenen Mehreinnahmen sind nur der Tropfen auf den heißen Stein", sagt die Oberbürgermeisterin. Aus der Klemme helfen sie Niesky nicht wirklich.

Dagegen wird aber im investiven Bereich der Rotstift angesetzt werden müssen. In der Diskussion ist das Efre-Paket, mit dem die Stadt das Bahnhofsquartier in den kommenden drei Jahren aufwerten will. Dafür stehen der Stadt knapp 3,6 Millionen Euro zur Verfügung. Ein Viertel der Summe muss die Stadt selbst beisteuern, sodass am Ende rund 4,8 Millionen Euro verwendet werden können. Zwölf Maßnahmen umfasst das Programm, darunter Park der Generationen, Spielplatz Astrachan, Radweg zum Bahnhof, Molkereigraben, energetische Sanierung Bürgerhaus, einschließlich Klimaanlage und einen Verkehrsgarten auf der Freifläche zwischen Richard-Neumann-Straße und Bahnhof.

Verkehrsgarten darf nicht gestrichen werden

Dass die Stadt ihre Ausgaben drosseln muss, hat sich inzwischen auch unter den Nieskyern herumgesprochen. Auch, was die Vorhaben aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (Efre) betrifft. So steht beispielsweise der Verkehrsgarten zur Disposition. Das wollen einige Niesyker so nicht hinnehmen und haben eine Spendenaktion für die Verkehrserziehung der Jüngsten gestartet. Auch wenn die bisherigen Spendengelder, alle im unteren zweistelligen Bereich, die Eigenmittel bei Weitem nicht decken, hält Initiator Roland Tschauder am Spenden fest.

"Der Verkehrsgarten ist eine Investition in unsere Kinder. Nicht nur aus Niesky, auch in den Umlandgemeinden besteht dafür Interesse", argumentiert der Landschaftsgestalter. Zwar hat Niesky an seiner Grundschule einen Verkehrsgarten, aber der ist zu klein dimensioniert und vom Bahnhof zu weit entfernt. "Gerade für Schulklassen von außerhalb wäre der neue Verkehrsgarten mit Bus und Bahn schnell zu Fuß zu erreichen", betont Tschauder. Deshalb spendet er, seine Familie und weitere Bürger, "damit das Projekt nicht aus den Augen verloren wird."

Kein Geld, um Neues zu planen

Für Armin Menzel, Vorsitzender der CDU-Fraktion, ist Niesky nur ein Beispiel, wie mangelhaft die Finanzausstattung der Kommunen durch Land und Bund ist. "Schon seit Jahren, aber dieses Jahr zeigt es sich in Niesky besonders krass", so der Nieskyer. Ihm ist wichtig, dass die begonnenen Projekte zu Ende geführt werden. Dazu zählen für ihn die Erschließung Gewerbegebiet Nord, der Ersatzneubau der Rosensporthalle und die geplanten Straßenbauvorhaben wie Görlitzer und Rothenburger Straße. "Wir können nichts mehr planen, weil wir es nicht bezahlen können", schätzt Menzel die Situation ein.

Die Oberbürgermeisterin gibt noch eins drauf, denn auch das Schulden machen kann sich Niesky nicht weiter leisten. "Wir haben schon jetzt Schwierigkeiten, die Tilgung für die laufenden Schulden aufzubringen." Und dabei ist Niesky nicht einmal schlimm dran. Die Pro-Kopf-Verschuldung liegt bei 340 Euro. Das sind rund 500 Euro unter der roten sächsischen Linie.

Dass die "Rosenhalle" kommen muss, fordert auch Harald Prause-Kosubek (SPD) von der Fraktion Die Linke/SPD. Zumal sich das Bauvorhaben bis 2026 hinziehen wird. Dranbleiben heißt es auch in Bezug auf den Holzbau und seiner Konzeption. Hinterfragt werden muss aus Sicht der Fraktion der Schulanbau in See, zumal Niesky freie Kapazitäten in der Grundschule und im Hort hat. Auch die im Efre-Paket geschnürten Maßnahmen bedürfen ihrer Überprüfung, "ob wir uns diese jetzt leisten können", so der Stadtrat. Die Diskussion um Nieskys Etat wird im Stadtrat am 8. April fortgesetzt.