Bauernproteste und nächtliches Protestcamp in Dresden: Die Lage am Dienstagmorgen
Landwirte und Rechtsextreme haben am Montag in Dresden demonstriert. Auch am Dienstagfrüh steht noch das rechte Protestcamp vor der Staatskanzlei. Der Protesttag zum Nachlesen.
Dresden. Autofahrer mussten heute den ganzen Tag lang starke Nerven beweisen. Zahlreiche Autobahnauffahrten in Dresden wurden morgens von Landwirten blockiert. Ab dem Mittag kam es zusätzlich zu Demonstrationen im Zentrum, die den Verkehr ebenfalls lahmlegten. Die neuesten Entwicklungen zu den Protesten im Überblick.
Dienstag, 8.20 Uhr: Bierzelt und Wohnmobil vor der Staatskanzlei
Am Dienstagmorgen stehen vor der Staatskanzlei in Dresden noch ein Bierzelt, ein Wohnmobil und etwa zehn Polizeiwagen. Wie eine Sächsische.de-Reporterin berichtet, ist es ansonsten ruhig. Draußen sind am frühen Morgen im Camp, zu dem Rechtsextremist Max Schreiber von den "Freien Sachsen" und Marcus Fuchs, Kopf der Dresdner "Querdenker", aufgerufen hatten, noch keine Menschen zu sehen.
Anders, als beispielsweise im Erzgebirgskreis, sind die A4-Auffahrten Dresden-Neustadt und Wilder Mann am Dienstagmorgen frei. Wie ein Reporter berichtet, ist die Autobahn am Morgen deutlich voller als am Montag.
Wie die Polizei Dresden mitteilt, ist sie auch am Dienstag wegen des Versammlungsgeschehens im Einsatz. Am Montag habe sich das Versammlungsgeschehen weitestgehend störungsfrei abgespielt, teilt die Polizei in einer Bilanz-Meldung mit. Ausnahme habe die Situation am Carolaplatz dargestellt, wo mehrere Versammlungsteilnehmer eine Polizeikette in Richtung Albertplatz durchbrachen. Nach Polizeieingaben kam Pfefferspray zum Einsatz. 460 Beamte seien am Montag deshalb im Einsatz gewesen.
Montag, 18.32 Uhr: Protestcamp vor der Staatskanzlei bleibt über Nacht
Vor der Staatskanzlei befinden sich noch schätzungsweise 50 Personen. Sie sind Teil eines Protestcamps, zu dem der Rechtsextremist Max Schreiber (Freie Sachsen) und Marcus Fuchs, Kopf der Dresdner "Querdenken"-Bewegung, aufgerufen hatten. Einige wollen hier laut den Veranstalter trotz Minusgraden in ihren Fahrzeugen übernachten und bis Dienstagabend bleiben. Die Demonstranten können sich an einem Feuer aufwärmen, in Bierzelten gibt es Versorgung.
17.26 Uhr: Demo-Lage entspannt sich
Die Bauernproteste sind offiziell beendet. Vor der Staatskanzlei sollen sich weiterhin Demonstranten der als rechtsextrem eingestuften "Freien Sachsen" aufhalten, begleitet von Polizei. Der Verkehr in Dresden läuft weitestgehend wieder flüssig, die Dresdner Verkehrsbetriebe sind zum Normalfahrplan zurückgekehrt.
15.48 Uhr: Namhafte Personen aus einschlägigen Kreisen bei Protesten
Vor der Staatskanzlei in Dresden sind derzeit noch bis zu 3.000 Demonstranten, berichtet ein Sächsische.de-Reporter vor Ort. Er schätzt, der zuvor aufgezogene Mob dürfte eine der größten durch Rechtsextreme angeführte Demonstrationen der vergangenen Jahre gewesen sein. Zahlreiche namhafte Personen der "Freien Sachsen" und "Querdenken"-Szene waren laut Reportern bei den Protesten vertreten, die sich die Bauernproteste zunutze gemacht haben.
Auf den Transparenten waren über den Protestzug verteilt neben Sätzen wie "Die Ampel muss weg" auch "Jagd die Grünen" zu lesen. Auf einem Auto war ein Galgen montiert, an dem eine Ampel hing - eine Anspielung auf die aktuelle Regierung.
