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Hamsterkäufe wegen Corona in Großenhain

Konserven, Nudeln, Toilettenpapier und selbst Kohlenanzünder sind seit Tagen Objekte der Begierde. Und auch anderswo im Kreis wird vorgesorgt.

Von Peter Anderson & Catharina Karlshaus & Nina Schirmer & Peter Redlich & Jörg Richter
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Seit Ende vergangener Woche wird im Großenhainer Edeka gehamstert: Wasser, Konserven und Suppen sind begehrt. Auch Küchenrolle und Toilettenpapier sucht man in den Regalen bald vergebens.
Seit Ende vergangener Woche wird im Großenhainer Edeka gehamstert: Wasser, Konserven und Suppen sind begehrt. Auch Küchenrolle und Toilettenpapier sucht man in den Regalen bald vergebens. © Foto: Anne Hübschmann

Landkreis. Bereits gen Wochenende hatten sich einige Röderstädter ganz offensichtlich der vermeintlichen Lage der Nation angepasst: Mit Mundschutz liefen sie eilig über den Parkplatz des Großenhainer Kauflandes und stapelten Milch, Bier und mehrere Pakete Nudeln, Reis und Kartoffeln ins Auto. Drinnen bunkerten derweil die noch Einkaufenden, was sie glaubten, für zwei Wochen möglicher Quarantänezeit zu Hause unbedingt brauchen zu müssen. 

Wasser,  Brotbackmehl, Konserven und auch die eine oder andere Suppe. "Es war in den vergangenen Tagen definitiv mehr los als sonst", bestätigt Henrik Kiehl. Wie der Leiter der Großenhainer Filiale betont, gebe es jedoch keinen Grund zur Sorge, dass bestimmte Lebensmittel dauerhaft nicht mehr in der notwendigen Anzahl zur Verfügung stünden. Alles sei nachbestellbar und die Lieferanten wären bereits aufgrund der aktuellen Entwicklungen in Europa vorgewarnt gewesen.

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Ausnahmezustand herrscht auch seit Freitag in den Filialen von Edeka-Scheller. „Ich hatte vorsorglich noch Tomaten- und Instandsuppen zusätzlich geordert, nachdem ich am Donnerstagabend im Fernsehen selbst den Aufruf gehört hatte, dass die Bevölkerung für zehn Tage vorsorgen soll“, sagt John Scheller, Betreiber dreier Märkte in Dresden, Radeberg und Großenhain. 

Eine gute Entscheidung, denn bis zum Sonnabend hätten die Kunden dann tatsächlich gekauft, was die Regale hergegeben hätten. Konserven, Nudeln, Fertiggerichte, Toilettenpapier, Wasser sowie besagte Suppen und Soßen wären Objekte der Begierde gewesen. Selbst der Kohleanzünder wäre in Großenhain ausverkauft. 

„Und die nachträglich bestellten Produkte mussten unsere Mitarbeiter gar nicht mehr erst einsortieren. Sie wurden gleich vom Rollwagen runtergenommen“, verrät John Scheller. Der Unternehmer macht keinen Hehl daraus, das die Abrechnungen an beiden Tagen wirtschaftlich große Freude bei ihm ausgelöst hätten. Die Umsätze bescherten immerhin ein zusätzliches Weihnachtsgeschäft.

In Stauchitz - zwischen Riesa und Döbeln gelegen - ist die Einkaufslage dagegen noch ruhig. Im hiesigen Edeka-Markt seien noch keine vermehrten Einkäufe registriert worden. „Aber das kommt vielleicht noch“, gibt Marktleiterin Sylke Thiemt zu bedenken. Es könne durchaus sein, dass der eine oder andere Stammkunde eine Packung Wasser oder eine Konservendose mehr als sonst mitgenommen habe. 

„Aber bisher haben wir keine leeren Regale.“ Auch das Thema regelmäßige Desinfektion wäre hier nicht neu. „Das machen wir schon lange“, sagt Sylke Thiemt. Unter der Kasse hätten die Verkäuferinnen immer welches stehen, das sie regelmäßig verwendeten, um sich vor Krankheiten zu schützen. Gerade in Zeiten, in denen die Grippe grassiere.

Einer der größten Märkte in Radebeul ist der Rewe-Markt im Löma an der Grenze zu Coswig. Marktbetreiber Björn Keyser: „Seit letzten Dienstag haben die Kunden bestimmte Dinge wirklich wie noch nie in der Menge gekauft.“ V

or allem haltbare Grundnahrungsmittel wie Knäckebrot, Nudeln, Reis, Wurstkonserven und Fertiggerichte, aber auch Hygieneartikel wie Toilettenpapier seien in großen Mengen rausgegangen. „Einige Regale sind fast leer“, sagt Keyser. Er bemühe sich schnellstmöglich um Nachschub, aber manches sei nicht innerhalb von ein oder zwei Tagen nachzuliefern.

