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Verunsicherte Häuslebauer im Rödertal: "Früher gab es hunderte Interessenten, heute nur noch zehn"

Die Bundespolitik sorgt für Verunsicherungen bei Häuslebauern im Rödertal. Die Baugrundstücke bleiben leer. Investoren erklären, warum das so ist.

Von Siri Rokosch
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In Ottendorf-Okrilla, am Farrenberg, werden weiter Einfamilienhäuser gebaut. Allerdings überlegen Häuslebauer jetzt länger und viele warten ab bevor sie tatsächlich kaufen.
In Ottendorf-Okrilla, am Farrenberg, werden weiter Einfamilienhäuser gebaut. Allerdings überlegen Häuslebauer jetzt länger und viele warten ab bevor sie tatsächlich kaufen. © René Meinig

Rödertal. Im Rödertal gibt es einige Baugrundstücke für Einfamilienhäuser. Diese finden sich in Ottendorf-Okrilla, in Medingen und auch in Arnsdorf. In Wachau wird derzeit eher auf Wohnungsneubau gesetzt. Dort entstehen unter anderem im alten Rittergut und dem Schloss Wachau Eigentumswohnungen, welche bereits überwiegend verkauft sind.

Auf den leeren Baugrundstücken in Ottendorf-Okrilla und Mendingen hingegen hat sich im letzten Jahr nichts getan. Grund dafür sind die hohen Zinsen, die Inflation und auch die Bundespolitik, welche unter anderem Verbote von Öl- und Gasheizungen avanciert.

Von der EU kommt nun noch eine neue Gebäuderichtlinie hinzu, welche weitreichende Pflichten zur energetischen Modernisierung von Gebäuden vorsieht. Eigentümer älterer Häuser sollen dazu verpflichtet werden, mehr Geld in die Isolierung zu stecken, um auf diese Weise den Wärmeverlust und damit auch den Energieverbrauch zu senken. Das alles sorgt für eine hohe Unsicherheit bei Menschen, die sich ein Haus kaufen oder ein neues bauen wollen. Sächsische.de hat nachgefragt.

In Medingen bleibt Bauland leer

Am Eichelberg in Medingen sollten eigentlich elf kleine Einfamilienhäuser entstehen, extra klein für Familien aus der Stadt, welche gerne im Grünen wohnen wollen. Zudem war dort eine Seniorenresidenz geplant, es wurde nach einem Investor gesucht.

Doch Henryk Borchers von der VIVA Massivhaus GmbH ist enttäuscht. Seit einem Jahr ist das Grundstück erschlossen - verkauft wurde dort noch nichts. An dieser Situation habe nichts geändert. "Es werden momentan keine neuen Verträge abgeschlossen", sagt er gegenüber Sächsische.de.

Henryk Borchers vor dem Baugrundstück in Medingen am Eichelbarg. Hier hat sich noch nichts getan.
Henryk Borchers vor dem Baugrundstück in Medingen am Eichelbarg. Hier hat sich noch nichts getan. © Marion Doering

Zwar baue seine Firma gerade in Medingen ein Zwei-Familienhaus, ebenso in Heidenau und in Dresden, aber für den Eichelberg liegen die Anfragen bei null, so der Geschäftsführer der VIVA Massivhaus GmbH, Borchers, welcher auch in Baden-Württemberg baut: "Das ist aber nicht nur ein sächsisches Phänomen, denn auch unser Baugebiet in Baden-Württemberg findet seit einem Jahr keine Käufer."

Interessenten seien zwar da, aber die Rahmenbedingungen für eine Finanzierung haben sich drastisch geändert, erklärt Borchers: "So hat eine normale Familie mit 80.000 Euro Eigenkapital und einer möglichen Finanzierungsrate von 3.000 Euro leider selbst in Öhringen keine Chance auf einen Kredit."

Und auch die möglichen Investoren für das altersgerechte Wohnen in Medingen hätten sich leider zurückgezogen. Dennoch hofft Borchers, dass sie die Lage wieder entspannt und "dass alles kurzfristig wieder gut wird".

