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"Ich bin heute Abend am Jubeln"

Das sagen die Kandidaten im Wahlkreis Bautzen I zum Wahlergebnis. Sechs Resümees zwischen Enttäuschung und Euphorie.

Von Theresa Hellwig & Miriam Schönbach
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Zieht über die Landesliste in den Bundestag ein: Kathrin Michel (SPD).
Zieht über die Landesliste in den Bundestag ein: Kathrin Michel (SPD). © SZ/Uwe Soeder

Bautzen. Die CDU im Landkreis Bautzen erlebte am Sonntag einen rabenschwarzen Wahlabend. Ihr Versuch, den Wahlkreis Bautzen I von der AfD zurückzugewinnen, ist auf ganzer Linie gescheitert. Stattdessen erleidet die Partei zum zweiten Mal in Folge eine historische Niederlage und rutscht in der Wählergunst so tief wie noch nie zuvor bei einer Bundestagswahl. In einigen Städten kam sie sogar nur auf den dritten Platz hinter der SPD.

Der klare Sieger im Wahlkreis ist erneut die AfD. Entgegen der bundesweiten Tendenz konnte die Partei das Ergebnis der Bundestagswahl 2017 in etwa bestätigen. Bei den Erststimmen gewann sie sogar leicht hinzu. Ihr Kandidat, der frühere Polizeibeamte Karsten Hilse aus Lohsa, wurde erneut direkt in den Bundestag gewählt.

Die SPD profitiert vom bundesweiten Hoch der Partei - und kommt am Ende nur knapp hinter der CDU ein.

Wie sehen die Kandidaten ihr Ergebnis und das Abschneiden ihrer Partei? Sechs Resümees zwischen Enttäuschung und Euphorie.

"Für mich geht es zurück in die Backstube"

Roland Ermer, CDU: Ich nehme das Ergebnis ohne Bitterkeit auf. Wir sind 1989 auf die Straße gegangen, damit das Volk entscheiden kann – wir müssen das Ergebnis akzeptieren. Für mich geht es jetzt zurück in die Backstube, das ist in Ordnung. Für Sachsen ist das Ergebnis aber erschütternd. Die AfD ist eine Gegen-Alles-Partei. Dass sie es besser kann, muss sie erst beweisen. Vor allem beim Thema Strukturwandel bin ich gespannt, wie da mit der AfD etwas Positives rauskommen soll.

Roland Ermer
Roland Ermer © SZ/Uwe Soeder

"Wir wurden für unsere gute Arbeit gewählt"

Karsten Hilse, AfD: Das Wahlergebnis zeigt, dass ich eine gute Arbeit mache. Ich nehme nach Berlin mit, dass ich meine Ziele und Forderungen, wie den sofortigen Ausstieg aus dem Kohleausstieg und die Beendigung aller Corona-Schutzmaßnahmen, weiterverfolge. Im Jahr 2017 haben uns viele Menschen aus Protest gewählt, da war die Migrationskrise noch sehr präsent. Diejenigen, die uns jetzt gewählt haben, haben uns gewählt, weil wir gute Arbeit gemacht haben.

Karsten Hilse
Karsten Hilse © SZ/Uwe Soeder

"Kohleausstieg darf nicht früher kommen"

Matthias Schniebel, FDP: Wir haben auf Bundesebene zweimal in Folge ein zweistelliges Ergebnis eingefahren. Das ist ein Novum. Auch im Wahlkreis Bautzen konnten wir dazugewinnen. Ich werde auch über die Liste nicht in den Bundestag einziehen, sondern konzentriere mich nun auf die kommunale Ebene. Spannend wird jetzt die Koalitionsfindung. Ich hoffe auf ein Bündnis mit der CDU. Es ist wichtig, dass es beim Kohleausstieg 2038 bleibt – und nicht früher.

Matthias Schniebel
Matthias Schniebel © SZ/Uwe Soeder

"Das taktische Wählen hat uns Stimmen gekostet"

Lukas Mosler, Grüne: Wir konnten bei den Zweitstimmen gegenüber 2017 leicht dazugewinnen. Das ist ein kleiner Erfolg, obwohl ich mir persönlich mehr gewünscht hätte. Ich vermute zudem, dass das taktische Wählen uns ein paar Stimmen gekostet hat, um den AfD-Kandidaten zu verhindern. Wir müssen jetzt unsere Themen mit den anderen demokratischen Parteien weiter in die Region hereintragen, um so das Vertrauen der Bürger zurückzugewinnen.

Lukas Mosler
Lukas Mosler © SZ/Uwe Soeder

"Wir haben ein großartiges Ergebnis eingefahren"

Kathrin Michel, SPD: Ich bin heute Abend am Jubeln. Wir konnten zwar nicht verhindern, dass Karsten Hilse das Direktmandat gewinnt – aber auch ich werde über die Liste in den Bundestag einziehen und wir haben ein großartiges Ergebnis eingefahren. Vor vier oder fünf Monaten hätte man uns noch für verrückt erklärt, wenn wir das vorausgesagt hätten. In Hoyerswerda sind wir bei den Zweitstimmen ganz knapp hinter der AfD auf Platz zwei gelandet. Das ist der Hammer.

Kathrin Michel
Kathrin Michel © SZ/Uwe Soeder

"Wir haben unter dem Kanzler-Duell gelitten"

Caren Lay, Linke: Das ist kein schöner Abend für uns. Der bundesweite Trend schlägt sich auch in Sachsen nieder. Wir haben bundesweit unter dem Kanzler-Duell gelitten – mit der SPD als Hoffnungsträgerin für eine soziale Politik. Da haben wir Stimmen gelassen, auch in der Region. Jetzt müssen wir sehen, wie der Wahlabend am Ende ausgeht. Derzeit weiß ich nicht, ob ich dabei bin. Wenn nicht, muss ich mich neu sortieren. Noch habe ich Hoffnung.

Caren Lay
Caren Lay © SZ/Uwe Soeder