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Ampel-Pläne: Scharfe Debatte über die Corona-Impfpflicht

Der Bundestag hat über die Corona-Pläne der Ampel diskutiert. Der künftige Kanzler Scholz sieht ungeachtet der Proteste in Sachsen Rückhalt in der Bevölkerung.

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Olaf Scholz (SPD), designierter Bundeskanzler
Olaf Scholz (SPD), designierter Bundeskanzler © dpa

Berlin. Die Koalition aus SPD, Grünen und FDP hat ihre Pläne zur Eindämmung der Corona-Pandemie verteidigt. Im Bundestag wurde am Dienstag über eine erneute Änderung des Infektionsschutzgesetzes debattiert. Der Ampel-Entwurf sieht vor, dass die Länder wieder in einigen Bereichen Schließungen anordnen können und dass eine Impfpflicht für bestimmte Einrichtungen eingeführt wird.

Die teilweise massiven Proteste in Sachsen gegen die Corona-Politik verunsichern den designierten Kanzler Olaf Scholz (SPD) im Umgang mit der Pandemie indes nicht. "Man muss ganz klar sagen: Die Gesellschaft ist eben nicht gespalten, sondern überwiegend einer Meinung", sagte Scholz am Dienstag in Berlin.

Von denjenigen, die aggressiv agierten, dürfe sich die Gesamtgesellschaft nicht anstecken lassen, sondern müsse dies "mit aller Entschiedenheit" zurückweisen, sagte er. Scholz hatte am Dienstagmorgen gemeinsam mit den Spitzen seiner Partei sowie denen von Grünen und FDP den Koalitionsvertrag unterzeichnet. Am Mittwoch soll der 63-Jährige im Bundestag zum Regierungschef gewählt werden. Auch sein Kabinett soll dann vereidigt werden.

Drohende Schließungen für Gastro, Kultur, Freizeit

Noch vor dem Einzug in Kanzleramt und Ministerien brachte die Ampel-Koalition ihr inzwischen zweites Corona-Gesetz in den Bundestag ein. Sie kommt dem Drängen der Bundesländer nach, die mehr Möglichkeiten für Beschränkungen einzelner Bereiche gefordert hatten. Der Entwurf zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes sieht als Reaktion auf die hohen Infektionszahlen vor, dass Bundesländer künftig wieder Gastronomie, Kultur- und Freizeiteinrichtungen schließen sowie größere Veranstaltungen absagen können. Schon am Freitag soll das Gesetz vom Bundestag und anschließend auch vom Bundesrat beschlossen werden.

Corona-Impfpflicht in der Pflege

Der Entwurf sieht außerdem erstmals eine Corona-Impfpflicht vor, für Einrichtungen, in denen besonders gefährdete Menschen betreut, behandelt oder gepflegt werden. Dazu zählen etwa Krankenhäuser, Arztpraxen und Pflegeheime. Die Gesundheitspolitikerin der SPD Fraktion, Sabine Dittmar, sagte, dies sei ohne Frage ein Eingriff in die körperliche Unversehrtheit der Beschäftigten. Aber "auch das Recht auf körperliche Unversehrtheit der Schwachen und Hilfsbedürftigen ist ein Grundrecht", sagte sie.

Insbesondere die AfD kritisiert die Impfpflicht scharf. Die Fraktionsvorsitzende Alice Weidel nannte sie eine "unerhörte Grenzüberschreitung". Die Impfpflicht sei "ein Schlag ins Gesicht" der Pflegekräfte und werde den Pflegenotstand noch verschärfen. Die Union wiederum blieb bei ihrem Vorwurf, die Bundesländer hätten weiterhin zu wenige Möglichkeiten, die Pandemie zu bekämpfen. Vor zwei Wochen hatte der Bundestag mit der neuen Mehrheit der Ampel den Corona-Maßnahmenkatalog aktualisiert, die Corona-Notlage aber nicht verlängert. Der stellvertretende Unions-Fraktionsvorsitzende Stephan Stracke (CSU) sagte an die Adresse der Ampel, sie schlösse nur Lücken, die sie selbst erst aufgerissen habe. Das Vorgehen der Ampel-Parteien sei keine effiziente Pandemiebekämpfung.

Alice Weidel, Vorsitzende der AfD-Bundestagsfraktion: Die Impfpflicht sei "ein Schlag ins Gesicht" der Pflegekräfte und werde den Pflegenotstand noch verschärfen.
Alice Weidel, Vorsitzende der AfD-Bundestagsfraktion: Die Impfpflicht sei "ein Schlag ins Gesicht" der Pflegekräfte und werde den Pflegenotstand noch verschärfen. © dpa

Die Gesundheitspolitikerinnen der Grünen und der FDP, Maria Klein-Schmeink und Christine Aschenberg-Dugnus argumentierten am Dienstag mit Blick auf die geplante einrichtungsbezogene Impfpflicht mit dem Schutz besonders gefährdeter Menschen, die in Kliniken oder Pflegeeinrichtungen behandelt und betreut werden. Alle, die dort arbeiteten, müssten geimpft sein, sagte Aschenberg-Dugnus. "Denn Ausbrüche in diesen Bereichen haben und hatten katastrophale Folgen, deswegen müssen sie verhindert werden."

Wann kommt die allgemeine Impfpflicht und der Pflegebonus?

Kein Teil des Gesetzes ist die inzwischen auch diskutierte allgemeine Corona-Impfpflicht, über die zunächst der Deutsche Ethikrat beraten soll. Der designierte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) sagte am Dienstag beim ersten Auftritt der Ampel-Spitzen in der Bundespressekonferenz, die allgemeine Impfpflicht sei "kein Vorhaben der Ampelkoalition". Man habe verabredet, dass fraktionsübergreifend Gruppenanträge erarbeitet würden und die Abgeordneten in einer offenen Debatte darüber entschieden.

Ein anderes Versprechen der Ampel im Zusammenhang mit der Pandemie bleibt indes auch noch offen: der Pflegebonus. Die SPD-Gesundheitspolitikerin Sabine Dittmar versprach im Bundestag, dass die Prämie Anfang 2022 kommt. Bis dahin soll mit den Beteiligten in Krankenhäusern, der Altenpflege und in den Gewerkschaften geredet werden, um die Prämie gerecht und transparent zu gestalten, sagte sie. Der Bonus soll vor allem den Fachkräften auf Intensivstationen zugutekommen. (epd/dpa)