Radeberg
Merken

Lungenkranke Radebergerin hofft auf Spenderorgan: "Wie viele Jahre muss ich warten?"

Die Radebergerin Gitte Kesternich leidet an einer seltenen und unheilbaren Lungenkrankheit, die ihr Leben stark einschränkt. Für eine mögliche Transplantation hat sie 20 Kilogramm abgenommen. Doch das Warten zehrt an ihren Nerven.

Von Verena Belzer
 4 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Gitte Kesternich hat schon über 20 Kilo abgenommen - nun hofft sie, auf die Warteliste für eine Lungentransplantation zu kommen.
Gitte Kesternich hat schon über 20 Kilo abgenommen - nun hofft sie, auf die Warteliste für eine Lungentransplantation zu kommen. © René Meinig

Radeberg. Es ist eine brutale Krankheit, an der Gitte Kesternich leidet. Eine seltene Krankheit. Nur 200 Menschen in ganz Deutschland sind davon betroffen. Dass auch sie an Lymphangioleiomyomatose - kurz LAM - erkrankt ist, weiß die Radebergerin erst seit einem Jahr. Die Diagnose, gestellt von der Lungenfachklinik in Coswig, war eine Erlösung. Und gleichzeitig niederschmetternd. LAM ist nicht heilbar. Man kann die Krankheit nicht aufhalten, nur ihren Verlauf verlangsamen.

Bei LAM vermehren sich gesunde Zellen sehr stark. Zu stark. Sie verdrängen gesundes Gewebe. Als Mitte-Dreißigjährige musste Gitte Kesternichs Gebärmutter entfernt werden. Sie war voller Zysten. Ein paar Jahre später entfernten Ärzte Geschwülste aus ihrem Bauchraum. Die OP dauerte 12 Stunden. Und nun ist die Lunge betroffen.

20 Kilo Körpergewicht verloren

Gitte Kesternich, eine gebürtige Dresdnerin, wird permanent mit Sauerstoff versorgt, das tägliche Leben fällt ihr schwer. Ihr Radius ist stark eingeschränkt. "Dieses Sterben auf Raten ist furchtbar", hatte sie gegenüber Sächsische.de im vergangenen Jahr gesagt.

Doch dann keimte Hoffnung. Weil sich ihre Situation binnen kurzer Zeit noch einmal drastisch verschlechtert hatte, stand auf einmal die Möglichkeit einer Lungentransplantation im Raum. Dafür sollte die Radebergerin 20 Kilo abnehmen. Denn klar ist: Je fitter ein Patient in eine solche schwere Operation geht, desto höher sind die Erfolgschancen. Nun hat die 46-Jährige ihr Gewicht wie gefordert dank eisernen Disziplin und einer Ernährungsumstellung reduziert - doch wann bekommt sie endlich eine neue Lunge? Das Warten und die Unklarheit stellen Gitte Kesternichs Geduld auf die Probe.

Auch kurze Wege werden zur Belastung

Den Januar hat Gitte Kesternich an der Ostsee verbracht. Auf Reha in Heiligendamm - eine Maßnahme, die die Rentenkasse gefordert hatte. Die Radebergerin kann seit vergangenem Jahr nicht mehr arbeiten und ist krankgeschrieben.

"Die Reha war schön und hat Kindheitserinnerungen geweckt", erzählt Gitte Kesternich. "Aber sie hat mir auch gezeigt, was ich eigentlich alles nicht mehr kann." Diese Erfahrung sei hart für sie gewesen. Der Therapieplan sei von Woche zu Woche weniger voll gewesen. "Das meiste konnte ich einfach nicht", sagt sie. "Selbst die wenigen Meter zum Strand habe ich kaum geschafft."

Was sie jedoch genossen habe, seien die sozialen Kontakte gewesen. Der Tapetenwechsel. Mal etwas anderes sehen. Andere Menschen treffen. "Viele Patienten hatten Long Covid", erzählt Gitte Kesternich. "Das hatten die Ärzte anfangs ja auch bei mir vermutet." Und in ihrer typischen, lebensbejahenden und positiven Art sagt sie dann: "Ich kann ja noch froh sein, dass man bei mir wenigstens weiß, was hilft. Eine neue Lunge nämlich." Doch noch ist völlig unklar, wann eine Transplantation stattfinden kann.

"Ich bin 46, ich habe noch Ziele"

"Die Ärzte in der Reha haben in meinen Abschlussbericht geschrieben, dass sie eine Lungentransplantation klar empfehlen", berichtet die 46-Jährige. Doch der Weg dahin ist möglicherweise noch lang.

"Alles, was ich tun kann, habe ich getan. Ich habe schon mehr als 20 Kilogramm abgenommen." Nun liegt es an ihren behandelnden Ärzten, wie es weitergeht. Möglicherweise müssen ihre medizinischen Werte erst noch einer längeren Kontrolle unterzogen werden, bis eine Operation infrage kommen kann. "Wie viele Jahre muss ich warten und so weiterleben, bis etwas passiert?", fragt Gitte Kesternich. "Ich bin 46, ich habe noch Ziele." Mit einer neuen Lunge wolle sie wieder arbeiten gehen, an ihr altes Leben anknüpfen. "Natürlich habe ich Angst, dass ich es bis zu einer Transplantation nicht schaffe", sagt sie. "Ich will nicht noch jahrelang an Schläuchen in meiner Wohnung dümpeln und im Bett liegen."

Bewertungsbogen entscheidet darüber, ob man auf die Spenderliste kommt

Diese Wartezeit zu überstehen, das sei psychisch eine enorme Herausforderung. "Natürlich weiß ich um die Knappheit an Spenderorganen", sagt Gitte Kesternich. "Aber ein erster Schritt wäre es erst einmal, auf diese Liste zu kommen. Das würde mir schon sehr helfen."

Denn eines ist klar: Ihre Lunge wird sich nicht regenerieren. Im Gegenteil. Die Krankheit wird sich weiter ausbreiten und Gitte Kesternichs Leben mehr und mehr einschränken. "Die Kontrolle über das eigene Leben abgeben, nichts beeinflussen zu können, das ist sehr hart. Jetzt kann ich nichts anderes machen, als abzuwarten."

Laut Lungeninformationsdienst werden die Spenderorgane anhand eines speziellen Bewertungsbogens vergeben. Dabei werden verschiedene Informationen erfasst, darunter Alter, Größe, Gewicht, Laborwerte, Untersuchungsergebnisse, Art der Lungenerkrankung und Schweregrad der Lungenfunktionsstörung, der Sauerstoffbedarf, die Nierenfunktion und die Fähigkeit, Tätigkeiten des täglichen Lebens auszuführen.

Wie lange es dauert, bis einem Patienten eine Spenderlunge angeboten wird, hängt demnach von vielen Parametern ab, sodass eine generelle Aussage zur Wartezeit bei Lungentransplantationen kaum möglich sei. Größe, Blutgruppe und verschiedene Gewebemerkmale des Spenderorgans müssen zum Empfänger passen.