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Corona-Urlaub: An der Ostsee wird es eng

Zwar gelten auch am Ostsee-Strand Abstandsregeln. Doch wie werden die garantiert und kontrolliert? Die Ferienorte im Überblick.

Von Kornelia Noack
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Ostseestrand in Zingst auf dem Darß vor anderthalb Wochen: Von Corona-Regeln ist hier nichts zu spüren.
Ostseestrand in Zingst auf dem Darß vor anderthalb Wochen: Von Corona-Regeln ist hier nichts zu spüren. © dpa/Jens Büttner

Wegen der Corona-Krise dürfte es in diesem Jahr an der Ostsee noch voller werden. Laut Schätzung des Tourismusverbandes Mecklenburg-Vorpommern werden in den nächsten Wochen rund vier Millionen Gäste zwischen Küste und Seenplatte erwartet – darunter auch viele, die erstmals kommen. Zwar war es am vergangenen Wochenende aufgrund des schlechten Wetters nicht ganz so voll an den Stränden. Doch Fotos von den Vortagen beweisen: Sowie die Sonne rauskommt, wird es eng.

Aber war da nicht was – Corona, Abstandsregeln, Ansteckungsgefahr? Tatsächlich passierte am Wochenende das, was viele Urlauber befürchten: Bei einer Touristin am Timmendorfer Strand wurde das Virus nachgewiesen. Laut Medienberichten war sie aus Nordrhein-Westfalen angereist und hatte von ihrer Infektion nichts geahnt. Alle Kontaktpersonen, vor allem das Hotelpersonal, mussten in Quarantäne.

Mecklenburg-Vorpommern verzeichnet bislang immer noch die geringsten Infektionszahlen. Doch wie lange bleibt das so, zumal das Land gerade über eine Abschaffung der Maskenpflicht in den Geschäften diskutiert? Landesweit gilt: Zwischen Personen ist ein Mindestabstand von 1,5 Metern einzuhalten – und zwar an der Hotelrezeption ebenso wie im Museum oder am Strand. 

Zudem muss ein Mund-Nasen-Schutz im öffentlichen Nahverkehr, beim Einkaufen oder Arztbesuch getragen werden. Und noch bis Freitag dürfen sich maximal zehn Menschen mehrerer Haushalte an öffentlichen Orten treffen. Für die Einhaltung der Corona-Verordnung sind die Kommunen an der Küste selbst zuständig. Doch die Kontrollen stellen die Behörden vor Herausforderungen.

Binz

Überwachung der Abstandsregeln am Strand? „Das machen wir nur bei konkreten Hinweisen. Ansonsten kommen wir gar nicht hinterher, weil uns die Leute fehlen“, sagt Jörg Schwerin vom Ordnungsamt Binz. In dem größten Ostseebad Rügens werden die Besucher mit großen Piktogrammen an den Strandzugängen auf die Abstandsregeln hingewiesen. 

Hier gelten die geforderten 1,5 Meter auch im Wasser, wie Marikke Behrens von der Kurverwaltung Binz erklärt. Im Vergleich zur vergangenen Saison wurden aus Platzgründen nur 80 Prozent der Strandkörbe aufgestellt.

Sellin

Im benachbarten Sellin würden lediglich die Kontrolleure der Kurkarten einmal mehr hinschauen, ob die erforderlichen Abstände am Strand eingehalten werden, sagt Iris Böhnke von der Kurverwaltung. „Alle Einrichtungen haben geöffnet, auch die Ausflugsschiffe fahren, aber mit beschränkter Kapazität. Eine Reservierung ist daher anzuraten“, sagt Böhnke.

Heringsdorf

Auf gesunden Menschenverstand setzen die Touristiker auf der Insel Usedom. „Unser Strand erstreckt sich über 42 Kilometer, und er ist 70 Meter breit. Da verteilt sich alles gut. Es ist kein Problem, den Mindestabstand einzuhalten“, sagt Karina Schulz von der Usedom Tourismus GmbH. 

Die Strandkörbe würden wie vor der Corona-Krise mindestens zwei Meter auseinanderstehen, und der Platz dazwischen dürfe ohnehin nicht belegt werden. „Neben den Ordnungshütern der Gemeinden achten auch die Strandkorb-Vermieter mit auf das Einhalten der Regeln“, sagt Schulz.

Im Ostseebad Heringsdorf sei der kommunale Ordnungsdienst tatsächlich unterwegs, wie Bürgermeisterin Laura Isabell Marisken gegenüber der Ostseezeitung versichert. Aber auch die Kurkartenkontrolleure würden auf Verstöße gegen Abstandsregeln achten.

 Flächendeckend könne das Personal allerdings nicht jede Regelverletzung registrieren. „Wir setzen deshalb auch auf Aufklärung“, sagte Marisken. So würden die Rettungsschwimmer immer wieder Durchsagen am Strand machen, und auf einer Videoleinwand an der Seebrücke würden Informationen eingeblendet. 

