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So feiert der Elbhang ohne Elbhangfest

Zwischen Loschwitz und Pillnitz sollte an diesem Wochenende gefeiert werden. Und trotz Absage kann man ein wenig Elbhangfest erleben.

Von Christoph Springer
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Eigentlich ein schöner Platz zu Feiern. Der Gare de la lune ist Rudis Vogelwiese. Doch am Sonnabend waren kaum Gäste da.
Eigentlich ein schöner Platz zu Feiern. Der Gare de la lune ist Rudis Vogelwiese. Doch am Sonnabend waren kaum Gäste da. © SZ/Christoph Springer

Dresden. Die Plakate glühen in der Mittagshitze. Kein bisschen Schatten weit und breit. Die Mauer, an der sie hängen, reflektiert die Hitze zusätzlich. Es ist kaum auszuhalten und so verwundert es nicht, dass sich niemand die Zeit nimmt, die lange Straßengalerie in Wachwitz zu besichtigen. Dabei zeigt sie genau das, was dieses Juniwochenende eigentlich ausmachen sollte. Das Elbhangfest vom Anfang im Juni 1991 bis heute. Erinnerungen werden geweckt: An Protagonisten wie das Loschwitzer Urgestein Matz Griebel und ihre Auftritte, an Konzerte in der Loschwitzer Kirche, an das Welterbe-Jahr und die Reaktionen beim Elbhangfest auf die Aberkennung des Titels. Die ganze Geschichte. Sie endet abrupt. Mit dem Plakat für das 30. Elbhangfest, das eigentlich an diesem Wochenende stattfinden sollte. 

Die Elbhangfest-Galerie an der Pillnitzer Landstraße war am frühen Sonnabendnachmittag verwaist.
Die Elbhangfest-Galerie an der Pillnitzer Landstraße war am frühen Sonnabendnachmittag verwaist. © SZ/Christoph Springer

Nichts davon nimmt wahr, wer mit dem Auto oder dem Motorrad wie an jedem anderen Wochenende von Loschwitz nach Pillnitz am Elbhang entlang fährt. Man muss schon anhalten und suchen, um herauszubekommen, wie die Bewohner mit dem Elbhangfest-Wochenende ohne das Fest umgehen. Da ist zum Beispiel Angelika Weber, Gründungsmitglied des Elbhangfest-Vereins. Sie steht an diesem Sonnabendnachmittag kurz vor 16 Uhr vor der Loschwitzer Kirche. Die "Mittsommerklänge", zu der der Verein Dresdner Hofmusik einlädt, will sie sich nicht entgehen lassen. "Das Konzert ist kürzer als ursprünglich geplant, deshalb gibt es auch zwei Konzerte", berichtet sie. Das liegt an den Corona-Regeln. Sie hat ihren Frieden gemacht mit dem Wochenende ohne ihr Fest. "Wir leben schon lange mit diesem Gedanken", sagt Angelika Weber. "Ursprünglich haben wir mal gedacht, vielleicht ist im Juni alles wieder gut, aber jetzt bin ich froh, dass es nicht stattfindet." Und mit Blick auf den Septembertermin, an dem das Fest nun geplant ist, sagt sie: "Da sind wir sehr, sehr unsicher." Eine Mitgliederbefragung im Verein soll in der ersten Julihälfte klarstellen, ob es dabei bleibt. "Wir haben mit dem Fest viel Arbeit und Freude", stellt sie noch fest und ordnet die Absage für das traditionelle Datum noch einmal anders ein: "Ich leide nicht unter der Entspannung."

Christian Mögel spielt in Loschwitz auf seinem Keyboard. Das ist für ihn ein wenig Elbhangfest. Auch am Sonntag will er spielen.
Christian Mögel spielt in Loschwitz auf seinem Keyboard. Das ist für ihn ein wenig Elbhangfest. Auch am Sonntag will er spielen. © SZ/Christoph Springer

In Loschwitz hat Christian Mögel sein Keyboard auf den Platz an der Senfbüchse gestellt. Er spielt Klaviermusik. Neben ihm auf dem Boden steht eine Flasche Corona-Bier. Daneben liegt ein ausgeklappter Zollstock. Andere hängen Schilder mit Warnungen auf. Der 69-Jährige zeigt so, dass ihm der Corona-Abstand wichtig ist. Normalerweise ist Mögel einer derjenigen, die den Elbhangfest-Umzug organisieren. "Es ist seltsam", beschreibt er seine Gefühle an diesem Wochenende ohne das Fest. Mit ein paar Nachbarn hat er sich zusammengetan, sie machen Programm auf dem Platz im Herzen von Loschwitz, den das Denkmal von Joseph Dominik Herrmann prägt. Dessen Sohn ließ es  zur Erinnerung an seinen Vater bauen, der 1799 zwei in Not geratene Schiffer gerettet hat. Der Bau mit dem Relief, das die Rettung zeigt, erinnert ein wenig an eine Senfbüchse. Davor steht an diesem Wochenende ein großer Brunnen. Die "Fontana della Festa" sprudelt leise vor sich hin. Sie prägte schon beim Elbhangfest im Lutherjahr 2017 den Platz und war damals Mittelpunkt einer italienischen Piazza. Daneben will Christian Mögel auch am Sonntag auf seinem Keyboard spielen, am Nachmittag ist ein Theaterprogramm geplant.

So ein Mittelpunkt ist beim Elbhangfest immer auch der Gare de la lune. Stets gut besucht, ein Insider-Tipp für schräge Konzerte. Jetzt hat dort "Rudis Vogelwiese" geöffnet. Der Garten ist proppevoll. Mit Fahrgeschäften. Leider nicht mit Gästen. Es ist ein Versuch, sagt Platzchef Michael Rüdrich, der von allen Rudi genannt wird und sich die kleine Vogelwiese mit seiner Kollegin Simone Lachmund ausgedacht hat. "Wir haben seit vier Monaten nix zu tun", sagt Rudi, alles sei abgesagt worden. Auch die Veranstaltungen, auf denen eigentlich die sieben Fahrgeschäfte und Imbisswagen vom Gare de la lune stehen sollten. Jetzt stehen sie im Biergarten in Wachwitz und so soll das auch an diesem Sonntag und in den nächsten Wochen bleiben. Rudi hofft, dass seine Vogelwiese zusätzliche Gäste anlockt. Am Elbhangfest-Sonnabend ohne Elbhangfest klappt das dieses Mal nicht. "Es ist zu heiß", vermutet der Chef. 

Freie Plätze überall. Auf Rudis Vogelwiese ist noch Platz für viele Gäste. Sie hat auch am Sonntag und den kommenden Wochenenden geöffnet.
Freie Plätze überall. Auf Rudis Vogelwiese ist noch Platz für viele Gäste. Sie hat auch am Sonntag und den kommenden Wochenenden geöffnet. © SZ/Christoph Springer

Dass in diesem Jahr tatsächlich noch ein Elbhangfest gefeiert wird, hofft Rudi zwar, glaubt aber nicht wirklich daran. Wenn sich die Vereinsmitglieder dafür entscheiden, ist er auf jeden Fall dabei. Dann auch wieder mit großer Bühne. Bis dahin, so hofft er, hat sich das Leben im Gare de la lune vielleicht auch wieder normalisiert. Rudis Vogelwiese könnte ein Anfang sein. Wenn nur mehr Besucher in den Biergarten zwischen Pillnitzer Landstraße und Elberadweg finden. Vielleicht ja schon am Sonntag. Dem letzten Tag des Elbhangfest-Wochenendes ohne Elbhangfest.

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