15:10 Uhr: Landwirte verlassen die Dresdner Innenstadt
Die protestierenden Landwirte halten sich an ihre Ankündigung und verlassen kurz nach 15 Uhr die Dresdner Innenstadt. Der Autokorso wird von den Demonstranten vor der Sächsischen Staatskanzlei unter Jubel und Applaus verabschiedet. Die Demonstranten protestieren weiter auf dem Platz vor der Staatskanzlei.
14:10 Uhr: Demonstranten protestieren vor der Sächsischen Staatskanzlei
Tausende Menschen versammeln sich vor der Sächsischen Staatskanzlei. Die Menge brüllt "Widerstand, Widerstand" und vereinzelt "Attacke". Reporter vor Ort bezeichnen die Lage als äußerst angespannt. Sie schätzen die Teilnehmerzahl auf etwa 3.000 Personen.
Vor dem Gebäude werden mehrere Reden gehalten. Egbert Ermer, ehemaliger Chef des AfD-Kreisverbands Sächsische Schweiz-Osterzgebirge, sagt, Ministerpräsident Michael Kretschmer solle "die Grünen in der Regierung zum Teufel jagen". Es folgt ein Redebeitrag von Frank Liske, dem Organisator der Görlitzer Montagsproteste.
13:45 Uhr: Demonstranten durchbrechen für kurze Zeit Polizeikette
Am Carolaplatz bedrängen Demonstranten Polizisten. Zeitweise gelingt es ihnen, die Polizeikette zu überwinden. Ziel ist es offenbar, in die Dresdner Neustadt zu gelangen. Die Beamten fordern die Demonstranten auf, sich wieder Richtung Carolaplatz zu bewegen. Diesen Aufforderungen geben die Demonstranten nach wenigen Minuten nach.
13:30 Uhr: Straßenbahnen werden wegen Demonstrationszug umgeleitet
Aufgrund der Proteste in Dresden kommt es zu zahlreichen Fahrplanänderungen bei den DVB:
Die Linien 1 und 2 werden in beiden Richtungen zwischen dem Straßburger Platz und Bahnhof Mitte über den Lennéplatz umgeleitet.
Die Linie 3 wird in beiden Richtungen zwischen Hauptbahnhof und Bahnhof Neustadt (Hansastr.) über Bahnhof Mitte und Anton-Leipziger Str. umgeleitet.
Die Linie 4 wird in beiden Richtungen zwischen Straßburger Platz und Anton-Leipziger-Straße über den Lennéplatz, Hauptbahnhof und Bahnhof Mitte umgeleitet.
Die Linien 7 und 8 wird in beide Richtungen zwischen Albertplatz und Hauptbahnhof über Sachsenallee und Lenéeplatz umgeleitet.
Die Linien 9 und 11 werden in beiden Richtungen zwischen Hauptbahnhof und Anton/Leipziger Straße über Bahnhof Mitte umgeleitet.
Die Linie 12 wird in beide Richtungen zwischen Straßbruger Platz und S-Bhf. Freiberger Straße über den Lennéplatz und Hauptbahnhof umgeleitet.
12.29 Uhr: Bauern wollen ab 15 Uhr Autobahn-Auffahrten wieder frei machen
Die demonstrierenden Landwirte in ganz Sachsen wollen ab 15 Uhr ihren Protest weitestgehend beenden. Wie der Sprecher der Verbindung "Land schafft Verbindung" Robert Erdmann am Mittag mitteilt, sollen die Proteste an den Autobahnauffahrten eingestellt werden. Als "Dank an Sachsens Bevölkerung" wolle man den Feierabendverkehr nicht weiter einschränken.
"Das Verständnis für unsere Proteste am heutigen Tage war überwältigend. An keinem der 95 Standorte mit über 10.000 Traktoren, LKWs und Transportern gab es in irgendeiner Weise Probleme", so Erdmann in einer Mitteilung.
