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Arbeitszeit der Lehrkräfte in Sachsen wird ab Sommer gemessen

Eine Studie soll klären, wie viele Wochenstunden Sachsens Lehrer tatsächlich arbeiten. Sie startet ab 1. August an den Schulen. Das Kultusministerium will damit prüfen, ob Arbeitszeitkonten möglich sind.

Von Andrea Schawe
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Nur ein Drittel der Arbeitszeit der Lehrerinnen und Lehrer in Sachsen ist Unterricht.
Nur ein Drittel der Arbeitszeit der Lehrerinnen und Lehrer in Sachsen ist Unterricht. © dpa

Dresden. Sachsens Kultusministerium will im Sommer damit starten, die Arbeitszeit und die Arbeitsbelastung der Lehrkräfte zu messen. Eine wissenschaftliche Studie soll ab 1. August die reale Arbeitszeit von Lehrkräften an allen Schularten, mindestens aber an Grund- und Oberschulen sowie Gymnasien, und in allen Regionen untersuchen.

Sie soll zeitlich ein ganzes Jahr laufen und nach der Hälfte ein Zwischenergebnis bringen, sagte Kultusminister Christian Piwarz (CDU). "Erst danach wird man sehen, welche Spielräume es für Arbeitszeitkonten gibt, beziehungsweise welche Spielräume vorhanden sind, um kurzfristig mehr Lehrer für den Unterricht zu bekommen." Sachsen stehe dabei im positiven Sinne deutschlandweit unter Beobachtung. Denn auch andere Bundesländer seien an den Ergebnissen interessiert.

Die Studie sollte eigentlich schon zum zweiten Halbjahr im Februar 2024 starten. Allerdings hatte das Kultusministerium Schwierigkeiten, einen Anbieter zu finden, der die Untersuchung durchführt. Erst im dritten Ausschreibungsverfahren konnte Ende 2023 ein Zuschlag erteilt werden, teilt das Kultusministerium mit. Nun liefen erste Gespräche mit der Partneragentur, die sich mit Arbeitszeituntersuchungen auskenne. Wie das verfahren genau aussieht, werde den Schulen im Laufe des zweiten Halbjahres mitgeteilt.

Wie viel arbeiten Lehrer außerhalb des Unterrichts?

Erfasst werden soll der Umfang der Arbeitszeit der Lehrerinnen und Lehrer in allen Phasen eines Schuljahres, in unterschiedlichen Fächern und Arbeitszeitmodellen. Wie viele Stunden die Lehrer arbeiten, soll anhand objektiver Kriterien ermittelt werden. Dabei gehe es nicht nur um den Unterricht "vor den Schülerinnen und Schülern, sondern die gesamten unterrichtlichen und außerunterrichtlichen Tätigkeiten der Lehrkräfte, auch während der unterrichtsfreien Zeit", hieß es in der Ausschreibung.

Nach Urteilen des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesarbeitsgerichts ist eine Erfassung der Arbeitszeiten in Deutschland Pflicht. Das Bundesarbeitsministerium hatte eine Bitte der Kultusministerkonferenz nach Ausnahmen für Lehrer und Wissenschaftler abgelehnt. Allerdings steckt ein neues Gesetz von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) bisher im Verfahren fest.

Das Kultusministerium will sich mit den Daten auch einen genauen Überblick über die Arbeitsbelastung der sächsischen Lehrkräfte verschaffen. Lehrerverbände in Sachsen verweisen immer wieder auf eine zu hohe Arbeitsbelastung in den Schulen durch die angespannte Personalsituation und fordern Entlastungsmaßnahmen. Nach einer Studie der Universität Göttingen aus dem Jahr 2022 im Auftrag der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) arbeiten Lehrkräfte in Sachsen häufig mehr als 48 Stunden pro Woche. Nur ein Drittel davon ist Unterricht.

Lehrerverbände fordern Entlastung

Damit gebe es bereits eine aktuelle Arbeitszeitstudie von Lehrkräften in Sachsen, die man ernst nehmen muss, sagte Sachsens GEW-Chef Burkhard Naumann. "Flächendeckende Mehrarbeit und eine gesundheitsgefährdende Belastung sind der Normalzustand. Damit ist es bereits erwiesen, dass Lehrkräfte überlastet sind."

Die Gewerkschaft fordert deutliche Schritte gegen die Überlastung und eine Erfassung der Arbeitszeit. "Mit der Arbeitszeiterfassung wäre die individuelle zeitliche Belastung von Lehrkräften sofort regulierbar", so Naumann. Das Kultusministerium habe Gespräche darüber, wie die Erfassung umgesetzt werden soll, jedoch bisher abgelehnt.

Um die Unterrichtsversorgung zu gewährleisten, schwebt Piwarz ein Arbeitszeitkontenmodell für Lehrer bis zum Alter von 55 Jahren vor. Eine befristete Erhöhung des Unterrichtskontingents pro Woche könnte für Lehrer finanziell ausgeglichen oder später durch weniger Arbeitszeit „abgebummelt“ werden. Auf diese Weise erhofft sich das Kultusministerium mehr Flexibilität. Akute Spitzen könnten durch Mehrarbeit kompensiert und in Jahren mit weniger Schülerzahlen das gesamte Arbeitsvermögen reduziert werden, ohne Lehrer entlassen zu müssen: „Dazu wären die Arbeitszeitkonten ideal geeignet. Sie sind auch eine moderne Form, Lebensarbeitszeit individuell zu planen.“ (mit dpa)