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Was läuft handwerklich falsch in der Politik, Herr Dittrich?

Mit Baustellen kennt er sich aus, in der Politik sieht Jörg Dittrich einige. Der deutsche Handwerks-Präsident spricht im Podcast "Politik in Sachsen" über Demokratie, Gesellschaft und den Wert von Arbeit.

Von Annette Binninger
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Jörg Dittrich, Präsident der Dresdner Handwerkskammer und seit einem Jahr auch des Zentralverbandes des deutschen Handwerks, ist zu Gast im Podcast "Politik in Sachsen".
Jörg Dittrich, Präsident der Dresdner Handwerkskammer und seit einem Jahr auch des Zentralverbandes des deutschen Handwerks, ist zu Gast im Podcast "Politik in Sachsen". © Veit Hengst

Dresden. Schon als Kind wollte er unbedingt Handwerker werden. Trotz Einser-Schulabschluss und der Möglichkeit, Medizin zu studieren. Doch Jörg Dittrich mochte die Bodenständigkeit und die herzlich-direkte Offenheit auf der Baustelle. Und so stieg Jörg Dittrich in den Dachdecker-Betrieb des Vaters ein, beerbte ihn sogar 2012 als Präsident der Dresdner Handwerkskammer. Vor einem Jahr hat der 54-jährige das höchste politische Handwerker-Amt erklommen, er ist Präsident des Zentralverbands des deutschen Handwerks - und jetzt zu Gast im Podcasts "Politik in Sachsen" bei Sächsische.de.

Dittrich ist der erste Ostdeutsche, der jemals den Posten des Präsidenten des Zentralverbands seit 1990 innehat. Erste Vorbehalte gegen den Dachdeckermeister aus Dresden kamen kurz vor seiner Wahl auf. Dittrich wurde eine zu große Nähe zur AfD unterstellt, weil bei Veranstaltungen der Dresdner Handwerkskammer auch AfD-Vertreter in der ersten Reihe saßen.

"Es war mir klar, dass dieser Punkt kommen wird", sagt Dittrich im Podcast. "Es ist in Wahrheit verletzend – nur wegen seiner Herkunft irgendeine politische Richtung hineinzuinterpretieren. Das ist nicht in Ordnung." Für ihn sei nicht die "Gretchenfrage", wie man mit einer Partei umgehe, sondern wo man in einer demokratischen Frage stehe. Er selbst wolle "nicht die lauteste populistische Forderung aufmachen", sondern die Position des Handwerks deutlich vertreten.

Was die zahlreichen Demonstrationen gegen die Politik der Bundesregierung, aber auch die aktuellen Kundgebungen für Demokratie angehe, äußert sich Dittrich besorgt. Man müsse suchen, welche Fehlentwicklungen es gegeben habe. "Wenn es Menschen gibt, die sich abwenden, dann sollte die Demokratie sich damit beschäftigen und diskutieren, wie man wieder zusammenfindet." Was Dittrich in der Gesellschaft mehr und mehr vermisse, sei die Fähigkeit der Menschen, zu einem Konsens zu gelangen.

Das sich hartnäckig haltende Gerücht um den Posten des Wirtschaftsministers

Mit Sorge sehe er die Zersplitterung von Einzelinteressen in der Gesellschaft, aber auch in den Parteien. "Und natürlich stelle ich mir die Frage, ob wir es mit der Individualisierung ein Stück übertrieben haben." Wo solle denn die Gemeinschaft der Gesellschaft entstehen, wenn immer mehr Menschen aus der Kirche austreten, aus Parteien, Vereinen oder der Freiwilligen Feuerwehr. "Da kann man nur bitten: Tretet in eine Partei ein, engagiert euch mehr gesellschaftlich, damit diese Diskussionen stattfinden, damit nicht eine kleine Gruppe von Menschen dann allein entscheidet."

Ganz am Ende des Gesprächs räumt Dittrich auch mit einem Gerücht auf. Auf die Frage, ob er Ambitionen hege, einmal Wirtschaftsminister in Sachsen werden zu wollen, sagt er: "Ich glaube nicht, dass ich dort gut aufgehoben wäre." Aber Dittrich hat Ideen, womit sich ein Wirtschaftsminister am besten sofort beschäftigen sollte: Mit Bürokratieabbau und der Frage, wieso immer weniger Menschen ins unternehmerische Risiko gehen wollen.

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