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Wenn das Internet zur Verzweiflung treibt

Homeoffice, Homeshopping, Schule per Wlan - die Corona-Krise verlegt das Leben ins Netz. Wer schlechte Verbindung hat, hat schlechte Karten. Zwei Beispiele.

Von Kathrin Krüger
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Lisa Riehmer aus Kalkreuth muss für die Schule ins Internet. Doch ihr Papa und ihre Geschwister wollen auch - und das Funkinternet ist instabil.
Lisa Riehmer aus Kalkreuth muss für die Schule ins Internet. Doch ihr Papa und ihre Geschwister wollen auch - und das Funkinternet ist instabil. © Anne Hübschmann

"Internet ist lebensnotwendig", sagt Dieter Riehmer aus Kalkreuth und ist am Verzweifeln. Er will sich ein wichtiges Schulungsvideo für seinen Job als Vermögensberater anschauen. Doch es ist mühsam und dauert eine gefühlte Ewigkeit. Immer wieder bricht die Übertragung ab. Zudem sitzt ihm seine Tochter Lisa im Nacken.

Die Elftklässlerin muss Schularbeiten fürs Berufliche Gymnasium erledigen. Auch sie kann eigentlich nur Fotos oder Dokumente hin- und herschicken. Dass beide gleichzeitig zu Hause in Kalkreuth arbeiten, ist ein Ding der Unmöglichkeit. Deshalb ist Homeoffice für Dieter Riehmer keine Option: Er muss ins Büro nach Großenhain. Denn für die schulische Bildung seiner Tochter wird gutes Wlan vorausgesetzt. Doch für Lisa dauern die Lernzeiten viel länger als bei anderen. Die Riehmers leben in einem der reichsten Länder der Erde - doch ihre Internetanbindung per Funk ist ein Armutszeugnis. 

Wie ihnen geht es noch vielen Familien in der Region Großenhain. Weder die Gemeinde Ebersbach, zu der Kalkreuth gehört, hat schnelles Internet, noch die Gemeinden Schönfeld oder Lampertswalde. Breitband fehlt auch in der Kommune Priestewitz und in der Altgemeinde Tauscha. In vielen Großenhainer Ortsteilen wird noch gebuddelt, eine Breitbandanbindung dauert noch Jahre. Dass die Gemeinden die Zeichen der Zeit nicht schon früher erkannt haben, als es möglich war, wird den Einwohnern jetzt zum Verhängnis.

Das Lachen von Musiklehrerin Maren Göpel aus Wildenhain mit Sohn Johann täuscht. Um Keyboard-Schülerin Elsa (8) per Videotelefonie zu unterrichten, braucht sie starke Nerven.
Das Lachen von Musiklehrerin Maren Göpel aus Wildenhain mit Sohn Johann täuscht. Um Keyboard-Schülerin Elsa (8) per Videotelefonie zu unterrichten, braucht sie starke Nerven. © Anne Hübschmann

Denn angewiesen auf schnelles Internet ist in Zeiten von Corona fast jeder. Erwerbsarbeit, Einkauf, Schule, Vereinskontakte, private Unterhaltung - alles läuft jetzt über das World Wide Web. "Auch wir würden gern manches nutzen, aber es geht nicht", sagt Maren Göpel in Wildenhain. In ihrem Ort wird zwar gerade Glasfaserkabel verlegt. Doch auf ihrer Straße müssen sich die Göpels noch gedulden. Mit ihrem Mann Thomas arbeitet die Musiklehrerin nun quasi zu Hause in Schichten. "Vormittags ist mein Mann am Rechner, der IT-Fachmann in den Gröditzer Schmiedewerken ist", erzählt die Wildenhainerin. Nachmittags gibt sie ihren Keyboard-Schülern Online-Unterricht per Videotelefonie über WhatsApp.

Das stellt sich als sehr anfällig heraus. Bei den Göpels und auch bei einigen Schülern ist die Leitung "dünne". Der Ton stockt bei Übertragungen, die Unterrichtsstunde dauert länger und ist technisch nervig, erzählt Maren Göpel. "Ich komme mir vor wie im letzten Jahrhundert", sagt die Musiklehrerin. In diesen Corona-Zeiten falle die schlechte Internetanbindung besonders auf. "Wenn ich dagegen Schüler mit Glasfaseranschluss habe, sehe ich sofort den Unterschied: ein bombastisches Bild auf dem Display!", so Maren Göpel. Kleine Filmchen, die in der WhatsApp-Gruppe ihrer Singgemeinschaft herumgeschickt werden, kann sie vergessen. Da wartet sie viel zu lange, bis sich das hochlädt.

Dankbar ist Maren Göpel allerdings für das Verständnis der Eltern ihrer Schützlinge. "Wenn die Kinder ihren Fernunterricht bei mir haben, lassen sie sich aus dem Wlan schmeißen", sagt die Wildenhainerin spitzbübisch. 

Zum Thema Coronavirus im Landkreis Meißen berichten wir laufend aktuell in unserem Newsblog.