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Riesas Pflanzkübel spalten die Gemüter

Die neuen Behälter auf dem Boulevard sind deutlich zu wuchtig, sagen Händler und Anwohner. Bessert die Stadt noch einmal nach?

Von Stefan Lehmann
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Die neuen Pflanzkübel könnten zum Problem für die Händler werden, fürchtet Kerstin Burkhardt. Sie versperren den Blick in die Schaufenster und nehmen viel Platz weg, sagt die Inhaberin des Wäsche-Stübchens in der Hauptstraße.
Die neuen Pflanzkübel könnten zum Problem für die Händler werden, fürchtet Kerstin Burkhardt. Sie versperren den Blick in die Schaufenster und nehmen viel Platz weg, sagt die Inhaberin des Wäsche-Stübchens in der Hauptstraße. © Sebastian Schultz

Riesa. Sie sei regelrecht erleichtert, sagt Kerstin Burkhardt und schaut aus dem Fenster ihres Geschäfts nach draußen. "Am ersten Tag war mein Schaufenster regelrecht zugestellt", erzählt die Inhaberin des Wäsche-Stübchens in der Hauptstraße. Mittlerweile stehen die neuen Pflanzkübel auf dem Boulevard ein paar Meter weiter rechts - und damit direkt vor dem benachbarten Reisebüro. 

Seit 15 Jahren gibt es das Wäsche-Stübchen, in der Zeit hat auch Kerstin Burkhardt einiges an Begrünungselemten in der Stadt erlebt. Doch die neueste Anschaffung der Stadt sieht sie kritisch. "Die Hauptstraße soll ja auch begrünt werden, aber geht das nicht anders?", sagt sie. Zu groß und wuchtig seien die fünf großen Metallbehälter, die Anfang der Woche aufgestellt wurden. "Am Dienstag haben mich Kunden gefragt, ob ich umbaue", sagt Kerstin Burkhardt und schmunzelt. Sie hatten die Kübel für Bauschutt-Container gehalten. 

Auch Stadträte sind unzufrieden

Es lässt sich nicht anders sagen: Die erste Resonanz auf den letzten Baustein zur Umgestaltung des Boulevards zwischen Rathausplatz und Niederlagstraße fällt alles andere als schmeichelhaft aus. "Das können die sich vors Rathaus stellen, aber nicht hier hin", sagt eine Frau. Die Metallbehälter passten schlichtweg nicht in die Hauptstraße. 

Auch vonseiten der Stadträte gibt es teils deftige Kritik. Gunnar Hoffmann (parteilos, Fraktion Gemeinsam für Riesa) kritisierte im Bauausschuss die Wahl und fragte ironisch, ob das Ziel sei, die Stadt hässlicher zu machen. "Wer hat das entschieden?", wollte Hoffmann wissen - und wurde von OB Marco Müller (CDU) aufgeklärt: Es handelte sich tatsächlich um eine Entscheidung des alten Stadtrates. "Es wurde intensiv darüber diskutiert." Er halte es nicht für angemessen, den Stadträten im Nachhinein diese Entscheidung zum Vorwurf zu machen. 

Gunnar Hoffmanns Fraktionskollege Manfred Kuge bestätigt, die Entscheidung für die Pflanzkübel sei von den Stadträten gefasst und auch getragen worden. Es habe ausführliche Debatten über die zu bestellenden Elemente gegeben. 

Vollends zufrieden ist aber auch nicht jeder mit dem, was am Ende herausgekommen ist. "Ich will mich da nicht vor der Verantwortung drücken", sagt CDU-Stadtrat Kurt Hähnichen. Ja, er habe damals die Umgestaltung in dieser Form mitgetragen. "Aber von den Proportionen war ich nun doch überrascht", sagt Hähnichen im Gespräch mit der SZ. Schon im November hatte er sich danach erkundigt - aus Sorge, dass die Kübel etwa bei Veranstaltungen wie der Automeile für Platzprobleme auf dem Boulevard sorgen könnten. 

Stadtrat Kurt Hähnichen (CDU) stimmte für die Umgestaltung der Hauptstraße - und damit auch für die Pflanzkübel. Deren Größe hat ihn aber doch überrascht, sagt er. 
Stadtrat Kurt Hähnichen (CDU) stimmte für die Umgestaltung der Hauptstraße - und damit auch für die Pflanzkübel. Deren Größe hat ihn aber doch überrascht, sagt er.  © Sebastian Schultz

Platzprobleme allerdings hat es schon vorher gegeben. Die Kehrmaschine kam am Dienstag erst einmal nicht zwischen den Kübeln durch, berichten Augenzeugen. Außerdem befürchten Anwohner, dass die Behälter abermals als Müllkippe und Aschenbecher missbraucht werden, wie ihre kleineren Vorgänger. 

Stadtverwaltung bittet um Geduld

Der Oberbürgermeister bittet in dem Zusammenhang um Geduld. "Wir werden die Behälter jetzt bis März bepflanzen und schauen, wie es dann aussieht", sagt Marco Müller. Geplant sind als kleine Bäume oder Sträucher Felsenbirnen und als sogenannte Unterpflanzung Storchschnabel und Frauenmantel. Einige Kommentatoren auf Facebook sehen die Sache ähnlich. Tino Roßberg, der einst in Riesa für Stadtmarketing zuständig war, schreibt etwa: "Es gibt eine Regel beim Gestalten, Entwerfen, Erschaffen, die besagt, dass sich das Bild erst aus der Summe der Teile ergibt." Seiner Ansicht nach besteht Hoffnung, dass sich das Bild noch bessert. "Ideal sieht für mich anders aus, aber ich warte mit einer endgültigen Meinung ab, bis alles komplett ist. Quasi mit Baum und Borke."

Müllers Aussage lässt zumindest den Schluss zu, dass der Standort der 15 Blumenkübel entlang der Hauptstraße noch im Detail verändert werden könnte. Darauf hofft auch Kurt Hähnichen. Man sollte den Mut haben, "ohne Schuldzuweisungen zu schauen: War das tatsächlich das, was wir beschlossen haben?" Aus seiner Sicht bräuchte es noch einmal eine Begehung, um gegebenenfalls reagieren zu können. Ob so etwas noch einmal geplant ist, war am Freitag von der Stadtverwaltung zunächst nicht zu erfahren. 

Nachträglich den Standort zu verändern, dürfte jedenfalls schwierig werden: Sind sie einmal befüllt, soll ein einzelner Kübel bis zu sechs Tonnen schwer sein, heißt es.