Das Warten soll ein Ende haben. Seit fünf Jahren gibt es die Idee für eine neue Nutzung der Dreifaltigkeitskirche, fünf Millionen Euro an Fördergeldern von Bund und Land sind für deren Sanierung sicher – und nun will auch die Stadt endlich einen Grundsatzbeschluss treffen und damit den Weg freimachen.
So liegt dem Stadtrat für seine Sitzung an diesem Donnerstag ein Vorschlag der Verwaltung vor, ein Kulturerbezentrum in der Dreifaltigkeitskirche einzurichten, in dessen Mittelpunkt die Jacob-Böhme-Ausstellung der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden stehen soll, die derzeit durch Europa tourt. Zum anderen aber wird der Besucher künftig hier auch mit dem architektonischen Erbe der Stadt vertraut gemacht. Zum Beschluss gehört auch, dass nun mit der evangelischen Innenstadtgemeinde alle Vorbereitungen für die nötigen Verträge abgeschlossen werden.
Warum dauert es so lange?
Dass vier Jahre seit dem ersten Stadtratsbeschluss für dieses Vorhaben vergangen sind, war verschiedenen Dingen geschuldet. Schwierig gestalteten sich alle Eigentums- und Baufragen, denn die Kirche soll ja künftig neben dem städtischen Schwerpunkt auch weiter kirchlichen Feiern dienen. So bleiben der Chorraum mit dem berühmten Rodewitz-Altar und die Barbarakapelle sakralen Riten vorbehalten. Für Pfarrer Matthias Paul von der Innenstadtgemeinde gehört das auch zu dem Konzept, dass "die Kirche selbst erstes Ausstellungsobjekt" der neuen Nutzung ist.
Schließlich ist sie die an Kunstschätzen reichste evangelische Kirche in der Stadt, und die Gemeinde hält in ihr an speziellen Frömmigkeitstraditionen wie zum Beispiel zu Ostern fest. "Es wäre geradezu sträflich, wenn sie durch die Umnutzung wegfallen würden", sagt Paul. Für ihn ist die Kirche ein wichtiger Erinnerungsort in der Stadt – und das Kulturerbezentrum eine Chance, gemeinsam mit und für die Stadt etwas Neues zu gestalten. Wie die rechtliche Nutzung der Kirche einmal geregelt wird, ist auch bis zur Stunde noch offen. Es könnte eine gemeinsame Stiftung von Stadt und Kirchgemeinde geben wie bei der Zittauer Klosterkirche oder auch eine Erbpachtsregelung.
Nachdem aber wenigstens im Grundsatz eine Einigung zwischen Stadt und Kirchgemeinde getroffen wurde, folgte eine Wahl auf die nächste. Die Görlitzer bestimmten im vergangenen Jahr einen neuen Stadtrat, die Kirchgemeinde im Herbst einen neuen Gemeindekirchenrat, und dann gab es auch noch einen Wechsel auf der Pfarrstelle der Innenstadtgemeinde. Durch all das ging noch einmal ein Jahr ins Land. Nun aber soll der Stadtrat den Beschluss treffen. In den vorberatenden Ausschüssen, so erklärten Oberbürgermeister Octavian Ursu und Bürgermeister Michael Wieler gemeinsam vor Journalisten Ende vergangener Woche, zeichnete sich eine klare Mehrheit ab.
Nutzungskonzept ist seit Monaten unverändert
Dass es nun vorangeht, ist auch der Kirchgemeinde wichtig, in der die Ungeduld wächst. Das liegt auch daran, dass die Situation in der Dreifaltigkeitskirche nicht besser wird. Der Chorraum musste teilweise gesperrt werden, Risse ziehen sich entlang an den Wänden. Die Kirche ist nicht einsturzgefährdet, wie Matthias Paul versichert, aber eine Sanierung in absehbarer Zeit würde nun wirklich gut tun.
Das künftige Nutzungskonzept ist schon seit geraumer Zeit bekannt. Während gleich nach dem Eingang im Kirchenschiff das architektonische Kulturerbe der Stadt erläutert werden soll mit Stadtmodellen und einer neuen Schau des Kunsthistorischen Museums inclusive Cafeteria, gehört die große Empore der Jakob-Böhme-Ausstellung. Sie war noch vor Corona in Amsterdam gezeigt worden und soll – nach der ursprünglichen Planung – im Herbst weiterziehen in das Universitätsmuseum Wroclaw.
Jüngst haben sich auch der Landeskonservator sowie der zuständige Mitarbeiter der Oberen Denkmalschutzbehörde aus Dresden ein Bild von der Kirche gemacht. Zusammen mit Pfarrer Matthias Paul besichtigten sie vergangene Woche das Gotteshaus. Beide können sich die Neugestaltung und -nutzung der Kirche vorstellen. Was das im Einzelnen heißt, ob ein Fahrstuhl eingebaut werden darf, wie angedacht, ob und in welcher Weise das Kirchengestühl für die neue Gestaltung verwendet werden kann, all das sind Fragen, die nun bei der Planung geklärt werden müssen.
Noch in diesem Jahr, so erklärt Bürgermeister Michael Wieler, soll die Entwurfsplanung in Auftrag gegeben werden, aus der sich dann auch ergeben wird, ob die fünf Millionen Euro Fördermittel und 500.000 Euro Eigenmittel, die Stadt und Kirchgemeinde aufbringen müssen, wirklich ausreichen werden.
Eröffnungsdatum ist offen
Auch ist noch ziemlich offen, wann dann die Dreifaltigkeitskirche als Kulturerbezentrum öffnen könnte. "2024 jährt sich der 400. Todestag Jacob Böhmes, und 2025 jährt sich die Einführung der Reformation in Görlitz zum 500. Mal", sagt Matthias Paul. "Beides wären geeignete Jubiläen für eine solche Einweihung." Michael Wieler will sich auf ein Jahr nicht festlegen, aber Octavian Ursu sagt: "Das wäre ein Ziel."