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Union rückt im Bundestag an die Seite der AfD

AfD bei Wahl zum Vorsitz des Innenschusses gescheitert, Scholz kündigt entschiedenen Kampf gegen Corona-Pandemie an - unser Newsblog.

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Nach mehr als 70 Jahren tauschen Union und FDP im Bundestag die Plätze.
Nach mehr als 70 Jahren tauschen Union und FDP im Bundestag die Plätze. © dpa

Die neue Bundesregierung – das Wichtigste in Kürze:

16.25 Uhr: Neue Sitzordnung im Bundestag: Union rückt an die Seite der AfD

Nach mehr als 70 Jahren tauschen CDU/CSU und FDP im Plenarsaal des Bundestags die Plätze. Mit den Stimmen der neuen Ampel-Koalition und der Linken beschloss das Parlament am Donnerstag eine entsprechende Änderung der Sitzordnung. Die FDP-Fraktion, die bisher zwischen AfD und Union saß, rückt an die Seite der Grünen und damit mehr in die Mitte. Die Abgeordneten von CDU und CSU, die sich vehement gegen diese Reform gewehrt hatten, sitzen dadurch in Zukunft direkt neben der AfD-Fraktion. Ganz links vom Präsidium aus gesehen sitzt weiterhin die Linke - wie bisher gefolgt von SPD und Grünen.

17.33 Uhr: AfD-Abgeordnete als Ausschussvorsitzende im Bundestag abgelehnt

Der Innenausschuss des Bundestages hat den von der AfD-Fraktion nominierten Martin Hess mit großer Mehrheit als Vorsitzenden abgelehnt. Das berichteten Teilnehmer der von Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki geleiteten konstituierenden Sitzung des Ausschusses am Mittwoch. Zuvor war - entgegen dem üblichen Verfahren - beschlossen worden, in geheimer Wahl über den Vorsitz des Ausschusses zu entscheiden. Der Innenausschuss beschäftigt sich mit Fragen der Inneren Sicherheit, des Bevölkerungsschutzes und mit Asylpolitik. Der 50-Jährige Hess kommt aus Baden-Württemberg und ist Polizist.

Eine geheime Wahl hatte es zuvor auch im Gesundheitsausschuss und im Ausschuss für Entwicklungszusammenarbeit gegeben. Im Gesundheitsausschuss fiel der von der AfD-Fraktion für den Vorsitz nominierte Abgeordnete Jörg Schneider ebenso durch wie der AfD-Abgeordnete Dietmar Friedhoff im Entwicklungsausschuss.

Eine Abstimmung ist möglich, wenn Abgeordnete Widerspruch gegen die Berufung einlegen. So war es im Januar 2018 beispielsweise auch in der konstituierenden Sitzung des Rechtsausschusses. Der AfD-Abgeordnete Stephan Brandner erhielt damals in geheimer Wahl die notwendige Mehrheit. Im November 2019 wurde Brandner allerdings wieder abberufen, nachdem ihm Abgeordnete anderer Fraktionen aufgrund von Äußerungen in sozialen Medien attestiert hatten, er habe weder menschlich noch politisch die notwendige Eignung für den Vorsitz. Bis zum Ende der Legislaturperiode hatte dagegen Peter Boehringer (AfD) den Haushaltsausschuss geleitet, der traditionell der stärksten Oppositionsfraktion zufällt.

Wenn die für den Vorsitz vorgeschlagene Person in einem Ausschuss nicht gewählt werde, so werde dies anschließend im Ältestenrat verhandelt, teilte die Bundestagsverwaltung auf Anfrage mit.

10.50 Uhr: Scholz kündigt entschiedenen Kampf gegen Corona-Pandemie an

Bundeskanzler Olaf Scholz hat einen entschiedenen Kampf gegen die Corona-Pandemie angekündigt. Zugleich machte er am Mittwoch in seiner ersten Regierungserklärung den Menschen in Deutschland Mut, dass die Krise überwunden werden könne. Der SPD-Politiker versprach eine Politik des Fortschritts und des Respekts sowie ein Jahrzehnt der Zukunftsinvestitionen. Seiner Vorgängerin Angela Merkel (CDU) dankte der Kanzler für ihr Wirken für Deutschland und für den reibungslosen Übergang auf die neue Regierung. Die wichtigsten Punkte seiner Regierungserklärung im Überblick:

