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"Moin, moin, Herr Bundeskanzler": So war das Kanzlergespräch mit Olaf Scholz in Dresden

Ukraine, Israel, Altersarmut, Klima: Olaf Scholz muss sich in Dresden am Donnerstagabend vielen Fragen stellen. Was er geantwortet hat – und wie.

Von Dominique Bielmeier & Andrea Schawe & Angelina Sortino
 13 Min.
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Beim „Kanzlergespräch“ im Kraftwerk Mitte in Dresden konnten Bürgerinnen und Bürger am Donnerstagabend ihre Fragen an Olaf Scholz loswerden.
Beim „Kanzlergespräch“ im Kraftwerk Mitte in Dresden konnten Bürgerinnen und Bürger am Donnerstagabend ihre Fragen an Olaf Scholz loswerden. © SZ/Veit Hengst

Dresden. Wenn der Bundeskanzler zum Gespräch einlädt, braucht es vorab zwei Dinge: Geduld und ein wenig Übung. Geduld, weil Olaf Scholz nach einem Tag voller Termine in Sachsen zwar fast auf die Sekunde pünktlich um 18.30 Uhr das Stromwerk in Dresden betritt, die Gäste teilweise aber schon zwei Stunden vorher eingelassen wurden. Und Übung, weil man bei einem Event mit dem Kanzler, das von gleich sechs Kameras live übertragen wird, offenbar nicht alles dem Zufall überlassen kann.

Klatschen zum Beispiel. MDR-Moderatorin Anja Koebel ernennt einen älteren Herrn in der ersten Reihe der oval angeordneten Polsterstühle spontan zum Einklatscher. Den erfüllt diese Ehre mit besonderem Stolz: „Sie können sich auf mich verlassen!“

Auch Fragen stellen und annehmen will gelernt sein. Wer alles eine Frage mitgebracht hat, will Koebel wissen. Eine Vielzahl an Armen schießt nach oben. Zum Test werden ein paar Gäste drangenommen, dürfen dann aber nur vom Frühstück erzählen. Keine der Fragen soll bekanntwerden, kurz bevor Scholz eintrifft, damit niemand auf die Idee kommt, es finde irgendeine Vorauswahl statt.

Während des Gesprächs in Dresden geht Olaf Scholz zwischen den Gästen umher und tritt oft nah an die Fragensteller heran.
Während des Gesprächs in Dresden geht Olaf Scholz zwischen den Gästen umher und tritt oft nah an die Fragensteller heran. © SZ/ Veit Hengst

Die rund 170 Gäste, Frauen und Männer im gleichen Verhältnis, sind Leserinnen und Leser der Sächsischen Zeitung, die sich bewerben konnten und für das „Kanzler-Gespräch“ ausgelost wurden. „Sie mussten, da geben Sie mir recht, nicht vorab Ihre Fragen schreiben“, sagt Koebel und blickt in zustimmende Gesichter.

Handys auf Flugmodus, mehrere Fragen zu einer bündeln – der Rest der Gesprächsrunde ist schnell erklärt. Nur eines ist der Moderatorin noch wichtig: „Ich möchte Sie bitten, bei sich zu bleiben und Anstand zu wahren.“

"Warum hat die Regierung sich für das Schwert entschieden, nicht den Geist?"

Gleich die erste Frage an den Kanzler ist konfrontativ zugespitzt. Andreas Dugasch, der, wie die meisten, die sich zu Wort melden, aus Dresden kommt, sagt bezogen auf den Ukrainekrieg: „Die Bundesregierung hat sich für das Schwert entschieden und nicht für den Geist, für Waffenlieferungen und nicht für die Diplomatie. Warum?“

Scholz, der an diesem Abend die ganze Zeit steht, in der Mitte zwischen den Gästen herumgeht und dabei oft nah an die Fragesteller herantritt, verteidigt die Reaktion seiner Regierung „auf ein unglaubliches Ereignis“. Man unterstütze die Ukraine finanziell, aber auch mit Waffenlieferungen. „Aber wir werden verhindern, dass es zu einer Eskalation des Krieges, zu einem Krieg zwischen Russland und der Nato kommt“, sagt Scholz und bekräftigt: „Es wird keine deutschen Soldaten und keine Nato-Soldaten auf ukrainischem Boden geben.“ Dafür erntet er lauten Applaus – für den nicht nur der fleißige Einklatscher verantwortlich ist.

