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Bürger kritisieren geplantes Gewerbegebiet zwischen Arnsdorf und Wallroda

Ein Gewerbegebiet größer als Wallroda? Entsprechende Pläne der Radeberger und Arnsdorfer Verwaltung sorgen aktuell für hitzige Debatten. Was kritisiert wird und wie es nun weitergeht.

Von Siri Rokosch & Verena Belzer
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Hier sollen nach Angaben der Gemeinde Arnsdorf die beiden Gewerbegebiete entstehen - Größe: rund 1,35 Millionen Quadratmeter.
Hier sollen nach Angaben der Gemeinde Arnsdorf die beiden Gewerbegebiete entstehen - Größe: rund 1,35 Millionen Quadratmeter. © Christian Juppe

Arnsdorf/Radeberg. Ungewöhnlich viele Einwohner sind zur jüngsten Sitzung des Arnsdorfer Gemeinderats gekommen. Grund war der Tagesordnungspunkt "Gewerbegebiet Radeberg Süd/Arnsdorf westlich der S 177". Eigentlich sollten die Räte der Erstellung eines entsprechenden Bebauungsplanes zustimmen. Doch so weit kam es nicht.

Gewerbegebiete ohne Interessenten?

Nach den Plänen der Stadt Radeberg und der Gemeindeverwaltung Arnsdorf sollen zwei neue Gewerbeflächen entstehen. So soll die große Ackerfläche am Berg hinter Großerkmannsdorf und am Rande von Kleinwolmsdorf künftig mittelständische Unternehmen beherbergen, und das auf einer Fläche von rund 95 Hektar - also größer als Wallroda insgesamt.

©  SZ-Grafik: Gernot Grunwald

Hinzu kommt ein weiteres Gebiet mit einer Größe von 40 Hektar. Dieses Gewerbegebiet ist zwischen Wallroda und Radeberg geplant.

Insgesamt seien das also 1,35 Millionen Quadratmeter Gewerbeland, rechnet der Kleinwolmsdorfer Arvid Samtleben vor und sagt: "Und das ohne Kunden." Er fragt sich, weshalb Radeberg nicht erst einmal Gewerbe auf dem Eschebach- beziehungsweise Robotrongelände ansiedle, denn dort seien die Böden bereits versiegelt. "Erst sollte man Ruinen abbauen und dann Acker versiegeln", fordert er, denn es seien sehr fruchtbare Böden.

Zudem gibt er zu bedenken: "Wenn so eine große Fläche Gewerbegebiet werden soll, wo wohnen dann die Mitarbeiter, wo gehen deren Kinder in die Kita und zur Schule?" Und: "Sollten sich große Firmen ansiedeln, bekommen sie in der Regel Fördermittel, und wenn die aufgebraucht sind, sind die Firmen auch schnell wieder weg, so wie damals bei Coca Cola in Radeberg." Er kenne niemanden, der die Pläne für so große Gewerbegebiete toll fände.

Auch Gemeinderätin Antje Vorwerk (Bürgerforum) betrachtet das Mega-Projekt intensiv und berichtet von Bürgern, die Bedenken äußern, dass sich das Dorf komplett verändern könnte. Auch kritisieren viele Arnsdorfer, dass sie zu spät in die Pläne einbezogen worden wären.

Bürgermeister: "Es ist nur ein Vorschlag an die Gemeinderäte"

Bürgermeister Frank Eisold (CDU) erklärt auf Nachfrage, dass es sich nur um ein Angebot handle. "Wenn die Gemeinderäte sich entscheiden, die Flächen für die Landwirtschaft zu erhalten, können sie das gerne machen. Sie sind die gewählten Vertreter unserer Einwohner. Ich mache Angebote und schlage Zukunftsideen vor, die Entscheidung obliegt den Räten und ich bin ihnen auch nicht böse, wenn sie ablehnen."