  • Scholz sagte mit Blick auf die Corona-Pandemie: "Wir werden alles tun, was notwendig ist, es gibt da für die Bundesregierung keine roten Linien." Die Regierung werde jeden nur möglichen Hebel bewegen, "bis wir alle unser früheres Leben und alle unsere Freiheiten zurückbekommen haben". Scholz rief dabei erneut alle Bürger auf, sich impfen zu lassen. Dies sei das Wichtigste. Jeder Erwachsene könnte bereits zweimal geimpft sein und alle besonders Gefährdeten könnten bereits eine Auffrischungsimpfung erhalten haben. "Dann hätten wir die Pandemie jetzt im Griff." Der Kanzler versicherte: "Ja, es wird wieder besser, ja, wir werden den Kampf gegen diese Pandemie mit der größten Entschlossenheit führen, und ja, wir werden diesen Kampf gewinnen."

  • Scholz dankte den Bürgerinnen und Bürgern, die mit ihrer Vorsicht und Rücksichtnahme den Zusammenhalt der Gesellschaft ermöglichten - und er verurteilte Wirklichkeitsverleugnung, absurde Verschwörungsgeschichten, mutwillige Desinformation und gewaltbereiten Extremismus. "Eine kleine, extremistische Minderheit in unserem Land hat sich von unserer Gesellschaft, unserer Demokratie, unserem Gemeinwesen und unserem Staat abgewandt", sagte Scholz. Die Bundesregierung habe Respekt vor ernst gemeinten Einwänden, höre zu und suche die Debatte. "Aber genauso klar ist: Wir werden es uns nicht gefallen lassen, dass eine winzige Minderheit von enthemmten Extremisten versucht, unserer gesamten Gesellschaft ihren Willen aufzuzwingen", so die klare Ansage des Bundeskanzlers.

  • Der Bundeskanzler kündigte an, die nächsten 20 Jahre würden Jahre der Erneuerung. Die rot-grün-gelbe Regierung sei eine Regierung des Fortschritts - und zwar sozial, gesellschaftlich und kulturell. Und nur mit technischem Fortschritt könne Deutschland klimaneutral werden, nur so könnten Deutschland und Europa mithalten im globalen Wettbewerb. "Hinter uns liegen 250 Jahre, in denen unser Wohlstand auf dem Verbrennen von Kohle, Öl und Gas gründete. Jetzt liegen vor uns etwa 23 Jahre, in denen wir aus den fossilen Brennstoffen aussteigen müssen und aussteigen werden", sagte Scholz. Bis 2045 müsse Deutschland klimaneutral sein. Die Regierung sei dem Pariser Klimaabkommen verpflichtet und werde zu seinem Erfolg beitragen. "Damit liegt vor uns die größte Transformation unserer Industrie und Ökonomie seit mindestens 100 Jahren."

  • Scholz erläuterte die zentralen Punkte des Koalitionsvertrags der vor einer Woche ins Amt gekommenen Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP. Er versprach unter anderem, mehr und günstigen Wohnraum in Deutschland zu schaffen, den Mindestlohn auf zwölf Euro zu erhöhen und eine Verkehrswende mit einem Ausbau des Schienenverkehrs auf den Weg zu bringen. "Wir werden in den kommenden Jahren dafür sorgen, dass Mobilität einfacher, komfortabler und klimafreundlicher wird und dabei für alle bezahlbar bleibt."
Blick ins Plenum des Deutschen Bundestags
Blick ins Plenum des Deutschen Bundestags © dpa

10.22 Uhr: Scholz stimmt Bürger auf größten Umbruch seit 100 Jahren ein

Bundeskanzler Olaf Scholz hat die Bürgerinnen und Bürger auf den größten Umbruch von Wirtschaft und Produktion seit 100 Jahren eingestimmt. "Hinter uns liegen 250 Jahre, in denen unser Wohlstand auf dem Verbrennen von Kohle, Öl und Gas gründete. Jetzt liegen vor uns etwa 23 Jahre, in denen wir aus den fossilen Brennstoffen aussteigen müssen und aussteigen werden", sagte Scholz im Bundestag. Bis 2045 müsse Deutschland klimaneutral sein. Die Regierung sei dem Pariser Klimaabkommen verpflichtet und werde zu seinem Erfolg beitragen. "Damit liegt vor uns die größte Transformation unserer Industrie und Ökonomie seit mindestens 100 Jahren."

Scholz sagte, die neue Regierung sei eine Regierung des Fortschritts - und zwar sozial, gesellschaftlich und kulturell. Er betonte zudem: "Wir sind eine Regierung des technischen Fortschritts, weil wir nur mit technischem Fortschritt klimaneutral werden können und weil Deutschland und Europa nur so mithalten können im globalen Wettbewerb."

