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Mit der App "Too Good To Go" im Rödertal Schnäppchen machen

Um der Lebensmittelverschwendung Einhalt zu gebieten gibt es seit 2016 eine App mit dem Namen "Too Good To Go". Damit können Menschen auch im Rödertal richtig Geld sparen. Wie das funktioniert.

Von Siri Rokosch
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Mit der App "Too good to go" können Kunden Lebensmittel-Überraschungstüten für weniger Geld erwerben. Das geht auch im Rödertal.
Mit der App "Too good to go" können Kunden Lebensmittel-Überraschungstüten für weniger Geld erwerben. Das geht auch im Rödertal. © PR/Haebmau AG

Rödertal. Was machen Lebensmittel-Hersteller und Verkäufer eigentlich mit Waren, die nicht verkauft werden? Einige spenden an die Tafel oder den Radeberger Tisch, andere werfen sie schlicht weg. Doch es gibt eine weitere Lösung, die sowohl den Kunden als auch den Händlern und Produzenten von Lebensmitteln zugute kommt: die App "Too Good To Go". Dabei erhalten Kunden sogenannte Überraschungstüten mit Waren, die zu schade sind, um weggeworfen zu werden. Bislang beteiligen sich im Rödertal an dieser Art der Nachhaltigkeit sieben Unternehmen.

Was ist das für eine App?

Daniela Beron, Pressesprecherin von der "Haebmau AG" in München, die diese App in Deutschland betreut, erklärt: "Seit dem Launch der App im Jahr 2016 ist 'Too Good To Go' mittlerweile in 17 Ländern und auf zwei Kontinenten, in Europa und Amerika, aktiv. Die wachsende Community von über 75 Millionen registrierten Nutzern und 134.000 aktiven Geschäftspartnern hat es geschafft, mehr als 200 Millionen Mahlzeiten vor der Mülltonne zu bewahren - das entspricht 500.000 Tonnen CO2e." CO2e heißt in Worten "Kohlenstoffdioxid-Äquivalente" - eine Maßeinheit, um die Wirkung verschiedener Treibhausgase miteinander vergleichen zu können.

In Deutschland würden derzeit zehn Millionen Menschen diese App nutzen, um Lebensmittelschnäppchen zu machen, sagt Beron.

Somit seien bereits 25 Millionen Mahlzeiten in Deutschland vor der Verschwendung gerettet worden. "Diese Ersparnis entspricht 62.500 Tonnen CO2e oder 379 Jahre durchgehend heiß duschen", erklärt die Sprecherin weiter.

Wie funktioniert die App?

Für den Betrieb ist die Registrierung bei "Too Good To Go" für Unternehmer kostenlos. "Sobald über die App Lebensmittel verkauft wurden, fällt eine Jahresgebühr an. Die Jahresgebühr beträgt 39 Euro, muss jedoch nicht an 'Too Good To Go' gezahlt werden, sondern wird mit den ersten Verkäufen gegengerechnet", erklärt Beron.

Pro verkaufter Überraschungstüte werde dazu noch eine kleine Provision berechnet. Die Höhe der Provision hänge davon ab, wie viel die Überraschungstüte wert ist. Kunden laden sich die App einfach auf das Smartphone und sehen dann, welches Geschäft heute Überraschungstüten anbietet. Dort sind auch die Preise dafür aufgelistet und angegeben, wann die Tüte wo abgeholt werden kann. Der Kunde bezahlt direkt per App und zeigt dann beim Abholen einen Code vor, der bestätigt, dass er die Tüte bezahlt hat.

Wer macht mit im Rödertal?

Im Rödertal bieten derzeit folgende Unternehmen die Überraschungstüten per "Too Good To Go" an: die Tankstellen Total in Ottendorf-Okrilla und Aral in Radeberg an der Badstraße, die Bäckerei & Konditorei Gnauck, Edeka "Scheller", Netto, das Bistro Vital und künftig auch der neue Rewe an der B97 in Ottendorf, verriet bereits vorab der Betreiber Fritz Starke.