Dass es keine Diplomatie gebe, weist Scholz jedoch von sich und nennt ein Beispiel: „Ich habe mit dem russischen Präsidenten gesprochen, vor dem Krieg und hinterher, aber ich kann berichten, bisher ist keine Bewegung ersichtlich.“

Der frühere Berufssoldat Herbert Rudolf Sladek fragt Scholz nach den Folgen eines möglichen EU- und Nato-Beitritts der Ukraine.
Der frühere Berufssoldat Herbert Rudolf Sladek fragt Scholz nach den Folgen eines möglichen EU- und Nato-Beitritts der Ukraine. © SZ/Veit Hengst

Zwei weitere Male geht es noch um den Ukrainekrieg. Herbert Rudolf Sladek, Berufssoldat außer Dienst, fragt sehr eloquent und mit militärisch-strammer Körperhaltung nach den Folgen eines möglichen EU- und Nato-Beitritts der Ukraine. Scholz‘ Antwort ist unkonkret. Er spricht von den vereinbarten Sicherheitspartnerschaften mit der Ukraine und sagt: „Wenn der Krieg vorbei ist, wird die Frage, wie ordnet sich das alles, sehr genau zu diskutieren sein.“

Christian Heintze wiederum möchte wissen, warum Scholz trotz großen Widerspruchs an seiner Absage für Taurus-Lieferungen festhält. Der Kanzler, nun fast ein wenig aufgebracht, betont, was Deutschland bereits alles für das Land tue. „Angesichts der Tatsache, dass wir, wie Helmut Schmidt sagt, nur eine Mittelmacht sind, kein gesundes Relationsverhältnis.“

Eine Waffe wie die Langstrecken-Rakete Taurus erreiche Ziele in 500 Kilometern Entfernung und könne, wenn sie falsch eingesetzt werde, ein konkretes Ziel in Moskau erreichen. „In unserem Falle würde das bedeuten, dass wir uns beteiligen müssen. Das wiederum halte ich für ausgeschlossen.“

Um den Krieg geht es auch kurz, als ein älterer Herr in der ersten Reihe dem Kanzler unter anderem einen Aufkleberbogen mit dem Slogan „Granaten statt Soldaten“ für Annalena Baerbock überreicht. Scholz sagt: „Ja, Diplomaten statt Granaten ist der Satz, den wir gemeinsam skandieren Richtung Kreml nach Moskau.“ Dafür erntet er später Kritik bei X, ehemals Twitter. Der Regierungssprecher schlichtet: „Der Kanzler zitiert den Slogan – mit dem Zusatz, dass die Forderung an Moskau zu richten ist.“

"Warum sorgen Sie nicht für Waffenruhe in Israel?"

Auch um den Krieg im Gazastreifen geht es im Gespräch mit dem Kanzler. Samir Schatta, der etwas erhöht auf einem Barstuhl am Rand sitzt, kam 2015 aus Damaskus nach Dresden und macht mit seinem Verein Zeugen der Flucht antirassistische Arbeit an Schulen. Der 29-Jährige skizziert kurz das Grauen des Überfalls der Hamas auf Israel, das die monatelange Zerstörung im Gazastreifen jedoch nicht rechtfertige. Warum habe der Kanzler bisher keine klare Haltung dazu? „Warum sorgen Sie nicht für Waffenruhe?“

Samir Schatta erwartet vom Bundeskanzler ein klares Bekenntnis zum Frieden im Gazastreifen.
Samir Schatta erwartet vom Bundeskanzler ein klares Bekenntnis zum Frieden im Gazastreifen. © SZ/Veit Hengst

In den kurzen Momenten, bevor Scholz antwortet, ist es so ruhig im Raum, dass man die Klimaanlage hören kann. Israel habe das Recht, sich gegen den Angriff der Hamas zu verteidigen, sagt der Kanzler. Man habe aber auch immer gesagt: Es müssten die Regeln des internationalen Völkerrechts befolgt werden. Eine friedliche Perspektive ist für ihn eine Zwei-Staaten-Lösung. „Ganz konkret brauchen wir ziemlich zügig einen länger anhaltenden Waffenstillstand, der nicht nur sicherstellt, dass Geiseln freigelassen werden können, sondern dass es mit der humanitären Hilfe vorangeht.“

Deutlich wird Scholz zu Rafah: Genau wie der US-Präsident wolle er nicht, dass es zu einer großangelegten Offensive kommt. „Die humanitäre Katastrophe, die dann passieren würde, mag ich mir gar nicht ausmalen.“ Die Gäste stimmen ihm klatschend zu.

