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Dynamo spart sich den neuen Geschäftsführer

Die längst ausgeschriebene Stelle ist immer noch nicht besetzt. Liegt das am drohenden Abstieg? Jetzt gibt es dazu eine Erklärung vom Aufsichtsrat.

Von Sven Geisler
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Sie arbeiten professionell zusammen, nicht mehr, nicht weniger. Auch deshalb sollte es einen dritten Geschäftsführer neben Michael Born (links) und Ralf Minge geben.
Sie arbeiten professionell zusammen, nicht mehr, nicht weniger. Auch deshalb sollte es einen dritten Geschäftsführer neben Michael Born (links) und Ralf Minge geben. © Robert Michael

Die Bewerbungsfrist ist längst abgelaufen, das Auswahlverfahren abgeschlossen. Am 12. Juli vorigen Jahres hatte Dynamo Dresden die Stelle eines weiteren Geschäftsführers ausgeschrieben, der Bewerberkreis wurde bereits vor der Mitgliederversammlung im November von 62 auf drei Kandidaten eingegrenzt. 

Der neu gewählte Aufsichtsrat sollte entscheiden, hieß es damals. Doch seitdem ist nichts passiert, jedenfalls wurde bisher kein Neuzugang auf der Geschäftsstelle des Fußball-Zweitligisten vorgestellt. Und das wird auch in den nächsten Wochen, möglicherweise Monaten nicht geschehen. In seiner Sitzung in dieser Woche einigte sich das Kontrollgremium darauf, die Entscheidung vorerst auszusetzen.

Das bestätigt Thomas Kunert, der stellvertretende Vorsitzende, auf Anfrage von Sächsische.de. „Wir haben das Thema, wie eine zukunftsfähige Vereinsstruktur unter dem Aspekt unserer strategischen Ziele aussehen soll, weiter vorangetrieben“, erklärt der 44-jährige Wirtschaftsingenieur.

In mehreren Workshops und mit der Expertise von Professor Sascha Schmidt von der Management-Schule in Düsseldorf wurde dabei unter anderem ein dritter Geschäftsführer als notwendig erkannt. "Andere Vereine machen das vor, die haben drei und manche noch mehr Geschäftsführer oder Vorstände", erklärte Schmidt in einem Interview mit Sächsische.de. Demnach sollte der kaufmännische Bereich bei Dynamo aufgeteilt werden: in das Tagesgeschäft mit Finanzen, Organisation und Personal sowie die Vereinsentwicklung mit Innovationen, Marketing und Kommunikation. Derzeit ist dafür ein Geschäftsführer allein zuständig: Michael Born. Er hat einen Vertrag bis Juni 2021.

Die Überlegungen, betont Kunert, werden nicht über den Haufen geworfen. Er sagt aber auch: „Wir müssen sie abgleichen mit der derzeitigen sportlichen Lage, denn leider stehen wir auf dem letzten Platz in der 2. Bundesliga.“ Deshalb habe sich der Aufsichtsrat darauf verständig, die Situation im April, Anfang Mai neu zu bewerten. Trotzdem soll die Strategiedebatte auf der Bereichsleiter- und Mitarbeiterebene geführt und in den Gremien die Strukturreform weiter vorbereitet werden. „Wir wollen die Diskussion so zu Ende führen, dass wir genau wissen, wie eine Soll-Struktur mit drei Geschäftsführern aussehen müsste“, erklärt Kunert, der seit 2010 das Ehrenamt eines Aufsichtsrates innehat.

Was wird mit Minge? Bleibt er weiter Sportchef?

Die Frage ist allerdings, ob sich der Verein diese Struktur in der 3. Liga finanziell leisten kann. Allein die Einnahmen aus dem Fernsehvertrag schrumpfen von gut neun Millionen Euro auf unter eine Million. „Wir haben die Entscheidung erst einmal aufgeschoben, weil wir bewusst bewerten wollen, was im ungünstigsten Fall, den wir hoffentlich noch vermeiden können, notwendig ist, um in der 3. Liga den Wiederaufstieg anpeilen zu können“, erklärt Kunert, der als Projektleiter bei VW in Dresden arbeitet.

Die Bewerber, die für die dritte Geschäftsführerstelle in der engeren Wahl waren, wurden darüber vom Aufsichtsrat informiert. Allerdings müsse gegebenenfalls auch die Ausschreibung noch einmal konkretisiert werden. „Nach der jetzigen Bewertung würde keiner direkt auf die Zuordnung passen.“ Zudem ist zu klären, ob es einen Hauptgeschäftsführer geben soll, was die Satzung derzeit nicht vorsieht. „Wir sind auch dazu in der Diskussion“, sagt Kunert.

Im November 2019 auf der Mitgliederversammlung wiedergewählt: die Aufsichtsräte Michael Ziegenbalg, Thomas Kunert und Jens Heinig (von links). 
Im November 2019 auf der Mitgliederversammlung wiedergewählt: die Aufsichtsräte Michael Ziegenbalg, Thomas Kunert und Jens Heinig (von links).  © imago/Steffen Kuttner

Zudem ist unklar, ob Ralf Minge als für den Sport verantwortlicher Geschäftsführer bleibt. Sein Vertrag läuft Ende Juni aus. Der 59-Jährige, Vereinsidol und Identifikationsfigur, hatte seine Position zwischenzeitlich mit der von Cristian Fiel als Cheftrainer verknüpft. Nach der Trennung kündigte Minge bei der Mitgliederversammlung an, sich kritisch hinterfragen zu wollen, Konsequenzen ließ er aber offen. „Wir sind uns der Zeitschiene bewusst und wissen, dass ein sportlicher Geschäftsführer die neue Saison nicht erst ab Juli vorbereiten kann“, erklärt Kunert. „Wir brauchen früher Klarheit.“

Ein Ultimatum gebe es nicht, aber der Aufsichtsrat werde spätestens Anfang Februar mit Minge über dessen Zukunft im Verein sprechen. „Wir wollen uns zunächst grundsätzlich darüber austauschen, welche Ansätze, Vorstellungen und Konzepte er für die nächste Saison und die weitere sportliche Entwicklung hat.“ Letztlich dürfte es vor allem von Minge selbst abhängen, ob er weitermacht. Immerhin wird mit dem neuen Trainingszentrum ein Projekt fertiggestellt, das er maßgeblich initiiert hat und den Verein infrastrukturell deutlich nach vorn bringt.

Sollte Minge, der an diesem Freitag in Dynamos  Trainingslager in Spanien erwartet wird, jedoch von sich aus nicht verlängern oder der Aufsichtsrat zu dem Schluss kommen, ihm keinen neuen Vertrag anzubieten, müsste auch die Stelle des Sportgeschäftsführers neu ausgeschrieben und besetzt werden. Auch unter diesem Blickwinkel erscheint es sinnvoll, jetzt nicht eine Position zu besetzen und später vielleicht feststellen zu müssen, dass das Konstrukt nicht passt.

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