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Politik in Sachsen – Die Morgenlage

Wahlkreisreform vor dem Aus + Experte wirbt für Kompromiss im Bürgermeister-Streit + Uneinigkeit über Kohleausstieg + Sachsen wehrt sich gegen Söder

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2024 wird Sachsens Landtag neu gewählt. Bei einer umfassenden Reform der Wahlkreise, wie sie Experten empfehlen, stellt sich die Regierungskoalition quer.
2024 wird Sachsens Landtag neu gewählt. Bei einer umfassenden Reform der Wahlkreise, wie sie Experten empfehlen, stellt sich die Regierungskoalition quer. © Ronald Bonß

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Guten Morgen,

das Jahr ist noch jung, doch eine Erkenntnis ist nach eigenem Erleben und fremd Gehörtem über so manchen Neujahrsempfang in Sachsen bereits deutlich herangereift. Der Blick in die versammelte Menge – immer das gleiche, dominierende Bild: etwas angegraute, ältere Herren im dunklen Anzug, mit Krawatte und wichtiger Funktion. Und mein Eindruck – der Eindruck vieler Frauen, mit denen ich dieser Tage spreche: es scheinen gerade wieder mehr zu werden. Alles auf Anfang? Hello, Retro?

Wo, bitte, sind in Sachsen die Frauen in Führungspositionen? Warum fehlen sie? Warum wollen, können oder dürfen sie nicht ran? Heute, im gerade begonnenen Jahr 2023. Wie kann das sein? Wie kann es sein, dass es scheinbar nicht einmal allzu viele stört?

Der Sprung von Sachsen nach Neuseeland mag groß, für manchen zu groß sein. Aber ich musste gestern wieder einmal angesichts des Rücktritts von Premierministerin Jacinda Ardern daran denken, wie anders Frauen in vielen anderen Ländern in politischen Spitzenämtern gesehen werden. Wie selbstverständlich und anerkannt, wie geschätzt mit ihren besonderen Stärken – und Schwächen.

"Ich weiß, Politiker sind Menschen. Wir geben alles, was wir können, so lange wir können", verabschiedete sich Ardern gestern von ihrem Amt. "Und dann ist es Zeit. Und für mich ist es Zeit." Sie wisse, was es brauche, um diesen Job zu machen. "Und ich habe nicht mehr genug im Tank, um dem gerecht zu werden", fügte die 42-Jährige hinzu. Ein starker Abgang. Souverän und klar. Respekt.

Herzlichst,

Ihre Annette Binninger, Leiterin Politikredaktion sächsische.de

Die wichtigsten News am Morgen

Große Wahlkreisreform vor dem Aus

Die von einer Expertenkommission vorgeschlagene umfassende Wahlkreisreform für Sachsen steht vor dem Aus. Nach Informationen von saechsische.de hat sich das Koalitionslager aus CDU, Grünen und SPD inzwischen darauf verständigt, eher eine der ebenfalls vorgeschlagenen Minimalvarianten zu unterstützen, bei der unter anderem ein Wahlkreis im Vogtland wegfällt und dafür einer in Leipzig hinzukommt. Der großen Reform – einer Verringerung von 60 auf 51 Wahlkreise – gibt man dagegen keine Chance mehr. Obwohl die Experten meinen, dass diese langfristig unausweichlich sei, fürchtet man wohl die politischen Konsequenzen von vielen neu zugeschnittenen Wahlkreisen.

Experte empfiehlt Ja zu Bürgermeister-Kompromiss

Nach dem Schlichterspruch im Dresdner Bürgermeister-Streit empfiehlt der Dresdner Politikwissenschaftler Hans Vorländer eine Zustimmung im Stadtrat. "Der Vorschlag steht wie ein Berg im Gelände. Ihn wegzuräumen, kann sich weder der Stadtrat noch der Oberbürgermeister leisten", sagt er im Interview mit saechsische.de. Angesichts der Mehrheitsverhältnisse müsse man diesen Vorschlag im Augenblick als alternativlos bezeichnen. "Wer diesen ablehnt, muss das gut begründen und einen alternativen und mehrheits- und zustimmungsfähigen Vorschlag präsentieren." Die Moderatoren, Gunda Röstel und Thomas de Maizière, hätten mehr getan, als sie tun sollten. Zugleich räumt Vorländer ein, dass die SPD der Verlierer des Vorschlags ist.

Windkraft: Sachsen will Ausbauziel früher erreichen

Sachsen will das sogenannte Zwei-Prozent-Ziel zum Ausbau von Windkraftanlagen schon 2027 erreichen - fünf Jahre eher als der Bund vorschreibt. Das hat Sachsens Energieminister Wolfram Günther (Grüne) angekündigt. Er sagte bei einem Pressegespräch: "Wir lösen alle Bremsen." Günther betonte, dass Windkraftanlagen "nicht vorrangig im Wald" errichtet werden dürfen. Vielmehr sollten sie möglichst nah an Gewerbe- und Industriestandorten Strom liefern. Braunkohle wird laut Günther "aus dem Markt fliegen, weil sie sich nicht mehr rechnet". Er halte es für klimapolitisch notwendig, den bislang für 2038 geplanten Kohleausstieg in Sachsen vorzuziehen.

Die AfD meint, dass die Energiewende nicht funktionieren könne. Die CDU nennt Bedingungen für einen früheren Kohleausstieg: ein gelungener Strukturwandel und "die Sicherheit, dass wir als Industrieland technisch und bezahlbar überhaupt in der neuen Energiewelt ankommen". Das Wichtigste zur Energiekrise gibt es in unserem Newsblog.

Lehrer abwerben: Sachsen wehrt sich gegen Söder

Sachsens Kultusminister Christian Piwarz (CDU) wehrt sich gegen Pläne von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU), Lehrer aus anderen Bundesländern abzuwerben. "Die Ankündigung des bayerischen Ministerpräsidenten ist unsolidarisch. Er vorstößt damit gegen die Verabredung aller Bundesländer, sich nicht gegenseitig die Lehrkräfte abspenstig zu machen", so Piwarz per Twitter. Mit seinem Vorstoß starte er unverhohlen einen Überbietungswettbewerb, der zum Schaden aller Länder sein werde. "Wichtiger wäre, gemeinsame Maßnahmen zu intensivieren, um mehr junge Menschen für den Lehrerberuf zu begeistern", so Piwarz.

Söder hatte am Mittwoch angekündigt, kurzfristig Lehrer aus anderen Bundesländern gewinnen zu wollen. Es soll unter anderem ein "Paket für Start- und Umzugshilfe" geben, wie der Bayerische Rundfunk berichtet. Auch aus anderen Bundesländern kommt Kritik, wie sueddeutsche.de berichtet.


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