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Warum der Dresdner Fernsehturm das Nachsehen hat

Schon zur Eröffnung  1969 mussten die Dresdner warten. 50 Jahre später wiederholt sich, was die DDR vormachte. Ein Video zeigt den Turm von innen.

Von Kay Haufe
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© dpa, Youssef Safwan

Die alte Fehde mit Berlin. Zu DDR-Zeiten wurde sie in Dresden ausgiebig gepflegt. Und machte sich an vielen kleinen Dingen fest wie dem Ärger über fadenscheinige Ergebnisse der Fußballspiele zwischen Dynamo Dresden und dem BFC oder über plötzlich abgezogenes Baumaterial, das in der Hauptstadt doch viel dringender gebraucht wurde. Offiziell war Berlin Dresden immer eine Nase voraus. Realistisch betrachtet sah das oft ganz anders aus.

Überholt, aber kaltgestellt

Wie im Fall des Dresdner Fernsehturms, der bereits vor dem Berliner fertig wurde. „Die Wachwitzer Riesennadel sendet“, schrieb die Sächsische Zeitung am 19. September 1969. In Berlin war das erst am 3. Oktober 1969 der Fall. Und doch zog Berlin mal wieder an Dresden vorbei, als Walter Ulbricht und andere DDR-Politgrößen den dortigen Turm am 3. Oktober eröffneten. Die Bevölkerung durfte erst am 7. Oktober hoch, genau wie in Dresden. Doch selbst dabei legte man Wert auf Abstufungen. Logisch, dass zum Republikgeburtstag der Berliner vormittags öffnete, der Dresdner erst wenige Stunden später nachmittags.

Sendestart ignoriert

Nun scheinen sich die Ereignisse zum 50. Geburtstag der Türme zu wiederholen. Obwohl politisch ganz andere Regeln gelten als 1969, ereilt Dresden sein altes Schicksal. Berlin macht offiziell das Rennen. Die Deutsche Funkturm GmbH umschreibt es so: „Der Sendebetrieb startete in Berlin am 3. Oktober, also haben wir die Feierlichkeiten auf dieses Datum gelegt, damit möglichst viele Gäste kommen können“, sagt Sprecher Benedikt Albers.

Auf den Dresdner Sendestart geht er nicht ein. Theoretisch hätte man das Jubiläum an der Elbe am 7. Oktober feiern wollen. „Doch wer hat dafür schon an einem Montag Zeit?“, fragt Albers. Also wird es der 12. Oktober sein, ein Sonnabend, an dem viele Gäste erwartet werden.

Unterschiedliche Emotionen

Eins steht jedoch fest: Die Feiern werden völlig unterschiedlich verlaufen. Der Grund dafür ist im Verhältnis der Menschen zu ihren Türmen zu suchen. Für die Berliner stand der am Alexanderplatz stets offen. Seit seiner Eröffnung 1969 war er bis auf wenige Schließzeiten aufgrund von Bauarbeiten für die Öffentlichkeit zugänglich. Immer wieder wurde in die Besucherräume investiert, 2012 fand eine vollständige Modernisierung der Publikumsbereiche statt, die fünf Monate dauerte und etwa anderthalb Millionen Euro kostete.

Ganz anders in Dresden: Ende 1991 schloss die Deutsche Funkturm GmbH den Turm für die Öffentlichkeit. Im Turmcafé gingen am 30. Juni 1991 die Lichter aus, noch ein halbes Jahr länger konnten Besucher zur Aussichtsplattform fahren. Seit 1992 ist der Fernsehturm nur noch Betriebsgelände. Machte dies den Dresdnern angesichts ganz neuer Reiseziele zunächst scheinbar nichts aus, wurden bald Stimmen lauter, die eine Wiederöffnung des Turmes forderten. Vor allem der Fernsehturm-Verein brachte mit seinen Petitionen zur Turmöffnung und seinen Visionen zur Nutzung vieles ins Rollen. Nach Umfragen im Jahr 2017 wünschten sich drei Viertel der Dresdner, dass ihr Turm wieder öffnet. Dass nun Geld dafür von Bund, Land und Stadt bereitgestellt wird, das soll am 12. Oktober zum Turmjubiläum gefeiert werden.

Erfahrung im Wiedereröffnen

Denn am Ende ist es den Dresdnern wohl ganz egal, dass Berlin jetzt wieder ein paar Tage eher feiert. Insgeheim kennt ja jeder die richtigen Daten. Ihnen kommt es auch nicht auf die Eierschecke im Turmcafé an, sondern darauf, dass ein Wahrzeichen der Stadt wieder für alle zugänglich wird. Im Wiederöffnen dank bürgerschaftlichem Engagement hat Dresden schließlich Erfahrung. Bestes Beispiel ist die Frauenkirche. Abschließend könnte man sagen: Da können die Berliner noch viel von den Dresdnern lernen.