Hintergrund ist ein Bescheid des Freistaats Sachsen, wonach der Gemeinde Arnsdorf für die Aufstellung eines Bebauungsplans für die Gewerbegebiete Arnsdorf West - Radeberg Süd rund 468.500 Euro zur Verfügung gestellt werden. Wie das Staatsministerium für Regionalentwicklung mitteilt, bekomme die Stadt Radeberg für ihren Teil des Gewerbegebiets reichlich 200.700 Euro. Dazu sollte nun in Arnsdorf ein Aufstellungsbeschluss gefasst werden, um einen B-Plan erstellen zu können.

Doch dazu kam es im Arnsdorfer Gemeinderat nicht, denn die dafür nötige Haushaltssatzung konnte wegen zweier Einwände von Bürgern noch nicht beschlossen werden. Das ist aber nötig, um die zukünftigen Kosten, also die Eigenmittel der Gemeinde von 20 Prozent, überhaupt "benennen zu können", erklärt der Bürgermeister. Zunächst muss Arnsdorf nun also seinen Haushalt ordnungsgemäß bestätigt bekommen, bevor das Thema Gewerbegebiet überhaupt erneut auf die Tagesordnung kommen kann.

Nun wird eine Einwohnerversammlung geplant

In der kommenden Woche soll ein Termin für eine Einwohnerversammlung bekannt gegeben werde. Dafür werde momentan noch nach einem geeigneten Saal gesucht, berichtet Bürgermeister Eisold.

Welche Firmen bislang Interesse an den beiden riesigen Gewerbegebieten bekundet haben, sagt Eisold nicht. Es seien "immer mal wieder Anfragen von mittelständischen handwerklichen Betrieben gekommen", große Chipindustrie schließt er aber aus. Ob nicht die urbanen neuen Flächen an der erweiterten Teichstraße und dem ehemaligen Heizkraftwerk ausreichen würden, verneint Eisold - dort könnten sich nur kleine Gewerke wie Rechtsanwälte, Frisöre, Bäcker und ähnliches ansiedeln. Anfragen für die neu geplanten Flächen kämen von Firmen mit 30 bis 40 Mitarbeitern, die auch Lärm, zum Beispiel durch Gabelstaplerverkehr, verursachen würden.

Aktuell sind die Flächen für das geplante Gewerbegebiet überwiegend in privater Hand. Mit den Besitzern sollen im Rahmen des B-Planes noch Gespräche geführt werden. Zudem müsse ein sogenanntes Zielabweichungsverfahren bei der Landesdirektion in Dresden beantragt werden, denn bisher sind beide Flächen als Ackerland und Grünstreifen gelistet - und eben nicht als Gewerbegebiete vorgesehen.

Antje Vorwerk kündigt unterdessen an, bei der nächsten Vorlage zu dem Thema eine namentliche Abstimmung im Gemeinderat zu beantragen. Es sei wichtig, die Öffentlichkeit bei einem so großen Projekt mit einzubeziehen, betont sie. Andere Einwohner erwägen sogar einen Bürgerentscheid.

Radeberg will kommenden Woche abstimmen

Das große Gewerbegebiet ist am kommenden Mittwoch auch Thema im Radeberger Stadtrat - hier wird jedoch anders als in Arnsdorf mit einer Entscheidung gerechnet. Und zwar mit einer positiven. Obwohl es auch in Radeberg sehr kritische Stimmen zu den Plänen gibt, überwiegt wohl die Mehrheit, die dafür ist, das Verfahren für einen entsprechenden Bebauungsplan einzuleiten.

Die Kritik entzündet sich in Radeberg vor allem an der Größe des Gebiets. Von "Größenwahn" ist da aus den Reihen des Stadtrats zu hören. Andere äußern sich dahingehend zurückhaltend, dass sie es für eher unwahrscheinlich halten, dass die Behörden den Plänen überhaupt zustimmen. Immerhin ist das Gebiet aktuell eindeutig als Grünzug mit landwirtschaftlicher Nutzung ausgewiesen.