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Warum ein Boxdorfer seit drei Jahren auf seine Jalousien wartet

Der Boxdorfer Sven Junge ging bei seiner Haussanierung für den Einbau von Jalousien im Jahr 2020 in Vorkasse. Ein Fehler, wie sich herausstellte - denn ausgeführt wurden die Arbeiten bis heute nicht. Wie es nun weitergeht.

Von Ines Mallek-Klein
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Sven Junge saniert seit 2020 das Haus seiner Großeltern. Die neuen Fenster sind eingebaut, aber die Jalousien fehlen - seit drei Jahren.
Sven Junge saniert seit 2020 das Haus seiner Großeltern. Die neuen Fenster sind eingebaut, aber die Jalousien fehlen - seit drei Jahren. © Norbert Millauer

Moritzburg. Wenn Sven Junge am Tresen in seiner Küche sitzt und seinen Kaffee trinkt, ist sein Ärger mit einem Handwerker immer präsent. In die Küche führen zwei Türen. Eine davon hat eine Glasscheibe. Man sieht ihr auf den ersten Blick nicht an, dass sie unfertig ist. Aber Sven Junge weiß, was er an dieser Stelle geplant hatte. "Wir leben seit zwei Jahren mit dem Provisorium", sagt der 48-Jährige.

Und es ist nicht das Einzige in dem hübschen Einfamilienhaus im Moritzburger Ortsteil Boxdorf. Das Grundstück liegt am Ortsrand, direkt an der Grenze zum Landschaftsschutzgebiet. Der Ausblick ist unverbaubar. Er stellte den Postangestellten aber auch vor einige Herausforderungen bei der Sanierung des Hauses.

Das gehörte ursprünglich seinen Großeltern. Aufgewachsen ist der Sven Junge im Nachbarhaus, keine zwei Steinwürfe entfernt. 2010 habe ihn sein Großvater gefragt, ob er das Haus übernehmen wolle. Sven Junge sagt ja. Und 2016 begann das Abenteuer. In den 1960er-Jahren erbaut, war das Gebäude sanierungsbedürftig. Der junge Eigentümer hätte gerne den Grundriss verändert, um mehr Wohnraum zu schaffen. Doch das ließ das Bauamt nicht zu. Also trug man das Obergeschoss ab und baute neu - in die Höhe.

Ein Planer aus Weinböhla sollte die Bauleitung übernehmen. Er sagte kurzfristig ab, so das Sven Junge selbst aktiv wurde, Material bestellte und die verschiedene Gewerke koordinierte. "Das war eine spannende und sehr lehrreiche Erfahrung für mich, nochmal würde ich es trotzdem nicht machen wollen", sagt er rückblickend. Mit den Handwerksfirmen habe er durchweg gute Erfahrungen gemacht. Mit einer Ausnahme und das ist eine Tischlerei aus dem benachbarten Rähnitz. Ein Bekannter hat Sven Junge das Unternehmen empfohlen. Es sollte die Außen- und Innentüren einbauen, zum Auftrag gehörten auch die Fenster und die Jalousien.

Glas ist nie bestellt worden

2020 hat Sven Junge mit der Sanierung seines Hauses begonnen, noch vor Corona, nachdem bereits ab 2016 mit dem Bauamt gesprochen worden war. Alles lief nach Plan. Auch die Fenster wurden pünktlich eingebaut, allerdings ohne Jalousien. Dafür muss das Haus erst frisch verputzt und gestrichen sein, sagt der Geschäftsführer der kleinen Dresdner Tischlerei.

Das war dann Anfang 2021 so weit. "Ich habe immer wieder versucht, einen Termin für den Einbau auszumachen, oder ich bekam keine Antwort", erinnert sich Sven Junge. Stattdessen gab es Ausflüchte. Auch bei der Kellertür, die bis heute fehlt. Sie soll der Zulieferer der Tischlerei seitenverkehrt gebaut haben. Und die Glasscheibe der Küchentür sei bei der Abholung kaputt gewesen.

Mittlerweile weiß Sven Junge, das neue Glas für die Küchentür ist nie bestellt worden, er hat bei dem Glaslieferanten angerufen. Und ob es jemals eine Bestellung für die sieben Jalousien gab? "Ich habe da meine Zweifel, aber beweisen kann ich nichts", so der junge Bauherr. Er ärgert sich, über die Tischlerei Schneider, aber auch ein Stück über seine eigene Gutgläubigkeit.

Als der Geschäftsführer ihn bat, auch für die letzten Leistungen in Vorkasse zu gehen, erfüllte Sven Junge die Bitte und überwies einen vierstelligen Betrag. Und es passierte wieder nichts. Mittlerweile weiß Sven Junge auch warum. Das Handwerksunternehmen war schon lange in wirtschaftlicher Schieflage, konnte selbst seinen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen und meldete im Februar vor einem Jahr Insolvenz an.

Kein weiterer Sommer ohne Sonnenschutz

Betreut wird es von einer Kanzlei aus Dresden. Die hat mit Sven Junge allerdings keinen Kontakt aufgenommen. Warum auch. Junge hatte ja bereits seine Abschlussrechnung erhalten. Beim Blick in die Bücher schien der Auftrag abgearbeitet und erledigt zu sein. Tatsächlich hat der Bauherr aber rund 6.000 Euro im Voraus bezahlt, für die er bis heute noch keine Gegenleistung erhalten hat. Er wird damit zum Gläubiger gegenüber der Tischlerei und hat seine Forderungen nachträglich in die Insolvenztabelle eintragen lassen.

Selbst wenn er einen kleinen Teil seines Geldes zurückbekommt, er braucht Geduld. Vor 2025 wird keine Entscheidung fallen, das habe man ihm vonseiten der Insolvenzverwaltung schon signalisiert, sagt Sven Junge.

Er habe immer wieder versucht, den Chef der Tischlerei zu erreichen, doch reagiert werde weder auf Anrufe, Mails noch Briefe. Der Letzte wurde am 8. Dezember 2023 an ihn verschickt, mit der Bitte innerhalb von 14 Tagen zu reagieren. Weil wieder nichts passierte, erwägt Sven Junge nun eine Anzeige gegen den Tischlereichef wegen arglistiger Täuschung.

Am Telefon bedauert der die Ereignisse. Er habe selbst große Außenstände von Kunden, die seine Leistungen nicht bezahlt hätten, sagt Geschäftsführer G. Dann sei auch noch die Coronazeit dazwischen gekommen. "Mir ist es sehr wichtig, das wir die Dinge aus der Welt schaffen und die Baustelle von Sven Junge beenden", so Herr G. Er und sein Team arbeiten weiter.

Die Insolvenz sei aber die Möglichkeit, finanzielle Altlasten loszuwerden. Rein rechtlich wurde damit ein Schnitt gemacht, wurden alle Geschäftsverhältnisse aus vergangenen Jahren abgehakt - so auch das Projekt bei Sven Junge. Er wolle sich trotzdem kommende Woche bei dem Bauherrn melden und ihm eine Lösung anbieten, verspricht der Chef der Tischlerei. Unterdessen hat Sven Junge schon eine andere Firma gebeten, das Aufmaß zu machen. "Im Winter sind die Jalousien schön, aber im Sommer, wenn hier die Sonne reinscheint, sind sie fast noch wichtiger", so Sven Junge. Und noch einen Sommer ohne den Sonnenschutz will er auf keinen Fall erleben.