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Studie: Kohledorf Mühlrose kann bleiben

Berliner Forscher haben ausgerechnet, dass der Bedarf an Kohle sinkt. Demnach müsste der Ort Mühlrose nicht abgebaggert werden.

Von Georg Moeritz
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Das Ortseingangschild von Mühlrose. Der Ort soll der Braunkohle weichen - ist das nötig?
Das Ortseingangschild von Mühlrose. Der Ort soll der Braunkohle weichen - ist das nötig? © dpa-Zentralbild

Dresden. Politiker von Grünen und Linken fordern erneut, den Ort Mühlrose bei Weißwasser nicht abzubaggern. Die letzten rund 200 Bewohner könnten bleiben, wenn sie wollten, sagte am Mittwoch der sächsische Grünen-Landtagsabgeordnete Daniel Gerber. Er verwies auf eine neue Studie von Forschern um Professor Pao-Yu Oei, der an der TU Berlin und am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung zum Kohleausstieg forscht. Die Grünen hatten den Auftrag zur Studie erteilt.

Oei sagte, die 145 Millionen Tonnen Kohle im Sonderfeld Mühlrose würden nicht mehr benötigt. Der Bedarf an Kohle sinke wegen der Energiewende. Selbst bei maximal denkbarer Auslastung der vorhandenen Kraftwerke bis 2038 genüge die Braunkohle aus den vorhandenen Gruben im Lausitzer Revier – und auch dort seien Tagebauverkleinerungen notwendig. Der Forscher betonte, er habe "konservativ" gerechnet und mehrere Szenarien betrachtet. Es sei allerdings unklar, wie viel Braunkohle noch benötigt werde.

Mühlroser Kohle zur Beimischung nötig?

Der Energiekonzern Leag hatte im jüngsten Revierkonzept 2021 bereits den früher genannten Bedarf an Tagebauflächen verkleinert. Doch das Unternehmen nannte die Kohle unter Mühlrose wegen ihrer Qualität notwendig zur Beimischung zur schlechteren Kohle aus dem Tagebau Reichwalde. Die Mühlroser Braunkohle ist laut Leag für den bedarfsgerechten Weiterbetrieb der Kraftwerke Boxberg und Schwarze Pumpe nötig. Diese bleiben laut den Kohleausstiegsplänen am längsten in Betrieb.

Oei hält dagegen, bei einer „Beimischung der Reichwalder Kohle entsprechend Planungen des vorherigen Tagebaubetreibers Vattenfall“ werde selbst beim Kohleausstieg zum letztmöglichen Zeitpunkt 2038 keine Kohle aus dem Sonderfeld Mühlrose benötigt. Die Leag versuche, ihre Kosten niedrig zu halten. Doch müsse die Verhältnismäßigkeit geprüft werden: Es gebe auch Kosten der Allgemeinheit und der Menschen in Mühlrose. Auch in den Tagebauen Reichwalde und Nochten 1 seien Verkleinerungen nötig - dort geht es allerdings nicht mehr um bedrohte Siedlungen. Der Tagebau Nochten erstreckt sich südwestlich von Weißwasser. Das Sonderfeld Mühlrose ist auf den Leag-Plänen ein Abschnitt im Westen davon.

Der Studie zufolge überschätzt der Kohlebedarf im Leag-Plan von 740 Millionen Tonnen Kohle ab 2021 den tatsächlichen Bedarf. Die maximal benötigten Kohlemengen liegen laut Oei vielmehr bei maximal 559 Millionen Tonnen bei einem Ende der Kohleverbrennung im Jahr 2038. Beim Ausstieg 2030 seien nur noch 369 Millionen Tonnen Kohle nötig. Ein solcher früherer Ausstieg würde zwar dem Kohlekompromiss widersprechen, könnte aber je nach Preisentwicklung bei Öko- und Kohlestrom sowie staatliche Abgaben aus Kostengründen stattfinden.

Grünen-Politiker Gerber forderte von der Leag, ihr Revierkonzept erneut anzupassen. Linken-Vorstandsmitglied Maximilian Becker schloss sich an. Den Grünen warf er vor, in ihrem Wahlprogramm fehle ein Bekenntnis zum Erhalt von Mühlrose.

Neuer Leag-Bergbauvorstand will auch Ökostrom

Die Leag berichtete am Donnerstag von einer Änderung in ihrer Chefetage. Auf den Bergbauvorstand Uwe Grosser, der in den Ruhestand geht, folgt Philipp Nellessen. Der Ingenieur mit Doktortitel, Jahrgang 1977, kommt von Thyssen-Krupp. Dort war er zuletzt Chef des Anlagenbaus. Er sagte, er sei schon viel herumgekommen, doch die Giganten aus Stahl und die "Effizienz der modernen Braunkohlen-Kraftwerksblöcke" im Lausitzer Revier hätten ihn beeindruckt.

Zentrale strategische Ansätze für die Neuausrichtung des Reviers seien erneuerbare Energien auf Bergbauflächen, Gaskraftwerke und Wasserstoff. "Darin liegt die Zukunft, und die will ich ins Revier holen", sagte Nellessen.