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SED-Funkstelle wird zur Bergkapelle

Auf dem Neukircher Valtenberg wird am Sonntag eine Kapelle eingeweiht. Künftig kann dort geheiratet werden. Einst diente das Haus einem völlig anderen Zweck.

Von Bettina Spiekert
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Konrad von Posern ist einer der Besitzer der neuen Bergkapelle auf dem Neukircher Valtenberg. Der tonnenschwere Altar wurde erst kurz von der Eröffnung ins Gebäude gehoben.
Konrad von Posern ist einer der Besitzer der neuen Bergkapelle auf dem Neukircher Valtenberg. Der tonnenschwere Altar wurde erst kurz von der Eröffnung ins Gebäude gehoben. © SZ/Uwe Soeder

Neukirch/Lausitz. Eine wundersame Wandlung hat der einst unscheinbare Bau auf dem hinteren Teil des Gipfelplateaus des 587 Meter hohen Valtenbergs in Neukirch genommen. Noch vor vier Jahren war das Haus, das einst militärischen Zwecken diente, eine Ruine. Bis sich die benachbarten Waldeigentümer Wilderich Graf von Schall-Riaucour und Konrad von Posern entschlossen, dem Gebäude eine gänzlich andere Bestimmung zu geben. Nun ist daraus eine Bergkapelle entstanden. Im Rahmen der 800-Jahr-Feier des Ortes wird sie am Sonntag eingeweiht.

Ein Weg verbindet den Valtenbergturm mit der kleinen Bergkapelle.
Ein Weg verbindet den Valtenbergturm mit der kleinen Bergkapelle. © SZ/Uwe Soeder

Das kleine einstöckige Haus mit inzwischen hellgelber Fassade befindet sich nur wenige Schritte hinter dem Valtenbergturm. Mittlerweile führt ein schmaler Weg vom Spielplatz hinter der Gaststätte zur Kapelle, den es vorher nicht gab. „Den hat die Kommune anlegen lassen, denn bis zum Haus ist es Gemeindeland“, erklärt Konrad von Posern. Drei Stufen führen in das stets kühle Innere der Kapelle. Der Raum ist zweigeteilt. Der vordere Teil dient als Schutzraum für Wanderer, die sich hierhinein bei Wetterunbilden flüchten können.

Kapelle wird von zwei Pfarrern gesegnet

Der rückwärtige und kleinere Teil ist durch ein kunstvoll geschmiedetes Gitter abgetrennt. Seine Bestimmung wird beim Blick in den Raum schnell klar. Von Nikolaus Dürlich aus Räckelwitz hängt ein geschnitztes Kreuz an der Wand, und Steinmetz Marko Lange aus Steinigtwolmsdorf hat erst vor wenigen Tagen einen tonnenschweren Altar aufstellen lassen.

„Die eigentliche Kapelle wird nur zu besonderen Anlässen geöffnet“, sagt Konrad von Posern. Der Erste wird die Segnung des Raumes durch den katholischen Pfarrer Martin Prause und den evangelischen Pfarrer Jörg Briesovsky und damit die feierliche Einweihung der Bergkapelle sein.

Mitten durch den Giebel des Hauses, das jetzt eine Bergkapelle ist, verläuft die Grundstücksgrenze.
Mitten durch den Giebel des Hauses, das jetzt eine Bergkapelle ist, verläuft die Grundstücksgrenze. © SZ/Uwe Soeder

„Ich bin froh, dass aus diesem Schandfleck wieder ein schöner Blickfang geworden ist“, freut sich Konrad von Posern. Er und sein Grundstücksnachbar Schall-Riaucour hatten sich 2018 gemeinsam entschlossen, das ungenutzte Haus wieder auf Vordermann zu bringen. Denn die Grundstücksgrenze verläuft mitten durchs Gebäude. Rund 120.000 Euro hatten sie für die Sanierung des Gebäudes eingeplant. Dass es am Schluss nur rund 90.000 Euro waren, ist der Großzügigkeit der ersten Planung zuzuschreiben. „Wir mussten am Ende nicht alles, was geplant war, auch tatsächlich in dem Umfang sanieren“, sagt Philipp Graf von Schall-Riaucour. 35.000 Euro kamen als Zuschuss aus der Regionalförderung für das Bautzener Oberland.

Haus wurde als SED-Funkstation gebaut

Und so blieb der Keller des Gebäudes weitgehend im Originalzustand erhalten. Hinunter führt eine schmale Treppe, die früher jenen Menschen vorbehalten war, die hinter einem zwei Meter hohen Holzzaun auf dem Gipfel des Valtenbergs ihre streng geheime Arbeit ausführten. Denn das Haus wurde in den 50er-Jahren für militärische Zwecke gebaut. „Es wurde wohl ursprünglich als Nachrichtenstation errichtet“, sagt Konrad von Posern. Diese gehörte dann zum Richtfunknetz der SED. In zwei Netzebenen waren alle Bezirks- und Kreisleitungen der staatstragenden Partei miteinander verbunden. Die Reste eines Funkturms neben dem Haus sind noch heute sichtbar, und eine Tafel erläutert die frühere Nutzung.

Einzig die Decke jenes Raumes im Untergeschoss, über der sich nun der Altarraum befindet, wurde mit Eisenträgern verstärkt, erklärt Konrad von Posern. Und so bleibt das für Besucher verschlossene Untergeschoss, das teils noch originale Leitungen und technisches Gerät aus dem Kalten Krieg beherbergt, ein Rückzugsort für Fledermäuse, Kröten und allerlei anderes Getier.

Erste Hochzeit findet im September statt

Die Segnung der Bergkapelle am Sonntag wollen sich beide Grundstückseigentümer nicht entgehen lassen. „Für unsere Familie ist diese Kapelle auch als Dank für die Rückkehr zu verstehen, die uns geschenkt worden ist, und mit der wir nie gerechnet haben“, sagt Philipp Graf von Schall-Riaucour. Die Familie war durch die Bodenreform 1945 enteignet worden und konnte den Wald erst 1997 nach einem langwierigen Verfahren wieder zurückkaufen. Im gleichen Jahr erwarb auch Konrad von Posern sein Grundstück auf dem Valtenberg. Seinen Vorfahren gehörte einst Schloss Rammenau.

Nach der Einweihung soll das schmucke Haus aber nicht leerstehen oder ausschließlich auf Wanderer warten. Die Gemeinde Neukirch will die Bergkapelle künftig als Raum für standesamtliche Trauungen nutzen. Das erste Brautpaar steht schon fest: Leopold von Posern, der älteste Sohn von Konrad von Posern, wird im September auf dem Gipfel des Valtenbergs heiraten.

Weitere Trauungen sollen allerdings erst im kommenden Jahr möglich sein, wie Ricarda Rähder sagt. „Die Kapelle hat keine Heizung, und daher wollen wir nur im Frühling und Sommer an diesem Ort trauen“, sagt sie. Einzigartig wird das Haus trotzdem sein. Die kleine Bergkapelle soll, so hat die Neukircher Standesbeamtin recherchiert, die einzige ihrer Art im Landkreis sein, auf jeden Fall aber die höchste.