SZ + Riesa
Merken

Stadträte kippen Edeka-Pläne in Riesa

Die Ansiedlung des neuen Marktes im Herzen der Stadt findet fürs Erste keine Mehrheit. Wie geht es nun weiter?

Von Stefan Lehmann
 5 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Auf der Brache hinter der Feuerwache Riesa-Stadt kann weiterhin nicht gebaut werden. Im Stadtrat fand sich keine Mehrheit für den geplanten Edeka-Markt.
Auf der Brache hinter der Feuerwache Riesa-Stadt kann weiterhin nicht gebaut werden. Im Stadtrat fand sich keine Mehrheit für den geplanten Edeka-Markt. © Klaus-Dieter Brühl

Riesa. Die Pläne für den neuen Edeka-Markt an der Pausitzer Straße in Riesa kommen vorerst nicht voran. Für einen richtungsweisenden Beschluss zur Zukunft der Brache hinter der Feuerwache fand sich im Stadtrat am Mittwoch keine Mehrheit: Am Ende standen 13 Ja-Stimmen der gleichen Zahl Nein-Stimmen entgegen, zwei Stadträte enthielten sich.

Der geplante Einkaufsmarkt auf der ehemaligen Fläche des Autohauses Widmann sorgt schon seit mehr als zwei Jahren für eine kontrovers geführte Debatte. Anwohner sorgen sich, weil sie Lärm befürchten. Die Elbgalerie fürchtet mögliche Umsatzeinbußen. Befürworter halten dagegen, der geplante Edeka fülle eine Versorgungslücke: Einen Markt mit einem Frischeangebot, wie es der Markt haben soll, gibt es im Innenstadtgebiet bisher nicht.

Befürworter sind fassungslos

Die knappe Ablehnung sorgte am Mittwochnachmittag zunächst für kurze Verwirrung: Denn eigentlich wären in einem weiteren Beschluss noch eine Reihe weiterer Punkte zum Edeka abzustimmen gewesen. Das war nach dem ersten Nein nicht mehr nötig.

Vor der Abstimmung hatte Planerin Sylvia Möckel, deren Firma M+M Bauprojektentwicklung bei dem Edeka-Vorhaben als Investor auftritt, noch einige Worte an die Stadträte richten wollen. Das wurde in erster Linie aus den Reihen der Linksfraktion abgelehnt. Auch benachbarte Anwohner hatten sich noch einmal an die Stadträte gewandt: In einem Brief bekräftigten sie nochmals ihre Bedenken.

Die Reaktionen nach der Abstimmung war ähnlich zweigeteilt wie das Abstimmungsergebnis – sie lagen zwischen triumphierendem Lächeln und Entsetzen. Stadtrat Torsten Pilz (Unternehmen Riesa) sagte kurz nach der Sitzung, er sei fassungslos, angesichts dieses Ergebnisses. Vor allem das Bild, das der Stadtrat damit in Richtung künftiger Investitionen werfe, hält er für fatal. Irritiert zeigte er sich davon, dass einzelne Stadträte plötzlich gegen den Markt gestimmt hätten, die bisher als Fürsprecher galten.

Das zielt unter anderem in Richtung Gunnar Hoffmann (Gemeinsam für Riesa). Seine Fraktion stimmte gemeinsam mit den Linke-Stadträten gegen das Vorhaben. Hoffmann sagt, er sei nach wie vor der Ansicht, dass Riesa diesen Markt gebrauchen könne – nur nicht an dieser Stelle. Sein verändertes Stimmverhalten und das seiner Fraktion begründet er unter anderem damit, dass sich Edeka in den eigenen Unterlagen die Option offen gelassen habe, mittelfristig den Einkaufskomplex zu erweitern. Außerdem gebe es nun Anzeichen dafür, dass auf dem Gelände doch ein Spielplatz oder eine Grünfläche möglich sei. Bisher sei die Fraktion davon ausgegangen, dass Altlasten eine solche Alternativen zu einem Einkaufsmarkt unmöglich machen. "Wenn wir an der Gasanstalt einen Spielplatz bauen, dann frage ich mich, warum das auf der Widmann-Fläche nicht möglich sein sollte." Auch die Freifläche an der Gasanstalt steht im Verdacht, belastet zu sein.

Kaufland drohte mit Weggang

CDU-Fraktionschef Helmut Jähnel spricht von einer überraschenden und auch enttäuschenden Entscheidung. "Ich war überrascht, dass Gemeinsam für Riesa und Die Linke geschlossen dagegen gestimmt haben."

Dass am Ende die Mehrheit für das Vorhaben gebröckelt ist, könnte auch mit einer E-Mail zusammenhängen, die Kaufland kurz vor der Sitzung an die Fraktionen geschickt hatte. Darin hatte das Unternehmen offen mit einem Auszug aus der Elbgalerie gedroht – auch vor Ende des bis 2028 laufenden Mietvertrags. Womöglich habe sich mancher Stadtrat davon beeinflussen lassen, sagt Helmut Jähnel. Dabei wisse man doch, dass Kaufland schon auf der Suche nach alternativen Standorten sei und aller Voraussicht nach nicht in dem Einkaufszentrum bleiben werde.

Für die Entscheidung von AfD-Stadträtin Ute Heine gegen den Edeka-Markt hatten öffentliche Aussagen von Elbgalerie-Manager Andree Schittko den letzten Ausschlag gegeben. Schittko ist Mitglied im Handels-, Gewerbe- und Verkehrsverein (HGV) und sieht die Edeka-Ansiedlung schon wegen seiner Arbeit als Centermanager kritisch. Er hatte auf Nachfrage von Sächsische.de erklärt, eine Stellungnahme des HGV zu den Marktplänen gebe es nicht, weil sie seines Wissens nicht angefragt worden sei.

Die AfD-Rätin sagt, sie sei dennoch überrascht vom Ergebnis. Jetzt habe sich der Stadtrat Luft verschafft, um noch einmal alternative Ideen für das Grundstück zu prüfen, etwa die Schaffung von hochwertigem Wohnraum. Die Linke will indes eine aktive Befragung der Innenstadt-Händler anregen.

Offen bleibt, was der Beschluss nun für das Vorhaben bedeutet. "Es ist im Prinzip ein offenes Verfahren", sagt Investorin Sylvia Möckel. Näher wollte sie sich am Donnerstag nicht äußern.

Auch aus Sicht der Stadtverwaltung ist die Sache noch nicht vom Tisch. "Der Stadtrat hat die Vertagung der auf die Abstimmung folgenden Tagesordnungspunkte zur Abwägung und Satzung beschlossen, nicht deren Absetzung", betont Sprecher Uwe Päsler. "Ob und gegebenenfalls wann das Thema nochmals auf die Tagesordnung kommt, wird der Oberbürgermeister in Absprache mit der Projektgesellschaft entscheiden." Das könnte theoretisch auch kurzfristig geschehen. Während Stadträte nur alle sechs Monate denselben Antrag einbringen können, gelte diese Regel für die Stadtverwaltung nicht.

Welchen Erfolg die kommenden Gespräche haben werden, ist unklar. CDU-Chef Helmut Jähnel gibt sich skeptisch: Er sei unsicher, ob es wirklich einen zweiten Anlauf geben wird.