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Sächsische Schweiz: Was hat das Boof-Verbot bisher gebracht?

Die zeitweise Sperrung der Übernachtungsstellen im Nationalpark sollte vor allem den Wanderfalken nützen. Der Nachweis gestaltet sich aber schwierig.

Von Dirk Schulze
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Ranger der Nationalparkwacht haben in diesem Jahr zahlreiche illegal Boofende erwischt.
Ranger der Nationalparkwacht haben in diesem Jahr zahlreiche illegal Boofende erwischt. © Marko Förster

Im Nationalpark Sächsische Schweiz darf zwischen dem 1. Februar und dem 15. Juni niemand mehr draußen in der Natur übernachten, auch nicht in den offiziellen Boofen. Diese Neuregelung trat im Mai 2022 in Kraft - also noch während der damals schon laufenden Saison. Im Jahr 2023 galt das temporäre Verbot des Freiübernachtens nun erstmals über den vollen Zeitraum von viereinhalb Monaten. Wie fällt die Bilanz aus?

Insgesamt hat die Nationalparkwacht in diesem Jahr mehr als 100 Verstöße gegen das Boofverbot registriert. Gegen diese Besucher wurden Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet. Auffällig dabei: Die Mehrzahl der Menschen, die trotz der Boofensperrung im Nationalpark übernachten wollten, stammt laut Nationalparkverwaltung nicht aus Dresden oder der Sächsischen Schweiz, sondern von weiter her. Offenbar ist die neue Regelung außerhalb der Region noch nicht ausreichend bekannt.

Generell habe die Zahl der Freiübernachtungen aber erheblich abgenommen. "Es war nachts deutlich ruhiger im Nationalpark", sagt Nationalparkleiter Uwe Borrmeister. Die meisten Besucher hätten die neuen Regeln respektiert. Die gut 100 Ordnungswidrigkeiten seien aber zu viel. "Hier müssen wir künftig versuchen, besser zu informieren", so Borrmeister.

Ruhepause für die Natur im Nationalpark

Das temporäre Boofverbot wurde bei seiner Einführung vor allem mit einer nötigen Beruhigung der Natur begründet, insbesondere in den Abend- und Nachtstunden. In den Jahren zuvor hatte es immer weniger junge Wanderfalken in der Sächsischen Schweiz gegeben. Mit dem Übernachtungsverbot während der Brutzeit der Vögel im Frühjahr sollten seltene Tierarten wie der Wanderfalke oder auch der Schwarzstorch eine Ruhepause bekommen.

Der Vorschlag kam damals vonseiten der Bergsportverbände. Sie konnten mit diesem Kompromiss ein ansonsten drohendes Ticketsystem abwenden, bei dem die Zahl der Personen in den offiziellen Freiübernachtungsstellen stark begrenzt worden wäre. Einen Platz hätte nur bekommen, wer ihn rechtzeitig reserviert. Eine zeitweise Sperrung zugunsten brütender Vögel existiert auch bei einer Reihe von Klettergipfeln und wird im Allgemeinen akzeptiert.

Mehr Wanderfalken, aber kein Zusammenhang

Tatsächlich haben sich die Brutzahlen der Wanderfalken in den vergangenen beiden Jahren sehr gut entwickelt. Jedoch: Ein unmittelbarer Zusammenhang mit dem Boofverbot lasse sich nicht herstellen, erklären Nationalparkverwaltung, Deutscher Alpenverein und der Umweltverband BUND in einer gemeinsamen Pressemitteilung. Es fehle dafür an wissenschaftlich fundierten Indikatoren.

Diskutiert wird dies in einer gemeinsamen Projektgruppe, in der Behördenvertreter, Naturschützer und Bergsteiger zusammensitzen und nach einer langfristigen Lösung für das Boofen suchen - die aktuelle Regelung gilt nur befristet bis 2025. Vor allem die Bergsteiger achten darauf, dass etwaige Verbote auch ökologisch begründet sind.

Die Nachwuchszahlen bei den Wanderfalken in der Sächsischen Schweiz haben sich laut Nationalparkverwaltung erholt.
Die Nachwuchszahlen bei den Wanderfalken in der Sächsischen Schweiz haben sich laut Nationalparkverwaltung erholt. © Mike Jäger

Eine längerfristige Analyse der Wanderfalkenpopulation über die vergangenen zehn Jahre habe nun ergeben, dass einige Gebiete mit offiziell zugelassenen Boofen zu den erfolgreichsten Brutrevieren in der Sächsischen Schweiz zählen. Die einfache Gleichung, wonach die Boofer die Wanderfalken verscheuchen, geht offenbar nicht auf.

Nach einiger Diskussion hat man sich innerhalb der Projektgruppe auf die Sichtweise verständigt, dass es auch in Zukunft nicht möglich sein wird, einen eindeutigen Zusammenhang zwischen dem Boofen und der Entwicklung der Felsbrüter herzustellen. Es gebe einfach zu viele Faktoren, wie natürliche Fressfeinde oder das Wetter, die den Bruterfolg beeinflussen können.

Langfristige Lösung für das Boofen bis 2026

Die aktuell gültige Regelung werten Nationalpark, Naturschutz- und Bergsportverbände dennoch als Erfolg. "Mit der temporären Sperrung konnte auf jeden Fall ein deutliches Zeichen gegen das ausufernde Freiübernachten im Nationalpark Sächsische Schweiz gesetzt werden", heißt es. Auch an den Feiertagswochenenden im Mai und Juni sei eine deutliche Beruhigung der Natur zu spüren gewesen.

Erlaubt ist das Übernachten im Nationalpark auch außerhalb der Sperrzeit nur in den 58 ausgewiesenen Boofen - und nur für Kletterer. Das Wildcampen ist generell untersagt. In den vergangenen Jahren wurde jedoch vermehrt auch außerhalb der zugelassenen Stellen auf sensiblen Felsriffen übernachtet. Es gab Probleme mit Fäkalien und illegalen Lagerfeuern im Wald. Bis Anfang 2026 muss eine langfristige Lösung gefunden werden, dann läuft die aktuelle Übergangsregelung aus.