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AfD Sachsen bestätigt Parteichef und wettert gegen ehemalige EU-Partner

Der Streit um Maximilian Krah sollte auf dem Landesparteitag in Glauchau keine Rolle spielen – am Ende tat er es aber doch. Ungewöhnliche Zurückhaltung gab es beim Wahlprogramm.

Von Gunnar Saft & Karin Schlottmann
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Jörg Urban, Landesvorsitzender der sächsischen AfD, spricht beim Landesparteitag der AfD Sachsen. In Glauchau wurde er in seinem Amt bestätigt.
Jörg Urban, Landesvorsitzender der sächsischen AfD, spricht beim Landesparteitag der AfD Sachsen. In Glauchau wurde er in seinem Amt bestätigt. © dpa

Glauchau. Die Tagesordnung war mit 24 Punkten ehrgeizig und umfangreich, was dazu führte, dass Sachsens AfD-Landesverband die Glauchauer Sachsenlandhalle bereits vom vergangenen Freitagnachmittag bis einschließlich Sonntag für ihren Parteitag angemietet hatte. Neben der Neuwahl des kompletten Landesvorstands, dem Aufstellen des eigenen Wahlprogramms für die Landtagswahl am 1. September schienen auch die heftigen öffentlichen Diskussionen um den AfD-Spitzenkandidaten für die EU-Wahl, den Dresdner Maximilan Krah, tatsächlich einiges an Zeit zu benötigen.

Dass man am Ende aber im Stechschritt durch die Tagesordnung marschierte und der Parteitag schon am Sonnabendnachmittag endete, hatte mehrere Ursachen. Eine davon war, dass Sachsens AfD-Spitze partout keine Debatten über die Personalie Krah wollte. Der Parteitag sei dafür kein Podium, mahnte AfD-Landeschef Jörg Urban gleich zu Beginn die knapp 240 Delegierten, von denen die meisten deutlich Krah-freundlich eingestellt waren. Er warnte vor einem "gefundenen Fressen für die Medien". Versammlungsleiter Carsten Hütter warb dazu mit dem Hinweis für Ruhe im Saal, dass er eigentlich ganz gern am Sonntag seinen Rasen mähen würde und nicht mehr in Glauchau sitzen wolle.

Was folgte, war eine Landesvorstandswahl im Rekordtempo und fast ohne Misstöne. Urban wurde mit 183 Ja- und 20 Gegenstimmen in seinem Amt bestätigt. Sein Generalsekretär Jan Zwerg schaffte die Wiederwahl mit 169 Ja- und 33 Gegenstimmen. Den beiden bisherigen AfD-Vize Joachim Keiler sowie Martina Jost reichten dafür 153 beziehungsweise 169 Ja-Stimmen.

Jörg Urban ist der alte und neue Landesvorsitzende der sächsischen AfD.
Jörg Urban ist der alte und neue Landesvorsitzende der sächsischen AfD. © dpa/Sebastian Willnow

Das beste Einzelergebnis erzielte schließlich der Görlitzer AfD-Landtagsabgeordnete Sebastian Wippel, der mit190 Ja-Stimmen zu einem der drei Urban-Stellvertreter gewählt wurde und diesen Platz von Siegbert Droese übernahm, der nicht mehr kandidierte. Gegenkandidaten gab es bei dieser ersten Runde keine. Kleine Panne am Rande: Da ausgerechnet der Kandidatin Jost ihr elektronisches Abstimmungsgerät zeitweise abhandenkam, verzögerte sich die Wahl um 30 Minuten.

