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Görlitzer Taxis ohne Fahrgäste

Weil kaum noch jemand chauffiert wird, werden Autos stillgelegt. Doch jeder, der eins braucht, bekommt ein Taxi - nach rechtzeitiger Bestellung.

Von Gabriela Lachnit
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Michael Heinze ist 1. Vorsitzender der Taxi-Innung Görlitz. Lange Schlangen wartender Taxis, wie hier im Archivbild, sieht man derzeit kaum.
Michael Heinze ist 1. Vorsitzender der Taxi-Innung Görlitz. Lange Schlangen wartender Taxis, wie hier im Archivbild, sieht man derzeit kaum. © André Schulze

Nirgendwo in Görlitz sind sie derzeit zu finden: lange Schlangen wartender Taxis. Sich an den üblichen Standorten wie am Bahnhof oder am Demianiplatz zu positionieren und auf Kundschaft zu warten, mache derzeit keinen Sinn, erklärt Michael Heinze. Er ist der 1. Vorsitzende der Görlitzer Taxi-Innung. Wegen der Corona-Krise würden viel weniger Taxifahrten benötigt, sagt er. Er selbst erbringt etwa noch 40 Prozent der Fahrten, die er vor Corona gefahren ist.

Allen Taxi-Unternehmen geht es jetzt so oder ähnlich. "Es kommen keine Reisenden am Bahnhof an, die mit viel Gepäck nach Hause möchten. Touristen fehlen. An den Wochenenden lässt sich niemand von einer Feier nach Hause fahren. Es gibt keine Konzerte und Veranstaltungen, Kino und Theater sind zu. Touren von und zu Krankenhäusern sind abgesagt, viel weniger Menschen lassen sich zum Arzt oder zur Physiotherapie fahren. Senioren werden nicht zur Tagespflege befördert, die sind geschlossen", erklärt der Innungs-Chef. 

Lediglich die sogenannten "Serienfahrten" finden statt. "Dabei werden zum Beispiel Patienten zu einer Chemotherapie gefahren oder zur Bestrahlung oder zur Dialyse", erläutert Michael Heinze. Solche Behandlungen können schließlich nicht verschoben werden.

Fahrzeuge stillgelegt

Mit den Taxifahrten sanken auch die Einnahmen der Unternehmen. Damit die Kosten nicht ins Uferlose wachsen, haben einige Taxi-Betriebe ihre Fahrzeugflotten verkleinert und Autos vorübergehend stillgelegt, um Steuern und Versicherungen zu sparen. Ein Unternehmer habe seinen Mitarbeitern gekündigt und den Taxibetrieb abgemeldet, brachte Heinze in Erfahrung. Der Mann wolle aber neu durchstarten, wenn die Corona-Krise vorbei ist, berichtet der Innungs-Chef.  Bis zum 3. April verzeichnete das Landratsamt zwölf vorübergehende Abmeldungen von Taxis, darunter von zwei Großraumautos. Insgesamt seien derzeit 201 Taxis im Landkreis Görlitz in Betrieb, erklärt Landkreis-Sprecherin Julia Bjar.

Genügend Taxis im Einsatz

Obwohl derzeit viel weniger Taxis auf Görlitzer und Nieskyer Straßen unterwegs sind, seien immer noch genügend im Einsatz. Wer rechtzeitig ein Taxi bestellt, bekommt auch eins, versichert Michael Heinze. Er verweist darauf, dass die Öffnungszeiten der Funktaxi-Zentrale derzeit eingeschränkt sind. Von 7 bis 13 und von 16 bis 19 Uhr ist die Zentrale unter der Görlitzer Rufnummer 400800 erreichbar. Außerhalb dieser Zeiten kommen die Anrufe an der Taxisäule am Bahnhof an. Wenn es dort klingelt, nehmen Taxifahrer, die am Bahnhof warten, den Anruf an - wenn einer wartet.

Spezialfahrten helfen über die schwere Zeit

Beim Taxi-Unternehmen Hoffmann ist noch keins der fünf Fahrzeuge abgemeldet. Für keinen der zehn Mitarbeiter ist derzeit Kurzarbeit angemeldet. Andreas Werner, der Bruder von Katrin Hoffmann, die das Unternehmen führt, ist froh, dass alle Mitarbeiter mitziehen, auch wenn einige jetzt ihre Überstunden abbauen müssen. Es  gibt auch bei Taxi-Hoffmann weniger Fahrten und die Lage ist kritisch. "Wir haben zu knabbern", sagt Andreas Werner. Und das, obwohl das Unternehmen in den mehr als 20 Jahren des Bestehens viele Stammkunden gewann und sich mit einem Fahrzeug auf Rollstuhlfahrten spezialisierte. 

Andere Taxi-Unternehmer haben Kurzarbeit beantragt, wie Andreas Gritzner. Die Bewilligung des Antrags stehe aber noch aus, sagt er.

Desinfektion im Taxi

In Sachen Desinfektion im Taxi hat das Unternehmen Hoffmann Erfahrung. "Wir bringen unter anderem Patienten regelmäßig zur Dialyse", erklärt Andreas Werner. Da ist Desinfektion sehr wichtig, nicht nur jetzt in der Corona-Zeit. "Diese Patienten haben ein sehr geschwächtes Immunsystem", erklärt der Taxifahrer. Für die Mitarbeiter der Firma Hoffmann sei Desinfektion in Taxis also nichts Neues. 

Andreas Werner hörte bereits von den Möglichkeiten, in Taxis für den Schutz von Fahrern und Fahrgästen Plexiglasscheiben einzuziehen. Der Landesverband der Taxi-Unternehmen hatte das empfohlen, bestätigt Michael Heinze. Andreas Werner hat aber noch kein Taxi mit einer solchen Scheibe gesehen. Die Lieferzeiten auf ein solches Exemplar lägen bei mehr als zwei Wochen, hat Werner festgestellt. Der Görlitzer Taxi-Unternehmer Andreas Gritzner allerdings hat umgerüstet und eine solche Plexiglasscheibe in seinem Auto. 

Viele brauchen Unterstützung

Etliche Taxi-Unternehmen aus Görlitz und Niesky hätten versucht, bei der Sächsischen Aufbaubank Soforthilfe zu beantragen. Einigen sei es gelungen, auf der Online-Plattform durchzukommen, erklärt der Innungs-Chef. Wie lange die Taxi-Unternehmen durchhalten, hänge auch von staatlicher Hilfe ab. Dauert die Krise mit den derzeitigen Einschränkungen bis Ende April, könnten die meisten Taxi-Unternehmen "mit einem blauen Auge davonkommen", sagt Michael Heinze. Dauert die Krise länger, vermutet er,  wird es für einige arg kommen.

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