12:28 Uhr: Mehrere tausend Menschen versammeln sich auf dem Schlossplatz
Auf dem Dresdner Schlossplatz haben sich mehrere tausend Menschen versammelt. Vor Ort ist auch der ehemalige NPD-Kreischef und Rechtsextremist Max Schreiber, der zur Demonstration am Montag aufgerufen hat. In der Menge werden zahlreiche Flaggen der "Freien Sachsen" und anderer rechter Gruppierungen geschwenkt.
Gegen 12:30 Uhr bewegt sich der Protest über den Postplatz, die Wilsdruffer Straße, den Pirnaischen Platz sowie
die Carolabrücke bis zum Carolaplatz.
12:10 Uhr: Stau in der Dresdner Innenstadt
Mittlerweile hat der Bauernprotest die Innenstadt erreicht. Auf der Ostra-Allee staut sich der Verkehr, auch auf der Marienbrücke kommen die Autos nur mühsam voran.
11.00 Uhr: Auffahrt Gorbitz wegen Mittagspause bis 13 Uhr frei
An der Auffahrt Gorbitz machen die Landwirte Mittagspause. Das berichtet ein Reporter vor Ort. Demnach soll die Auffahrt bis 13 Uhr für den Autoverkehr frei bleiben.
10.15 Uhr: Straßen sollen vereinzelt von 11 bis 13 Uhr geräumt werden
"Nüchtern, nackt und hungrig" steht auf einem Treckerschild an der A17, Auffahrt Gorbitz. 20 bis 30 Landwirte blockieren hier die Zufahrten. Auch hier soll, wie angeblich überall in Sachsen, von 11 bis 13 Uhr geschlossen eine Mittagspause gemacht und die Straßen geräumt werden.
Die Polizei bestätigt auf Nachfrage nicht, dass es sachsenweit eine Mittagspause gibt. An einigen Anschlussstellen werde es aber individuelle Pausen geben.
9.44 Uhr: Keine Behinderungen auf der A4
Trotz der Proteste können Autofahrer weitestgehend ungehindert über die Autobahn A4 fahren. Auf dem Abschnitt zwischen Alt- und Neustadt sowie weiter in Richtung Bautzen versperren laut zwei Reportern vor Ort keine Fahrzeuge die Fahrbahn.
9.10 Uhr: Protestierende Bauern: "So kann es nicht weitergehen"
Der 24-jährige Lucas Olhoff hat für heute Überstunden genommen, um beim Protest an der Auffahrt Wilder Mann dabei sein zu können. Der Moritzburger ist Landwirt im Nebenerwerb und arbeitet hauptberuflich als Schlosser bei den Dresdner Verkehrsbetrieben. "So kann es nicht weitergehen", sagt er. "Gerade wir Kleinen gehen an dem Bürokratiewahnsinn krachen, dabei will ich nur das erhalten, was meine Großeltern aufgebaut haben."
Landwirt Christoph Proft aus Glashütte ist einer der Organisatoren an der Auffahrt Südvorstadt. Etwa 80 bis 100 Fahrzeuge sind dort vor Ort, schätzt ein SZ-Reporter. Proft freut sich über die große Solidarität, die er und seine Mitstreiter erfahren. Immer wieder würden Privatleute anhalten, um Lebensmittel vorbeizubringen und ihre Unterstützung zu bekunden. "Wir kämpfen für unsere Sache, aber wir sind neutral", sagt er.
8.52 Uhr: AfD-Politiker Jörg Urban besucht Bauern am Wilden Mann
Sachsens AfD-Chef Jörg Urban besucht die Demonstranten am Wilden Mann und bringt Bockwürste für die Landwirte mit. "Wir wollen den Bauern zeigen, dass sie Rückhalt haben. Die machen das ja nicht nur für sich, sondern letztlich für uns alle", sagt Urban.
8.49 Uhr: Autobahnauffahrt am Wilden Mann soll mittags geräumt werden
Die Polizei hat die Landwirte aufgefordert, von 11 bis 13 Uhr die Autobahnauffahrt am Wilden Mann zu räumen.
Laut einem Reporter vor Ort ist aktuell noch unklar, ob die Bauern der Anordnung nachkommen. Klar ist jedoch: Von 13 bis 17 Uhr wollen die Landwirte die Straße weiter blockieren.