Zwar träfen bei der Verwaltung regelmäßig Anzeigen ein, diese bezögen sich allerdings oft auf Bedenken zum Datenschutz bei der Adresserfassung und weniger auf Verstöße gegen Hygieneauflagen. Denn in Mecklenburg-Vorpommern müssen bei jedem Restaurantbesuch Kontaktdaten hinterlassen werden.

Poel

Im Ostseebad Insel Poel achtet der Strandvogt auf die Einhaltung des Mindestabstands. „Er ist ohnehin am Strand unterwegs, um die Kurabgabe zu kontrollieren“, sagt Janine Kuhnert von der Kurverwaltung. Das Tragen einer Maske im Strandbereich werde empfohlen, sei aber keine Pflicht. 

Neu ist in Corona-Zeiten, dass eine Reservierung des Strandkorbes nicht vorab möglich ist. „Wer Interesse hat, muss möglichst früh am Morgen kommen und sich dann den Strandkorb für einen oder mehrere Tage sichern“, sagt Kuhnert.

Boltenhagen

Auch im Ostseebad Boltenhagen gilt: Um andere zu schützen, ist der Abstand von 1,5 Metern am Strand einzuhalten. Die Einnahme von Speisen und Getränken ist nur am Liegeplatz erlaubt. Touristische Ausflüge auf dem Wasser sind wieder möglich. Weil nach Mecklenburg-Vorpommern noch keine Tagesgäste kommen dürfen, bringen die Schiffe aber noch keine Urlauber aus Schleswig-Holstein.

Ostseeküste Ost

Wer sich nicht an die Abstandsregeln hält, riskiert ein Bußgeld von 150 Euro. Um die Ordnungsbehörden der Seebäder zu unterstützen, hat die Landespolizei in Mecklenburg-Vorpommern ihren jährlichen Bäderdienst gestartet. „Gut 200 Polizisten sind in den Sommermonaten zusätzlich in den Urlaubsregionen unterwegs, um Sicherheit und Ordnung zu gewährleisten und Amtshilfe zu leisten“, sagt Sophie Pawelke von der Landespolizei Mecklenburg-Vorpommern. 

In diesem Jahr liege das Augenmerk vor allem auf der Umsetzung der Corona-Verordnung. Insgesamt werden 122 Beamte im Bereich der Polizeipräsidien Rostock und Neubrandenburg abgestellt, dazu kommen 80 Bereitschaftspolizisten.

Trotz voller Strände und Straßen scheint im Norden sonnige Gemütlichkeit vorzuherrschen. „Wir sind da ganz unaufgeregt. Ansturm trifft es nicht richtig. Das ist das, was wir Sommer für Sommer erleben“, sagte Tobias Woitendorf, Geschäftsführer des Tourismusverbandes Mecklenburg-Vorpommern, der Deutschen Presseagentur. Dass in dieser Saison mehr Gäste ins Land kämen, sei ein Trugschluss. 

Viele Hotels, Pensionen und Campingplätze hätten ihre Kapazitäten coronabedingt verringert, obwohl es keine Belegungsgrenze mehr gibt. „Viele bekommen eine 100-prozentige Auslastung gar nicht hin, weil sonst etwa in Frühstücksräumen die Abstandsregel nicht eingehalten werden kann“, sagt Julia Bülow vom Tourismusverband Fischland-Darß-Zingst. Auf der Halbinsel hoffe man auf respektvollen Umgang der Gäste untereinander.

Normalerweise kommen laut Woitendorf noch 200.000 Tagestouristen nach Mecklenburg-Vorpommern. Ihnen ist die Anreise ohne Nachweis einer Reservierung in einem Hotel, Ferienwohnung oder Campingplatz aber nach wie vor untersagt. Ab Freitag dürfen zumindest Busreisegruppen wieder Tagesflüge unternehmen.

Kontrolliert wird das stichprobenartig auf Raststätten oder nach Hinweisen aus der Bevölkerung. Touristen sollten immer eine Buchungsbestätigung dabei haben. Bei einem Verstoß gegen das Einreiseverbot droht ein Bußgeld von bis zu 2.000 Euro.

Ostseeküste West

Im benachbarten Schleswig-Holstein gibt es ein solches Verbot nicht. Die Folge: Vor einigen Tagen mussten dort die Strände in den Küstenorten Scharbeutz und Haffkrug wegen Überfüllung geschlossen werden – offiziell wegen zu vieler Tagesbesucher. 

Um künftig zu großes Gedränge zu verhindern, haben die Ostseebäder Scharbeutz, Sierksdorf, Neustadt, Pelzerhaken und Rettin eine Internetseite entwickelt, auf der sich Tagestouristen über das Platzangebot an den Stränden informieren können.

Und wie beurteilt das Robert-Koch-Institut die Lage an den Ostseestränden? „Zu einzelnen Branchen äußern wir uns generell nicht“, sagt Pressesprecherin Susanne Glasmacher auf Anfrage der SZ.

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