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Sahra Wagenknecht spricht über Regierungsbeteiligung im Osten

Vor zweieinhalb Monaten vollzog die Bundestagsabgeordnete den Bruch mit der Partei die Linke. Jetzt ist ihr Konkurrenzprojekt startklar. Die neue Partei verfügt über 1,4 Millionen Euro Startkapital.

Von Thilo Alexe
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Sahra Wagenknecht (M) steht zusammen mit Amira Mohamed Ali (l) und Ralph Suikat (r) beim Gründungsakt der Partei "Bündnis Sahra Wagenknecht - für Vernunft und Gerechtigkeit" (BSW) in einem Berliner Hotel.
Sahra Wagenknecht (M) steht zusammen mit Amira Mohamed Ali (l) und Ralph Suikat (r) beim Gründungsakt der Partei "Bündnis Sahra Wagenknecht - für Vernunft und Gerechtigkeit" (BSW) in einem Berliner Hotel. © Bernd von Jutrczenka/dpa

Berlin. Die frühere Linkenpolitikerin Sahra Wagenknecht sieht auf ihre neue Partei Regierungsverantwortung zukommen. Bei der Pressekonferenz nach der formalen Gründung von "Bündnis Sahra Wagenknecht - Vernunft und Gerechtigkeit" (BSW) sagte sie am Montag in Berlin, im Zuge der drei ostdeutschen Landtagswahlen im Herbst sei eine Regierungsbeteiligung für die Partei nicht ausgeschlossen. "Also braucht man dort Menschen, die das können, die das Handwerk verstehen." Die Bundestagsabgeordnete zeigte sich zuversichtlich, dass es gelinge, in Thüringen, Sachsen und Brandenburg "solide" und "kompetente" BSW-Landeslisten zu präsentieren

Wagenknechts Partei will bereits im Juni zur Europawahl antreten. Ein gutes Ergebnis sei dann ein Signal für die Landtagswahlen im Herbst und die Bundestagswahl 2025 für einen Kurswechsel. Spitzenkandidaten für Brüssel sollen der ehemalige linke Bundestagsabgeordnete Fabio di Masi und der damals in der SPD aktive Ex-Oberbürgermeister von Düsseldorf, Thomas Geisel, werden.

Mit Blick auf die drei Landtagswahlen im Osten sagte Wagenknecht: „Also die Menschen erwarten, dass wir antreten. Und deswegen gehe ich eigentlich auch davon aus, dass wir das leisten.“ Es gehe allerdings darum, pro Land eine Liste mit 30 bis 40 Kandidatinnen und Kandidaten vorzulegen. Man sei im Gespräch "mit sehr respektablen, sehr renommierten Persönlichkeiten in diesen Bundesländern". Wagenknecht selbst will weder zur Europawahl noch zu einer der drei Landtagswahlen antreten und sich auf die Bundespolitik konzentrieren.

1,4 Millionen Euro Startkapital

Die Bundestagsabgeordnete wurde zur Vorsitzenden ihrer neuen Partei gewählt - in einer Doppelspitze mit der früheren Chefin der Linksfraktion, Amira Mohamed Ali. Stellvertretender Vorsitzender ist der Unternehmer und Hochschulprofessor Shervin Haghsheno, Generalsekretär der Bundestagsabgeordnete Christian Leye. Wagenknecht sprach in der anschließenden Pressekonferenz auf Nachfrage von einem "Schönheitsfehler", dass die Partei - mit ihrer Ausnahme - an der Spitze rein westdeutsch geprägt sei. Man wolle aber bei der Europawahl auch ostdeutsche Kandidaten präsentieren.

Das Bündnis Sahra Wagenknecht wurde zunächst als Verein gegründet, um die Partei vorzubereiten. Der Verein hat nach vorläufigen Berechnungen 1,4 Millionen Euro Startkapital für die Partei gesammelt, wie BSW-Schatzmeister Ralph Suikat dem Redaktionsnetzwerk Deutschland mitteilte.

Etwa 90 Prozent der Spenden seien kleinere Beträge, meldete das RND weiter. Ein Dutzend Zuwendungen lägen über 10.000 Euro. Insgesamt 12.500 Euro stammten aus dem Ausland, davon weniger als 5.000 Euro aus Nicht-EU-Staaten. Mit Bezug aus Russland seien zwei Spenden von insgesamt 75 Euro eingegangen. Kritiker werfen Wagenknecht eine Nähe zu Russland vor. Wagenknecht betont jedoch, es werde akribisch überprüft, dass kein russisches Geld an das BSW fließe.

In einer Insa-Umfrage für "Bild" vom Dezember kam das BSW auf bundesweit 12 Prozent - da die Partei noch gar nicht gegründet und das offizielle Programm unbekannt war, sind diese Umfragewerte aber mit besonderen Unsicherheiten verbunden.

Politisch vertritt Wagenknecht linke Positionen in der Wirtschafts- und Sozialpolitik - so fordert sie etwa eine stärkere Besteuerung hoher Einkommen und Vermögen. In der Migrations-, Russland- und Gesellschaftspolitik ähneln ihre Forderungen bisweilen denen der AfD. Zur Migration etwa lautet ihre Botschaft: "Deutschland ist überfordert, Deutschland hat keinen Platz mehr, Deutschland ist nicht länger bereit, Destination Nummer eins zu sein."

Wagenknecht sieht ihre Partei nach eigenen Worten auch als "seriöse Adresse" für Wählerinnen und Wähler der AfD. Eine Zusammenarbeit mit der Rechtsaußenpartei hat sie ausgeschlossen. Nach eigenen Angaben strebt sie Regierungsbeteiligungen an und könnte sich unter Umständen Koalitionen mit der Linken oder der SPD vorstellen. Die Grünen bezeichnet sie hingegen als "gefährlichste Partei" im Bundestag. (mit dpa)