Fünf Interessenten für Bauplätze in Ottendorf

Für den Neubau eines Eigenheims Am Farrenberg in Höhe der Radeberger Straße 45 in Ottendorf-Okrilla interessieren sich derzeit fünf Familien - alle kommen aus Dresden. Von den insgesamt 27 Baugrundstücken auf dem Gelände waren bis Anfang Juni letzten Jahres 22 verkauft worden. Bisher ist seit dem keine weitere konkrete Kaufzusage erfolgt, sagt Immobilienmakler Philipp Alschwee auf Anfrage von Sächsische.de.

Die Leute seien momentan massiv verunsichert durch die politische Situation, empfindet er. Erst vor einigen Tagen sei ein Interessent noch in letzter Minute vom Kauf eines Grundstücks abgesprungen. "Wir hatten bereits die Finanzierung fertiggestellt", erzählt Alschwee.

"Früher gab es hunderte Interessenten, heute nur noch zehn", berichtet er. Durch die gestiegenen Zinsen seien einige Leute nicht mehr in der Lages sich eine Immobile leisten zu können, aber auch die Regierungspolitik bezüglich der Energiesparvorgaben sorge für Verunsicherung bei den Kunden, stellt der Makler fest. "Die Leute haben Angst. Wenn die Grünen mit Sanktionen drohen und ein Kostendruck entsteht, der nicht kalkulierbar ist, warten sie ab", erklärt Alschwee.

Warum sich ein Immobilienkauf trotzdem lohnt

Dennoch betont er, dass sich gerade jetzt der Kauf einer Immobilie lohne - insbesondere eines vom Bund vorgegebenen Energieeffizienz-Hauses der Typen KFW 40 oder KFW 55, denn die Zinsen würden sicherlich weiter steigen. Zudem habe Ottendorf-Okrilla eine sehr gute Infrastruktur und durch das neue Einkaufszentrum an der B97 werde die Gemeinde weiter attraktiv. 19 Minuten Fahrer er von Ottendorf bis nach Dresden-Neustadt, auch das sei ein Punkt, der für Häuslebauer interessant sei.

Die Lage wirke sich zudem auf die Preise für Grundstücke und Häuser aus, berichtet Alschwee: "Ich habe erst gestern ein Haus in Dresden verkauft. Der Preis dafür ist um 20 Prozent gefallen." Hier spiele aber derzeit die Lage eine entscheidende Rolle. Grundstücke innerhalb einer guten Infrastruktur, mit Bus- und Bahnanbindung, Lebensmittelläden und Kindergärten sowie Schulen, hätten sich preislich nicht verändert. "Häuser und Grundstücke in abgelegenen Regionen sind aber tatsächlich preiswerter als noch vor einem Jahr."

Die Zinsen für einen Kredit bei der Bank liegen derzeit bei um die vier Prozent, sagt Alschwee. Für ein Haus inklusive Grundstück im Gesamtwerkt von rund 500.000 Euro müssen Häuslebauer derzeit mit monatlichen Raten von rund 2.000 bis 2.500 Euro kalkulieren.

Fakt sei, die Nachfrage ist gesunken, Kunden müssten sich nicht mehr so schnell entscheiden, denn es stünden nicht mehr 15 Interessenten Schlage, sondern Familien haben nun Zeit, sich die Objekte in Ruhe anzuschauen und sich über die energetische Bauweise gründlich zu informieren. Extreme Preisaufschläge seien damit nicht mehr zu erwarten. Immobilien könnten zum Angebotspreis gekauft werden.

Arnsdorf setzt auf Mehrfamilienhäuser

In Arnsdorf hatten sich in den letzten Jahren viele Familien den Traum vom Eigenheim vor allem im Wohngebiet "Am Freizeitpark" erfüllt. Dort waren mehr als 50 Eigenheimplätze entstanden, nur noch wenige sind frei.

Damit sei derzeit auch eine gewisse Grenze erreicht, sagt Bürgermeister Frank Eisold (parteilos) Sächsische.de: "In den letzten zwei Jahren sind rund 200 Menschen nach Arnsdorf gezogen. Jetzt wollen wir in kleineren Schritten wachsen." Deshalb werde jetzt vor allem in die Mehrfamilienbebauung investiert.

So entsteht an der erweiterten Teichstraße ein neues Wohngebiet. Auf rund 8.000 Quadratmetern Fläche sollen Mietwohnungen und Kleingewerbeflächen erschlossen werden. Aktuell laufen dafür die Planungen, um einen Bebauungsplan erstellen zu können.