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Kreis Meißen: Immer mehr Solarfelder auf Ackerland

Bei Priestewitz und weiteren Orten des Kreises Meißen sollen Solarparks entstehen. Die Meinungen darüber sind geteilt. Insbesondere unter den Bauern.

Von Jörg Richter
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Ein Feld aus lauter Solarplatten entsteht in der Nähe von Medessen. Verdrängen diese Photovoltaikanlagen die hiesigen Landwirte, die mit ihren Traktoren die Äcker bestellen?
Ein Feld aus lauter Solarplatten entsteht in der Nähe von Medessen. Verdrängen diese Photovoltaikanlagen die hiesigen Landwirte, die mit ihren Traktoren die Äcker bestellen? © Kristin Richter, Sebastian Schultz

Landkreis. Wie der Wandel in der Klimapolitik aussieht, kann man seit Kurzem bei Medessen (Gemeinde Priestewitz) sehen. Dort entsteht zurzeit ein 13 Hektar großer Solarpark. Hier soll Sonnenlicht in Energie umgewandelt werden. Ende April soll die Anlage in Betrieb gehen und jährlich rund 13 Gigawattstunden Strom gewinnen.

Dieser Solarpark soll in der Großenhainer Pflege nicht der letzte bleiben. In der Gemeinde Nünchritz liegen zurzeit drei weitere Projekte vor. Der größte Solarpark soll rund 60 Hektar umfassen und auf den Feldern zwischen Zschaiten und Weißig entstehen. Die BayWa r.e. Solar Projects GmbH möchte hier hauptsächlich Strom für das benachbarte Wacker-Chemiewerk erzeugen. Jährlich immerhin rund 70 Millionen Kilowattstunden. Das entspricht etwa 22.500 deutschen Durchschnittshaushalten.

Weitere rund 24 Hektar sollen in unmittelbarer Nachbarschaft zum Ort Weißig-Bahnhof zum Solarfeld umgestaltet werden. Wie in Medessen wollen sich hier die Leipziger Stadtwerke und Green City AG München auf einem Acker entlang der Bahnstrecke Dresden-Leipzig gemeinsam engagieren. Zudem möchte eine AIS GmbH - dabei handelt es sich nicht um AIS Glaubitz - zwei weitere Flurstücke mit insgesamt 3,2 Hektar an der Staatsstraße 40 bei Zschaiten einzäunen und mit Solarplatten auffüllen lassen.

Über 60 Hektar soll sich der Solarpark (blau markiert) auf den Feldern zwischen Zschaiten und Weißig (bei Nünchritz) erstrecken.
Über 60 Hektar soll sich der Solarpark (blau markiert) auf den Feldern zwischen Zschaiten und Weißig (bei Nünchritz) erstrecken. © Gemeinde Nünchritz
Auf der gelbschraffierten Fläche zwischen Weißig und Leckwitz soll eine 24 Hektar große Photovoltaikanlage entstehen.
Auf der gelbschraffierten Fläche zwischen Weißig und Leckwitz soll eine 24 Hektar große Photovoltaikanlage entstehen. © Gemeinde Nünchritz

Insgesamt sollen rund 87 Hektar Ackerfläche zwischen Zschaiten und Weißig bebaut werden und für die nächsten zwei Jahrzehnte nicht mehr bestellt und abgeerntet werden. Die Meinung darüber gehen im Nünchritzer Gemeinderat auseinander. Während die SPD-Fraktion den Photovoltaikanlagen prinzipiell positiv gegenübersteht, sind die Christdemokraten eher skeptisch. "Wir steuern auf einen weltweiten Nahrungsmangel hin", sagt CDU-Fraktionsvorsitzender Holger Rautschek. Deshalb solle jedes Solarpark-Projekt hinterfragt werden, ob es gerechtfertigt ist, landwirtschaftliche Nutzfläche über Jahrzehnte zur Stromerzeugung zu nutzen.

Weil sich die Anfragen nach derartigen Projekten zuletzt häuften, will die Gemeinde Nünchritz eine eigene Leitlinie zur Ansiedlung von großflächigen Photovoltaikanlagen erstellen. Um sich vorab ein Meinungsbild zu machen, lädt die Gemeindeverwaltung am 7. April um 18 Uhr zu einer öffentlichen Einwohnerversammlung in den Saal des Turnvereins Weißig ein.

Im Stadtrat Gröditz ist man sich ebenfalls noch nicht darüber einig, ob man den Trend zu immer mehr Solarparks für gut oder schlecht halten soll. Hier möchten die Yokk Solar GmbH und das Agrarunternehmen Frauenhain auf zwei Flächen mit insgesamt 15 Hektar Photovoltaikanlagen errichten. Die eine Fläche befindet sich am Wasserturm, die andere südlich der Schmiedewerke. Für deren Strombedarf sollen die Solarparks gebaut werden. Das Stahl-Unternehmen habe "ein klares Interesse an einer Grünstrombelieferung", heißt es in der Projektbeschreibung der Firma Yokk Solar.

Doch auch unter den Gröditzer Stadträten macht sich, ausgelöst durch den Krieg in der Ukraine, die Sorge nach einer weltweiten Lebensmittelkrise breit. "Ackerfläche und Mutterboden sind das Wichtigste, was wir haben", sagt der Schweinfurther Fuhrunternehmer und Landwirt Siegmund Hubrich (CDU). Aus diesem Grund lehnt auch die AfD-Fraktion das Projekt ab.

Andere Stadträte befürworten die beiden Photovoltaikanlagen, weil sie für den Stahl-Standort Gröditz und damit für Hunderte Arbeitsplätze wichtig sind. "Trotzdem sollten wir Ackerflächen als Letztes für die Solarparks hergeben", so Hubrich. Zumal der Mutterboden zwischen Gröditz und Frauenhain kein schlechter Boden sei, wie etwa auf den Feldern der Großenhainer Pflege.

Landwirte können nicht mithalten

Bürgermeister Jochen Reinicke (parteilos) relativiert. Die Solaranlagen allein würden den Strombedarf der Schmiedewerke nicht decken. Außerdem würden die Betreiber von Photovoltaikanlagen bei ihrer Suche nach Flächen mit hohen Pachten werben. Im Internet finden sich Angebote, die den Besitzern von Land 4.000 bis 5.000 Euro pro Hektar in Aussicht stellen. Und das jedes Jahr! "Es wird für uns Landwirte ganz schwer, da mitzuhalten, weil wir solche Pachten nicht zahlen können", sagt Hubrich. Vor diesem Hintergrund sei der Schutz von Ackerflächen um so wichtiger.

Klar ist: Mit Solarenergie lässt sich mehr Geld verdienen als mit Landwirtschaft, zumal die Einspeisevergütung ins Stromnetz 20 Jahre konstant bleibt. Die Sachsen-Energie betreibt deshalb sechs große Solarparks sowie circa 25 Solar-Dachanlagen in Ostsachsen mit insgesamt rund 100.000 qm. Der größte Solarpark des Stromversorgers befindet sich in Zeithain.

  • Einwohnerversammlung zum Thema Solaranlagen zwischen Zschaiten und Weißig (bei Nünchritz) am 7. April ab 18 Uhr im Vereinshaus des Turnvereins Weißig.