"Warum sollte ich über 40 Jahre arbeiten, wenn die Rente nicht reicht?"

„Mich treibt das Thema Altersarmut um“, sagt Lars Lukas Reiche. Täglich sehe er Rentner, die im Müll nach Pfandflaschen wühlten. „Warum sollte ich über 40 Jahre arbeiten, wenn für mich die Rente wahrscheinlich auch nicht reicht?“

Die Antwort des Kanzlers ist lang und wie oft an diesem Abend entwickelt sie sich vom Unkonkreten erst langsam zu konkreteren Aussagen. Oft beginnt Scholz mit einer Aufzählung dessen, was schon erreicht sei. In diesem Fall: Es gebe viel mehr Menschen in einer sicheren Beschäftigung als noch zur Jahrtausendwende. Es dauert etwas, bis Scholz bei diesem Satz, diesem Versprechen ankommt: „Wir werden ein stabiles Rentenniveau haben.“

Er erwähnt die Grundrente, die Aufstockung der Erwerbsminderungsrente, die zum ersten Mal ausgezahlt werde. Wichtig sei auch, dass alle mehr verdienten. Deshalb habe er sich dafür eingesetzt, den Mindestlohn auf 12 Euro anzuheben. „Das hat 6 Millionen Menschen ein höheres Gehalt beschert, gerade im Osten Deutschlands“, sagt Scholz. Gute Löhne seien die beste Versicherung gegen Altersarmut.

"Wie können wir als pädagogische Fachkräfte Unterstützung bekommen?"

Zweimal wenden sich Pädagoginnen mit ihren Fragen, oder vielmehr Sorgen, an Scholz. Für ein paar hämische Lacher sorgt, als Yvonne Lichnok mit den Worten beginnt: „Guten Abend, Herr Scholz, ich weiß, dass sie mit Bildung nur indirekt zu tun haben ...“Scholz bemerkt die versehentliche Doppeldeutigkeit nicht oder übergeht sie gekonnt, denn Lichnok hat ein ernstes Anliegen: „Ich komme von einer Schule aus dem ländlichen Bereich und es ist ganz, ganz schlimm.“ Sie sieht wegen des Fachkräftemangels die Chancengleichheit bei den Schülern in Deutschland nicht mehr gewährleistet. „Welche Reformen in der Bildungspolitik sind geplant?“

„Es ist völlig richtig, zu sagen, nur weil der Bund keine Handlungskompetenz hat, muss er sich nicht raushalten“, beginnt Scholz und skizziert seine Idealvorstellung: kostenlose Krippen und Kitas, Ganztagsangebote ... Auch bei diesem Thema nähert er sich wieder etwas umständlich dem, was er eigentlich sagen will: Der Bund habe ein Gesetz beschlossen, „damit es mit Ganztag in der Grundschule etwas wird“, Geld für die Digitalisierung von Schulen und Sanierung von Gebäuden bereitgestellt. Es gebe außerdem das Startchancen-Programm für Schulen mit einem hohen Anteil an sozial benachteiligten Schülern.

Natalie Trotzki (hinten Mitte) berichtet aus ihrer Erfahrung als Erzieherin, die bereits in drei Bundesländern gearbeitet habe. Überall sei die zentrale Frage: Wo bekommen wir Personal her?
Natalie Trotzki (hinten Mitte) berichtet aus ihrer Erfahrung als Erzieherin, die bereits in drei Bundesländern gearbeitet habe. Überall sei die zentrale Frage: Wo bekommen wir Personal her? © SZ/Veit Hengst

Doch er macht auch eine bedenkliche Rechnung auf: „Wenn jetzt alle Lehrerinnen und Lehrer, die wegfallen, ersetzt werden sollten, müssten sich zwischen 10 und 15 Prozent eines Abitur-Jahrgangs entscheiden, Lehrerin oder Lehrer zu werden.“ Es gehe also nur mit Quereinsteigern.