Auch im Radebeuler Kaufland sei deutlich zu spüren, dass die Bürger sich bevorratet haben. Einige Regale wären deutlich leerer. Kaufland-Hausleiter Lars Mai: „Mehl, Zucker, Brotbackmischungen, Toilettenpapier, Küchentücher, Desinfektionsmittel haben die Leute wie nie vorher gekauft.“

 Es habe Umsätze wie Weihnachten und Ostern gegeben. Die Lager von Kaufland stellten sich darauf ein. In zwei bis drei Tagen sei alles wieder aufgefüllt. Auf Hand-Desinfektionsmittel habe das Zentrallager bereits vorige Woche reagiert. Davon sei auch noch genug vorrätig. Der Hausleiter wolle sich zugleich bei seinen Mitarbeitern wie auch den Kunden bedanken. 

Erstere, weil sie den Ansturm mit Bravour bewältigt haben. Mai: „Zur eigenen Sicherheit hat jeder Mitarbeiter ein Desinfektionsspray, etwa an der Kasse und im Aufenthaltsraum.“ Den Kunden wolle er für die Geduld danken, dass es zu keinen bösen Worten für etwas längeres Warten gekommen wäre.

Spitzen-Langkornreis im Kochbeutel ist im Kaufland auf der Niederauer Straße in Meißen sehr gefragt gewesen. Dort, wo er laut Label im Regal stehen sollte, herrscht gähnende Leere. Ähnlich verhält es sich mit der Backmischung für Roggen-Vollkornbrot. Gegenüber in der Pasta-Abteilung bepacken zwei Männer ihren Einkaufswagen gerade mit großen Beuteln voll preiswerter Nudeln.

Für Marktleiter Andreas Otto ist der Montag sein erster Tag als neuer Chef im rechtselbischen Meißner Kaufland. Bislang verantwortete er den Mark im Triebischtal. Die SZ erwischt ihn am Vormittag bei der Übergabe im Büro. „Ich muss mir erstmal einen Überblick verschaffen“, sagt Otto.

Auf der anderen Elbseite bestätigt Rewe-Chefin Ines Hoppe den im Kaufland an der Niederauer Straße gewonnenen Eindruck. Haltbare Nährmittel wie Mehl, Reis und Nudeln würden von den Kunden in ungewöhnlich großen Mengen gekauft. Auch Desinfektionsmittel sei der Renner.

 Nach Angaben von Ines Hoppe gehen die Verbraucher ganz gezielt vor. Möglicherweise arbeiten einige von ihnen Ratgeber wie die Checkliste des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz ab. Dieses empfiehlt zum Beispiel einen Zehn-Tages-Vorrat von 3,5 Kilogramm an Grundnahrungsmitteln wie Getreideprodukten, Kartoffeln, Nudeln und Reis. Als Reaktion auf die Großeinkäufe hätten die Rewe-Märkte die Prognosen angehoben. „Wir werden jetzt häufiger beliefert“, sagt sie. 

Fotos von leeren Tiefkühltruhen, Regalen und Gemüsekisten aus Supermärkten im Landkreis sorgten auch auf Facebook für Diskussionen. Die meisten Kommentatoren haben für Hamsterkäufe kein Verständnis, bezeichneten es als Panikmache. Andere waren sauer, dass Kartoffeln, Toast und Eier alle waren. Manche befürchten, dass dadurch der Handel die Preise wieder anziehen wird.

Dabei ist die Reaktion der Bürger, sich mit bestimmten Dingen zu bevorraten, offenbar gar nicht falsch. Denn auch das Bundesamt für Bevölkerungsschutz rät grundsätzlich dazu, sich Vorrat für zehn Tage anzulegen.

 Auf der Internetseite des Bundesamtes ist nachzulesen, dass dazu länger haltbare Lebensmittel, Hygieneartikel und auch dringend benötigte Medikamente gehören sollten. Sogar ein sogenanntes „Notfallkochbuch“ wird als Aktion angeboten. Kann man auch ohne Strom eine nahrhafte Mahlzeit zubereiten? und Ähnliches soll darin erläutert werden.

Von „erhöhten Absatzmengen“ im gesamten Vertriebsgebiet spricht auch Aldi Nord. Nudeln und Konservenartikel, Getränke und Hygieneprodukte seien besonders gefragt. Einzelne Einkäufe größerer Mengen könnten auch dazu führen, dass Artikel zeitweise in Märkten vergriffen sind. Die Versorgungssicherheit sei jedoch sichergestellt. „Weitreichende Lieferengpässe können wir zum jetzigen Zeitpunkt ausschließen“, teilt die Pressestelle des Unternehmens mit.