Alexander Pfund von der Aral-Tankstelle in Radeberg sagt, dass er die App seit etwa einem dreiviertel Jahr anbiete: "Wir verkaufen damit Bistro- und Shopwaren, belegte Brötchen, Muffins, Frikadellen, Knacker, Minihaxen. Nur Zigaretten und Alkohol sowie Pfandartikel gibt es nicht." Darüber hinaus gibt es Überraschungstüten mit Süßigkeiten wie Schokoriegel, Proteinriegel oder auch Chips. Die Tüte kostet 3,50 Euro, per App werde festgelegt, wann die Kunden die Tüten abholen können. Bezahlt wird per Paypal.

"Überwiegend befinden sich Produkte im Warenwert zwischen 10,50 und 11,50 Euro in den Tüten", sagt Pfund. Diese für 3,50 Euro zu bekommen, kann man schon als Schnäppchen betrachten. Pro Tag würden in der Aral-Tankstelle an der Badstraße zwischen fünf und zehn Tüten maximal per "Too Good To Go" angeboten.

Was bietet Edeka "Scheller" zum günstigeren Preis?

Bei Edeka "Scheller" in Radeberg und An der Ziegelei wird die App seit Herbst letzten Jahres benutzt. Elise Wohlgemuth, unter anderem verantwortlich für das Marketing bei Edeka "Scheller", sagt, dass es eigens Mitarbeiter gibt, die sich darum kümmern, welche Waren per App angeboten werden. "Diese stimmen ab, was ist an Ware übrig ist. Meist haben diese nur Schönheitsflecke oder ist kurz vor dem Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums."

Bei Edeka gibt es jeden Tag verschiedene Tüten. Eine ist mit Obst und Gemüse gefüllt, Kosten dafür: vier Euro. Weitere Tüten beinhalten Produkte aus der Kühltheke. Diese kosten 3,50 Euro. Denselben Preis zahlen Kunden für die Überraschungstüte, in der sich Artikel aus dem gesamten Sortiment befinden. Dazu wird noch eine Gastrotüte angeboten, wo Kunden Salate aus der Salatbar und fertige Salate finden. Diese gibt es ebenfalls für 3,50 Euro. Meist sind fünf bis acht Produkte in den Tüten.

"Wir bekommen ganz klar mit, was weggeschmissen wird", sagt Wohlgemuth, denn die Auflagen und Kontrollen, denen Edeka unterliegt, würden die Lebensmittelverschwendung gerade hier offenlegen. "Seit wir die App benutzen, ist das stark zurück gegangen", betont sie. Die Kunden wüssten, dass sie die Produkte schnell verzehren müssten und seien darauf eingestellt, dass der Apfel vielleicht einen "Gungser" haben könnte, berichtet die Edeka-Sprecherin.

Die Tüten würden sehr gut bei den Radeberger Kunden ankommen, sagt sie: "Meist sind sie binnen Minuten ausverkauft." Verpackt würden die Tüten bereits am Nachmittag, abgeholt werden können sie zwischen 18 und 20 Uhr. Sie könne die App anderen Unternehmern empfehlen, denn es sei erstaunlich, was alles übrig bleibt und somit nicht mehr weggeworfen werden müsse.

Was steckt die Bäckerei Gnauck in die Tüte?

Auch Marlon Gnauck, von der gleichnamigen Bäckerei in Ottendorf-Okrilla, hat die App für sich und seine Kunden entdeckt. "Wir haben seit Anfang 2019, als wir begannen die App zu nutzen, knapp 2.000 Tüten verkauft - und das macht 4,88 Tonnen Co2-Ersparnis", sagt er.

Grundlegend gebe es täglich zwei Tüten, sagt Gnauck: "Aktuell sind wir soweit, dass die Tüten am Vortag bis 18 Uhr freigeschaltet werden und zwischen 18 und 19 Uhr sind sie dann meist schon verkauft."

Am nächsten Tag holen die Kunden die Tüten gegen 17 Uhr ab. "Der Vorlauf bei der App ist immer ein Tag. Das legt aber die App fest", erklärt der Geschäftsführer und betont, dass es auch künftig nicht mehr Überraschungstüten geben wird, denn: "Bei uns steht die Tafel ganz oben auf der Liste, das ist Grundversorgung für Menschen, die es sich nicht leisten können. Die App ist etwas für Schnäppchenjäger, die etwas Gutes tun wollen", so Marlon Gnauck.

Die Tüten kosten bei ihm 4,80 Euro und beinhalten überwiegend Brote, Brötchen, Baguettes und Kleingebäck - und "wenn man Glück hat auch ein Stück Kuchen", lächelt der Bäcker.