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Wie ein Vorzeige-Unternehmen aus Sachsen zu Unrecht zum rechten Demo-Organisator wurde

Am Wochenende wollen Rechtsextreme vor der Staatskanzlei in Dresden ein Protestcamp aufschlagen. Im Netz entsteht das Gerücht, ein engagierter Unternehmer plane die Aktion. War die Falle extra gestellt worden?

Von Moritz Schloms
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Die beiden Unternehmer hinter der Gerüstbau-Firma  Gemeinhardt Service.
Die beiden Unternehmer hinter der Gerüstbau-Firma Gemeinhardt Service. © kairospress

Am 8. Januar will der in der Region Dresden bekannte Rechtsextremist Max Schreiber die Regierung stürzen. Zum "Tag des Widerstandes" ruft der ehemalige NPD-Kreischef, "Bauern, Spediteure, Handwerker", sowie die "gesamte sächsische Protestszene" dazu auf, "dieser kriminellen Bande zu zeigen", wer das Sagen habe. Mit der "Bande" meint er die Regierung. Der Heidenauer, der in den vergangenen Jahren nach eigenen Angaben schon über 600 einschlägige Demonstrationen veranstaltet hat, will mit seinen Leuten sogar vor der Staatskanzlei übernachten. Redebeiträge zur Demo sollen an die Mailadresse "[email protected]" geschickt werden.

Ein sonst umsichtig agierender X-Nutzer (ehemals Twitter) ordnete diese Mail-Adresse der Gemeinhardt Service GmbH zu. Nach eigenen Angaben steht das Unternehmen seit 100 Jahren für Spezial-Gerüstbau in Dresden, es war mehrfach für den sächsischen Unternehmerpreis nominiert. Allerdings: Die Mailadresse gehört der Firma nicht. Sie ist vielmehr unter "[email protected]" zu erreichen.

Das Unternehmen sieht seinen guten Namen beschmutzt

Dirk Eckart, Geschäftsführer der Gemeinhardt Service, betont, er sei weder in noch mit seinem Unternehmen "in irgendeiner Weise parteipolitisch aktiv". Deshalb treffe es die Firma sehr, "dass ausgerechnet wir jetzt in die rechte Ecke gezogen werden sollen." Die Schuld daran sieht Eckart nicht beim Twitter-Nutzer.

Das Unternehmen beauftragte mit Lars Weber einen Experten für Cyberkriminalität, der hinter der ähnlichen Mailadresse Propagandazwecke vermutet. "Nach unseren Recherchen wurde erst im Dezember 2023 die Mailadresse [email protected] aktiviert", sagte er.

Wer wirklich hinter der Mail-Adresse steckt

Bei dem anonymen X-Nutzer handelt es sich um den Account "Hoywoj". Er postet immer wieder und meistens gut recherchiert zu rechtsradikalen Umtrieben in Sachsen. Er entschuldigte sich am Mittwochmittag für seinen Fehler: "Es handelt sich um eine Mailadresse, die bewusst oder unbewusst der Mailadresse einer echten Gerüstbaufirma ähnelt, vermutlich um zu verschleiern, dass hinter der Orga keine echte Firma, sondern rechtsextreme Akteure stecken."

Die für die Organisation der Demonstration benutzte Mailadresse gehört zu eben jenem Max Schreiber, der den Protest am 8. Januar organisiert. Im vorigen Jahr stellte er Bilder von Baustellen ins Netz, auf denen ein Banner mit der Aufschrift "Spezialgerüstbau Dresden" zu sehen ist, darunter die besagte Mailadresse.

Max Schreiber bei einer Demonstration.
Max Schreiber bei einer Demonstration. © Daniel Förster

Seit 2016 sei er schwerpunktmäßig im Gerüstbau tätig, er dürfe auch den Titel "Gerüstbaumeister" tragen. Seit 2021 arbeite er im Sondergerüstbausektor, seine Firma heiße seitdem Spezialgerüstbau Dresden (SGD). Der Slogan der Firma laute "NUR DER SGD!" Seine Antwort auf Fragen von Sächsische.de erfolgten von der Mailadresse "info@geruestbauer-dresden" aus.

Der Bauernverband will mit Schreibers Demo nichts zu tun haben

Schreiber begibt sich mit seiner angemeldeten Demonstration ins Fahrwasser des sächsischen Bauernverbandes. Dieser hat für die kommende Woche mehrere Proteste ankündigt, um gegen die geplante Reform der Agrarsteuer zu demonstrieren. Allerdings ist im Aufruf der Landwirte vom Protest "der demokratischen Mitte" die Rede.

Eine Sprecherin des Bauernverbandes bezeichnete Schreibers Protest als "zu tendenziös". Der Verband habe extra beschlossen, nicht am Montag in Dresden zu demonstrieren, da dieser Tag durch die bisherigen Montagsproteste vorbelastet sei. "Das ist eine Ecke, in die wir und unsere Mitglieder nicht wollen."