Die ersten zwei Mundschutze hat Ingrid Ruff fertig. Die 75-Jährige hat sie selbst genäht. Normalerweise würde sie das mit der Nähmaschine eins zwei fix erledigen. Aber in Görlitz hat sie keine. Ingrid Ruff ist Teilzeit-Görlitzerin, sie lebt eigentlich in einem kleinen Ort bei Bamberg.
Seit ihr Mann vor neun Jahren starb, lebt sie allein in ihrem Haus. Hier in Görlitz gehört ihr eine kleine Wohnung, in der sie etwa die Hälfte jedes Monats verbringt. "Ich bin zu meinen Wurzeln zurückgekehrt", sagt sie. Ihre Eltern und Großeltern stammen aus Schlesien, nicht weit entfernt hinter der jetzigen Grenze zu Polen steht das Haus der Großeltern.
Eigentlich wollte die Germanistin und ehemalige Realschullehrerin an einem zehntägigen Europaseminar in Polen teilnehmen. Aber das fiel aus. Deswegen ist sie seit vier Wochen schon in Görlitz. Sie hat viel Zeit, unter anderem zum Lesen und zum Schreiben. Als sie einen Beitrag las, wie man sich angesichts der ausverkauften Mundschutze selbst behelfen und ein solches Teil nähen kann, waren ihre Erinnerungen an eine kurze Ausbildung im Nähen vor vielen Jahrzehnten geweckt. Wie ihr Mundschutz aussieht, stellt sie hier vor.
Und so geht es
Ingrid Ruff verwendet für ihren Mundschutz eine Elastik-Binde aus der Apotheke, die 15 Zentimeter breit ist. Für eine Maske braucht sie ein etwa 50 Zentimeter langes Stück, das sie abschneidet.
Dann wird die Binde so umgeschlagen, dass sie jetzt doppelt liegt. Aus einem handelsüblichen Staubsaugerbeutel schneidet Ingrid Ruff ein 15 mal 25 Zentimeter großes Stück heraus. "Üblicherweise reicht so ein Beutel für vier Masken", erklärt sie. Dann wird das Stück zwischen die Elastikbinde gelegt und am Bruch vernäht. Die vorher offene Seite muss von links geschlossen werden.
Durch eine zweite Naht auf der rechten Seite der Arbeit an jeder Seite, die etwa einen halben Zentimeter von der anderen entfernt ist, entsteht ein Steg. Durch den zieht man mithilfe einer Sicherheitsnadel an jeder Seite eine Schnur oder ein Band. Die noch offenen Seiten oben und unten hat Ingrid Ruff fein säuberlich mit der Hand zugenäht. "Mit einer Nähmaschine ginge das natürlich viel schneller", erklärt sie.
Ingrid Ruff hat beide Schnüre kurz gehalten, sie zusammengeknotet und daran ein Gummiband befestigt. Das liegt beim Tragen der Maske am Hinterkopf an. "Für mich ist das die bessere Lösung, denn aufgrund von Schulterbeschwerden bin ich nicht in der Lage, ein Bindeband hinter dem Kopf zu schließen. Ich kann meine Arme nicht so weit nach hinten heben", erklärt sie. Aber die Maske mit dem Gummiband über den Kopf zu ziehen, das funktioniere sehr gut.
Die Maske ist waschbar
Schließlich hat die Teilzeit-Görlitzerin die Maske noch mit einem Stoffmalstift bemalt. Ihr erster Versuch war ein Katzengesicht. "Der Fantasie sind dabei kaum Grenzen gesetzt", sagt sie. Vor allem für Kinder könne sie sich vorstellen, dass sie zum Beispiel die Maske mit ihrem Lieblingstier aus dem Görlitzer Zoo bemalen.
Gewaschen hat sie ihre Maske, um zu testen, ob sie das aushält. "Kein Problem bei etwa 70 oder 80 Grad Waschtemperatur", sagt sie. Die Maske sei ein wirksamer Schutz, weil der Stoff aus dem Staubsaugerbeutel sehr gut isoliere, wie sie erklärt. Ingrid Ruff ahnte bereits, dass es bald eine Maskenpflicht geben wird, wenn die Einschränkungen wegen der Corona-Gefahr gelockert werden. Ab Montag ist es soweit.
Ihre Maske sei eine Anregung, wie man sich selbst behelfen kann, wenn es keine Mundschutze zu kaufen gibt. In größeren Stückzahlen herstellen möchte sie die Teile aber nicht, sondern nur eine Anregung für andere Menschen geben, wie man aus der Not eine Tugend machen und mit individuellem Mundschutz unterwegs sein kann.