Chrupalla wettert gegen einstige EU-Partner

Überraschender war da, dass sich zuvor ausgerechnet AfD-Bundeschef Tino Chrupalla nicht an die Vorgaben hielt und den Streit um Krah dennoch offiziell ansprach. Allerdings in einem Tonfall, der den Delegierten unbedingt gefallen sollte. So widersprach Chrupalla, dass es ein Auftrittsverbot gegeben hat. Krah hätte sich vielmehr freiwillig zurückgezogen, wofür er ihm sehr dankbar sei. Dann wetterte er gegen die bisherigen französischen Partner um Marie Le Pen im EU-Parlament, die sich wegen Krah von der AfD zurückgezogen haben. Man lasse sich dadurch aber "nicht weichschleifen", meinte Chrupalla und kritisierte auch die Ukraine- und Migrationspolitik von Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni. "Diese Melonisierung wird es mit uns nicht geben", versprach er in die Runde und holte sich dafür viel Beifall ab.

In Glauchau bekommt er Beifall, in Europa ist seine AfD isoliert: Tino Chrupalla.
In Glauchau bekommt er Beifall, in Europa ist seine AfD isoliert: Tino Chrupalla. © dpa/Sebastian Willnow

Landespolitisch kritisierten beide Redner erneut die amtierende sächsische Regierungskoalition aus CDU, Grünen und SPD. Als Ziel wurde ausgegeben, dass nach der Landtagswahl die AfD unter einem Ministerpräsident Jörg Urban die Verantwortung im Freistaat übernimmt. Dies sei machbar trotz der täglichen Attacken gegen die Politik der AfD durch die "sogenannten demokratischen Parteien" und die Medien. Urban selbst gab sich in Glauchau siegesgewiss. "Wir werden die Machtfrage stellen", kündigte er an.

Karsten Hilse scheitert mit Bewerbung für Landesvorstand

Der für Glauchau vorgegebene Burgfrieden hielt allerdings auch bei den fortlaufenden Personalwahlen nicht komplett. So scheiterte der Bautzener AfD-Bundestagsabgeordnete Karsten Hilse überraschend mit seiner Bewerbung für den Landesvorstand. In seiner Antrittsrede für einen der Beisitzerposten hatte er Teilen des Landesvorstands vorgeworfen, die Jugendorganisation Junge Alternative von der AfD "abspalten" zu wollen. Sie mache "härtere Ansagen" als die AfD, müsse aber Teil des Landesverbandes bleiben. "Ihr könnt jetzt in euren Chat gucken und könnt schauen, was euch angesagt wird, was ihr wählen sollt, oder ihr wählt jemanden, von dem ihr wisst, dass er ein standhafter Politiker ist", sagte Hilse in Anspielung auf offenbar verbreitete interne Vorgaben oder Absprachen bei den Vorstandswahlen. Es half ihm nichts. Hilse verlor gegen einen Parteikollegen aus Zwickau mit 98 zu 116 stimmen.

Ungewöhnliche Zurückhaltung gab es schließlich beim Wahlprogramm, das angekündigt, bisher aber nicht veröffentlicht ist. In der Beratung zu ausgewählten Einzelpunkten lehnten die Delegierten mit knapper Mehrheit einen Änderungsantrag zur Gründung einer neuen sächsischen Grenzschutzeinheit sowie einer Agentur für Remigration ab. Die Agentur solle "illegal nach Sachsen eingereiste Migranten auf die Rückkehr in ihre Heimat" vorbereiten, hatte ein Mitglied der Jugendorganisation Junge Alternative (JA) gefordert.

Abgelehnt wurde zudem ein Antrag eines der JA angehörenden Delegierten auf ein Verbot der Antifa. Die sei kein Verein und könne deshalb nicht einfach verboten werden, wiesen Vertreter der Parteispitze diese Forderung zurück. Auf Zustimmung stieß dagegen ein Verbot der Teilnahme von Kindern an "Regenbogenparaden" und Veranstaltungen des Christopher Street Day. Auch ein entsprechendes Werbeverbot in Schulen wird ins Programm aufgenommen. Der vollständige Inhalt des Wahlprogramms wurde auf dem Parteitag nicht vorgestellt. Medienvertreter – und damit auch die Öffentlichkeit – erhielten in Glauchau keinen Einblick in den Entwurf.