Viele fragten sich: "Geht das alles gut aus?" Scholz versicherte: "Wir werden neue Sicherheiten durch Wandel schaffen und für Sicherheit im Wandel sorgen." Es brauche klugen Fortschritt. "Diesen Weg des Fortschritts, der Erneuerung und Transformation wird die neue Bundesregierung auf allen Ebenen konsequent einschlagen."

Veränderung falle schwer, sagte Scholz. So sei "Made in Germany" immer ein Gütesiegel gewesen. Die Versuchung sei groß, bislang Erfolgreiches immer weiterzumachen. Doch neue Wege müssten eingeschlagen werden.

10.05 Uhr: Scholz wendet sich scharf gegen Hass in Corona-Krise

Bundeskanzler Olaf Scholz hat sich scharf gegen Hass und extremistische Tendenzen in der Corona-Krise gewandt. "Wir werden es uns nicht gefallen lassen, dass eine winzige Minderheit von enthemmten Extremisten versucht, unserer gesamten Gesellschaft ihren Willen aufzuzwingen", sagte der SPD-Politiker im Bundestag. "Dieser winzigen Minderheit der Hasserfüllten, die mit Fackelmärschen, mit Gewalt und Mordaufrufen uns alle angreift, werden wir mit allen Mitteln unseres demokratischen Rechtsstaats entgegentreten."

Scholz betonte, die überwältigende Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger verhalte sich solidarisch, vernünftig und vorsichtig. "Unsere Gesellschaft ist nicht gespalten." Er dankte allen, die mit dem Einhalten von Regeln und Impfungen alles dafür getan hätten, "dass wir unsere früheres Leben und unsere frühere Freiheit zurückbekommen". Es gebe aber auch Wirklichkeitsverleugnung, absurde Verschwörungsgeschichten, mutwillige Desinformation und Gewaltbereitschaft. Die Bundesregierung werde immer an der Seite derjenigen stehen, die sich solidarisch verhielten.

Mittwoch, 9.05 Uhr: Kanzler Scholz gibt erste Regierungsklärung ab

Eine Woche nach seiner Wahl zum Bundeskanzler stellt Olaf Scholz (SPD) am Mittwoch (09.00 Uhr) im Bundestag das Programm seiner Ampel-Regierung für die kommenden vier Jahre vor. An seine erste Regierungserklärung schließt sich eine rund zweieinhalbstündige Aussprache an, in der der Unionsfraktionsvorsitzende Ralph Brinkhaus (CDU) erstmals die Rolle des Oppositionsführers einnehmen wird. Mit der AfD und der Linken werden sich auch die anderen beiden Oppositionsparteien zur ersten Koalition von SPD, Grünen und SPD auf Bundesebene positionieren.

Es ist üblich, dass ein neuer Bundeskanzler kurz nach seiner Wahl die Leitlinien für die Arbeit seiner Regierung vorstellt. Er dürfte sich dabei sehr stark an dem 177-seitigen Koalitionsvertrag mit dem Titel «Mehr Fortschritt wagen» orientieren. Brinkhaus hat bereits erklärt, dass er diesen Fortschritt im Koalitionsvertrag nicht erkennen könne.

Verfolgen Sie die Bundestagsdebatte hier im Livestream:

SPD, Grüne und FDP hatten Anfang Dezember - rund zehn Wochen nach der Bundestagswahl - den Koalitionsvertrag unterzeichnet. Vor einer Woche war Scholz vom Bundestag zum neunten Kanzler der Bundesrepublik gewählt worden. Zu den Hauptthemen seiner Regierungserklärung werden der Kampf gegen die Corona-Pandemie und die geplanten Maßnahmen gegen den Klimawandel zählen. Es dürfte aber auch um außenpolitische Themen gehen, wie die durch den russischen Truppenaufmarsch an der Grenze zur Ukraine ausgelöste Krise.

Nach der Debatte reist Scholz nach Brüssel, wo er am Gipfeltreffen der sogenannten östlichen Partnerschaft teilnimmt. Dabei handelt es sich um Beratungen der EU mit Armenien, Aserbaidschan, Georgien, Moldau und der Ukraine, bei denen es auch um die aktuelle Krise gehen wird. Scholz und der französische Präsident Emmanuel Macron wollen sich vor dem Gipfel mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj treffen. Am Donnerstag nimmt Scholz an seinem ersten regulären EU-Gipfel als Kanzler teil.