Zweimal spricht Scholz beim Thema Fachkräftemangel von einem großen „Unterhaken“, das nötig sei, auch als Europa-Erzieherin Natalie Trotzki fast fleht: „Wie können wir als pädagogische Fachkräfte endlich Unterstützung bekommen und nicht nur von den Trägern hören, Sie sind ja jung, Sie schaffen das schon?“

Typisch für Scholz‘ Antworten an diesem Abend ist auch sein ausdrücklicher Dank an alle, die sich sozial engagieren oder in sozialen Berufen arbeiten. „Lehrerin oder Lehrer ist man ja nicht, weil man nichts Besseres gefunden hat, sondern weil man den Leuten etwas beibringen möchte. Schönen Dank.“

"Wie schaffen Sie es, in den Sozialen Medien aktiver zu sein?"

Vielleicht die überraschendste Frage für den Kanzler ist auch die konkreteste: Warum folgen der AfD bei TikTok 190.000 Menschen – und der CDU nur 400? „Ich mache mir ganz große Sorgen, dass die kackbraune Soße über die Leute gegossen wird und die demokratischen Parteien einfach nicht existieren“, sagt Monika Reiche und erhält Applaus von den anderen Gästen. „Wie schaffen Sie es, in den Sozialen Medien aktiver zu sein?“

Der Kanzler gibt zu, dass die Zahlen stimmen. Die Bundesregierung diskutiere, TikTok beizutreten, um auf allen Kanälen präsent zu sein. „Ich halte das auch für richtig.“ Beim Thema Soziale Medien wird Scholz, der die ganze Zeit ruhig, sachlich und dadurch ein wenig unterkühlt antwortet, das erste Mal am Abend richtig nahbar. Eine Sache treibe ihn um, sagt er: „Wenn man früher im Kollegenkreis war, im Sportverein, in der Kneipe, was weiß ich, und jemand etwas erzählt hat, was gar nicht geht, haben die anderen gesagt: Das geht gar nicht, lass das, Kumpel.“ Dann habe derjenige das auch nicht weiter verfolgt.

Die Stimmung beim Kanzlergespräch in Dresden ist über die ganzen 90 Minuten entspannt und respektvoll.
Die Stimmung beim Kanzlergespräch in Dresden ist über die ganzen 90 Minuten entspannt und respektvoll. © SZ/ Veit Hengst

Heute fände er aber tausend andere weltweit, die ihm zustimmten. Wie man diesen Effekt wieder hinbekomme, „dass einem früher einer auf die Schulter geklopft und gesagt hat, ‚echt, Alter, das ist Quatsch‘“, das wisse er noch nicht. Wie bei allem im Leben komme es auch hier auf uns an. „Politik und Demokratie finden nicht im Fernsehen statt. Man muss auch mal widersprechen und so wie früher sagen: ‚Quatsch.‘“ Scholz‘ deutliche Worte werden mit lautem Applaus honoriert. Dann schnellen die Arme wieder hoch, bis zum Ende des Abends wollen die Gäste ihre vielen Fragen an den Kanzler loswerden.

"Ich habe Angst, dass die Wirtschaft den Bach runtergeht"

Noch einmal wird Scholz‘ Rede leidenschaftlicher, da geht es um das Thema Wirtschaft. Der Rentner Dieter Walther begrüßt Scholz mit „Moin, moin, Herr Bundeskanzler“ und dieser antwortet hanseatisch kurz: „Moin.“ „Ich habe Angst, dass das wichtigste Standbein eines Landes, die Wirtschaft, den Bach runtergeht“, sagt Walther, der Wirtschaftsminister Robert Habeck danach mehrfach nur als „Schriftsteller“ bezeichnet und ihm unterstellt, als solcher seinen Job nicht zu verstehen.

Scholz nimmt Habeck in Schutz, der geschafft habe, „dass viele Blockaden, die in diesem Land das wirtschaftliche Wachstum beeinträchtigt haben, jetzt weg sind“. Applaus für Scholz und einen abwesenden Wirtschaftsminister. Danach redet sich der Kanzler förmlich in Rage, als es um das Tempo beim Ausbau der erneuerbaren Energien geht. „Wir sind mit dem Bau der Leitungen, die für Gas notwendig sind, jahrelang im Verzug.“ „Jahrelang“ könnte man an dieser Stelle in Großbuchstaben schreiben, so sehr betont Scholz es.

