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Radebeul will Neubau des Karl-May-Museums umsetzen

Die Stadt Radebeul übernimmt die Erweiterung des Karl-May-Museums. Sie baut das neue Gebäude und kümmert sich um die Förderung. Dies sei mit großen Risiken verbunden, sagen Kritiker.

Von Silvio Kuhnert
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Seit 2017 hat der Bund für den geplanten Neubau des Karl-May-Museums an der Meißner Straße Fördermittel reserviert. Doch nun läuft die Zeit ab, um diese abzurufen.
Seit 2017 hat der Bund für den geplanten Neubau des Karl-May-Museums an der Meißner Straße Fördermittel reserviert. Doch nun läuft die Zeit ab, um diese abzurufen. © Karl-May-Stiftung/aT2 Architekte

Radebeul. Diese Entscheidung sorge für Bauschmerzen, war eine Aussage, die auf der jüngsten Stadtratssitzung in Radebeul wiederholt fiel. Was bei den Lokalpolitikern ein Grummeln auslöst, ist die Übernahme der sogenannten Bauherrschaft für den Neubau des Karl-May-Museums durch die Stadt. Sie wird sich bei Bund und Land nicht nur um die Anträge für die zugesagten Fördermittel und deren Abrechnung kümmern, sondern das neue Empfangsgebäude an der Meißner Straße auch bauen.

6,5 Millionen Euro sind für den Neubau veranschlagt. Bund und Land wollen jeweils einen Zuschuss von rund 2,7 Millionen Euro geben. Die Lößnitzstadt hat eine Million Euro, verteilt auf vier Jahre, in ihren Haushalt eingestellt. Von der Karl-May-Stiftung, dem Träger und Betreiber des Museums, kommen 56.000 Euro. Die Stadt übernimmt das Grundstück an der Ecke Meißner Straße, Schildenstraße, auf dem der Museumsneubau errichtet wird, in Erbbaurecht für 33 Jahre. "Wird das Museum nicht bis Mitte des Jahrhunderts betrieben, droht der Stadt eine Rückzahlverpflichtung der Fördermittel", mahnte Grünen-Stadtrat Oliver von Gregory an.

Letzte Chance zur Modernisierung

AfD-Stadtratsfraktionschef René Hein wählte drastischere Worte: "Das ist ein Scheißgeschäft." Die Risiken, mit denen der geplante Neubau verbunden sei, werden vergesellschaftet. "Die Stiftung ist raus", so Hein. Eine Sorge, die er mit anderen Stadträten teilt, ist, dass das Bauvorhaben wegen Inflation und steigender Baupreise nicht in dem angedachten Budget bleibe, sondern die Kosten steigen. Die Mehrkosten, die die Bausumme von 6,5 Millionen Euro übersteigen, muss die Stadt Radebeul tragen und allein bezahlen. "Aber haben wir eine Alternative?", fragte Hein.

"Es ist die Chance, dass Museum ins 21. Jahrhundert zu bringen", sagte Baubürgermeister Jörg Müller (parteilos). Und die Betonung liegt auf "die", denn eine derartige Förderung wird sich nicht wieder bieten. Die jetzigen Lagerräume werden beispielsweise der Indianersammlung nicht gerecht und die Kulturgegenstände und Kleidungsstücke der indigenen Völker Nordamerikas drohen Schaden zu nehmen, wenn sich hier nichts ändert. Neben einem Depot wird der geplante Neubau den neuen Eingangsbereich zum Museum und zusätzliche Ausstellungsfläche bieten.

Rund 20 Jahre ist die Idee zur Museumserweiterung alt. Sie beinhaltet auch eine Sanierung der Villen "Shatterhand" und "Bärenfett" sowie eine Überarbeitung der Ausstellung über Leben und Werk von Karl May (1842-1912) sowie der Ureinwohner Nordamerikas. Bis zum Jubiläum des 100-jährigen Bestehens 2028 sollen Museumsgebäude und Ausstellung im neuen Glanz erstrahlen. Rund 8,5 Millionen Euro sind an Gesamtkosten veranschlagt.

Stadt kümmert sich nur um den Neubau

Der ehemalige Bundestags- und Wahlkreisabgeordnete Thomas de Maizière (CDU) hat sich in Berlin um Fördermittel bemüht. Seit 2017 liegen diese bereit. Die über 2,7 Millionen Euro sind nur für den Neubau bestimmt, nicht für die Villen "Shatterhand" und "Bärenfett". Der Freistaat Sachsen beteiligt sich mit einer Summe in gleicher Höhe, die er in seinem aktuellen Haushalt eingestellt hat. Aus Berlin erreichte die Karl-May-Stiftung im Frühjahr dieses Jahres die Nachricht, dass bis Ende 2023 ein Fördermittelantrag eingereicht werden muss. Wenn nicht, geht die Förderung verloren. Die Summe wird nach Jahresende nicht länger für die Museumserweiterung reserviert, wenn kein nennenswerter Fortschritt bei dem Projekt nachgewiesen wird.

Die Karl-May-Stiftung wird ehrenamtlich geführt. Sie könne die Antragstellung und Bauleitung nicht allein stemmen. Denn die Anforderungen, die der Bund an derartige Vorhaben stellt, toppen die des Landes um ein Weites. Selbst die Stadtverwaltung stoße hier fast an ihre Grenzen, sagte Oberbürgermeister Bert Wendsche (parteilos). Deshalb springt die Lößnitzstadt nun für die Stiftung in die Bresche. "Wir signalisieren dem Bund die Sicherheit, dass seine Fördermittel ordentlich verbaut werden", ergänzte Baubürgermeister Müller. Das Museum sei eine der wichtigsten touristischen Destinationen, wenn nicht sogar die wichtigste in der Stadt. "In Deutschland verbindet man Radebeul mit Karl May", so Müller.

Größtes Bauprojekt in der Geschichte der Stiftung

In namentlicher Abstimmung votierten 17 Räte für die Übernahme der Bauherrschaft, neun waren dagegen. Es gab zwei Enthaltungen. Geschlossen mit Nein stimmte die Fraktion Bürgerforum/Grüne/SPD und die Linke. Dafür waren der Großteil der CDU, die AfD, die Mehrheit der freien Wähler sowie die Räte der FDP.

Die Fraktion Bürgerforum/Grüne/SPD sieht unter anderem kritisch, dass die Karl-May-Stiftung seit 2017 Zeit hatte, ihr größtes Bauprojekt in der Geschichte vorzubereiten. "Offensichtlich ist sie bis heute allerdings weder personell noch finanziell in der Lage, das Bauprojekt zu betreuen", so Stadtrat Oliver von Gregory. Dass die Stadt jetzt baut, ist für ihn mit einem unkalkulierbaren Risiko verbunden. Nach der Fertigstellung muss Radebeul dafür geradestehen, dass der Neubau die nächsten 25 Jahre als Museum genutzt wird. Wenn nicht, droht die Rückzahlung der Fördermittel mit Zins und Zinseszins. "Das Karl-May-Museum hat seit Jahren mit einem Rückgang der Besucherzahlen zu kämpfen, ebenso gehen die verkauften Auflagen seit langem zurück. Der Stiftung scheint es auch nicht gelungen zu sein, nennenswert Spenden für den Neubau einzuwerben", sagte von Gregory.