Dieter Walther ist Rentner, "zum Glück", wie er sagt. Er sorgt sich um die deutsche Wirtschaft.
Dieter Walther ist Rentner, "zum Glück", wie er sagt. Er sorgt sich um die deutsche Wirtschaft. © SZ/Veit Hengst

Nun würden unheimlich viele Genehmigungen erteilt, die schon vor fünf oder sechs Jahren hätten erteilt werden müssen. „Das Genehmigen dauert viel länger als das Bauen.“ All diese Gesetze, die das behinderten, müsse man abschaffen. „Davon haben wir gefühlt schon 200 beseitigt.“ Entscheidungen sollen einfacher und schneller getroffen werden, verspricht Scholz.

Bei zwei Dingen habe das schon funktioniert: bei den Gesundheitsdaten und der Ankündigung für ein Pharmaforschungsgesetz. Beides führe dazu, dass nun viele Pharmaunternehmen in Deutschland investierten und Fabriken bauten.

"Wie soll ich meinem fünfjährigen Kind noch Zuversicht vermitteln?"

Die Stimmung im Stromwerk ist über die ganzen 90 Minuten des Kanzlergesprächs, das insgesamt zwölfte, entspannt und respektvoll. Es gibt keine Zwischenrufe, keine Störer, nicht einmal Ausdrücke von Unmut über Scholz‘ Antworten. Nur einmal ist kurz durch die Wände das Hupen und Tröten der Versammlung der rechtsextremen „Freien Sachsen“ am Wettiner Platz zu hören. Als die Demo mit unter 100 Teilnehmern endet, wird im Saal noch eine Stunde lang gesprochen.

Dabei hat Moderatorin Koebel offenbar keine andere Aufgabe, als Gäste auszuwählen, die als Nächste eine Frage stellen dürfen. Immerhin kommen dadurch so viele wie möglich zu Wort, 20 werden es am Ende sein, wobei Frauen und Männer, Jung und Alt abwechselnd Rederecht erhalten.

Louise Hummel-Schröter will vom Bundeskanzler wissen, was seine Grundsätze für eine gerechte Klima- und Umweltpolitik sind.
Louise Hummel-Schröter will vom Bundeskanzler wissen, was seine Grundsätze für eine gerechte Klima- und Umweltpolitik sind. © SZ/Veit Hengst

So schließt sich an den besorgten Rentner Louise Hummel-Schröter von der Naturschutzorganisation BUND an, die sich wiederum große Sorgen um Klima und Umwelt macht. „Ich frage mich immer, wie soll ich meinem fünfjährigen Kind eigentlich noch Zuversicht vermitteln?“ Die Bereitschaft der Menschen sei da, „aber nur unter der Voraussetzung, dass sie das Vertrauen und das Wissen haben, dass es gerecht zugeht“. Von Scholz will sie wissen, was seine Grundsätze für eine gerechte Klima- und Umweltpolitik sind.

Mit einem Beispiel, „das vielleicht diejenigen überzeugt, die nicht so Ihrer Meinung sind“, beginnt dieser und skizziert eine Welt im Jahr 2050 mit 10 Milliarden Bewohnern. Schon wenn diese so leben wollten wie wir im Jahr 1950: „Dann geht‘s schief.“ Scholz beschwört seine Vision von einem Deutschland, das als „großes, starkes Industrieland“ vorangeht und die Technologien entwickelt, „mit denen man 10 Milliarden Menschen gut leben lassen kann, ohne dass die Umwelt zerstört wird“. Es ist einer der Sätze, die im Gedächtnis bleiben könnten nach diesem Abend: „Wir wollen aus unserer Herausforderung die große Chance machen.“

Um Punkt 20 Uhr endet das Gespräch und Scholz versichert, dass er gerne gleich noch einmal 90 Minuten dranhängen würde – das sei spannender als so manches Interview. Doch für die Bürger, die gekommen sind, steht nun ein anderes Highlight an: ein Erinnerungsfoto mit dem Bundeskanzler. Brav und wie zuvor geübt wird sich dafür in einer Reihe aufgestellt, Olaf Scholz wartet freundlich lächelnd am Rednerpult, flankiert von je einem sehr großen, sehr ernst aussehenden Personenschützer. Die Schlange reißt lange nicht ab, ganz am Ende stellen sich noch die Feuerwehrleute an, die den ganzen Abend auf Bereitschaft waren. Zu löschen gab es nichts, so richtig heiß wurde es nicht.