8.00 Uhr: Proteste sorgen für Stau in Dresden
Dichter Verkehr bis Stau herrscht aktuell (8 Uhr) auf der B173 (Coventrystraße) zwischen der A4-Anschlussstelle Gorbitz und Gorbitz, auf der B170 zwischen Bannewitz und Stuttgarter Straße, auf der Tharandter Straße zwischen Weißeritztalbrücke und Kesselsdorfer Straße sowie auf der Tschirnhausstraße zwischen der Anschlussstelle Prohlis und Dohnaer Straße. Zu Behinderungen kommt es auch an den blockierten Auffahrten.
Montag, 8. Januar 2024, 7.10 Uhr: Bauern blockieren Autobahnauffahrten
Seit den frühen Morgenstunden ist die Dresdner Polizei im Einsatz, um mehrere angezeigte Versammlungen zu überwachen und zu sichern. Ab 5 Uhr begannen Versammlungen an den Autobahneinfahrten zur A4, A13, A14 und A17. An den Anschlussstellen Marsdorf, Radeburg, Hellerau, Wilder Mann sowie Nossen und Wilsdruff ist das Auffahren auf die Autobahnen nicht möglich. Ausnahmen bilden momentan auf der A 4 die Anschlussstellen
Dresden-Neustadt und -Flughafen sowie auf der A 17 Dresden-Prohlis, Heidenau
sowie Bahretal.
Zusätzlich setzte sich ein Versammlungsaufzug mit Lkw-Beteiligung auf der B169 von Zeithain in Richtung Seerhausen in Bewegung.
Ab Montagmittag werden die Einsatzkräfte zudem eine Versammlung in der Dresdner Innenstadt absichern. Aufgrund des Versammlungsgeschehens sind auch im Stadtgebiet Dresden Verkehrsbeeinträchtigungen zu erwarten, teilten die Beamten am Montagmorgen mit. Ein Polizeihubschrauber werde während des Tages im Einsatz sein, um einen
Überblick der Verkehrslage aus der Luft zu erhalten. Der Verkehrswarndienst
werde über aktuelle Verkehrsbeeinträchtigungen informieren.
So berichtete Sächsische.de bisher über die Proteste:
Caterer empfiehlt, Kindern Verpflegung mit in Schule und Kita zu geben
Von den Demonstrationen betroffen sind darüber hinaus - zumindest teilweise - Caterer, die etwa Betriebskantinen, Seniorenheime und Rentner daheim mit Essen beliefern. So hat das Unternehmen Gourmetta aus Radebeul am Freitagabend mitgeteilt, dass es zu Einschränkungen in der Verpflegung kommen könnte. "Durch den Streik der GDL, des Deutschen Bauernverbands sowie des Bundesverbands Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) wird es zu Störungen des Bahnverkehrs, Beeinträchtigung des Straßenverkehrs und Unterbrechungen der Lieferketten kommen. Bedauerlicherweise sind auch wir von dieser Situation betroffen und bitten um Verständnis, dass es zu erheblichen Einschränkungen kommen kann." Man stehe mit den Einrichtungen im engen Kontakt. "Sollten wir auf Grund von Straßensperrungen Ihre Einrichtung nicht erreichen können, versuchen wir Sie rechtzeitig zu informieren. Die Versorgung Ihrer Kinder hat oberste Priorität, dennoch empfehlen wir vorsorglich, Ihrem Kind eine Kleinigkeit an Verpflegung mitzugeben."
Landwirte distanzieren sich von Mobilisierung von Rechten
Zu den Protesten ruft unter anderem die Vereinigung "Land schafft Verbindung" auf. In den sozialen Medien rufen allerdings auch rechte Gruppierungen zu den Protestaktionen am Montag auf. Unter anderem mobilisieren die rechtsextremen Freien Sachsen zur Teilnahme am Protest.
Davon distanzieren sich aber viele Landwirte. So hatte zum Beispiel Robert Erdmann von der Vereinigung "Land schafft Verbindung" am Freitag erklärt, großen Wert darauf zu legen, dass sich alles "in einem vernünftigen Rechtsrahmen bewege". Auch der Landesbauernverband geht auf Distanz und erklärt, dass es Verbrüderungen gebe, die nicht im Sinne der Bauern seien. Es gehe den Landwirten nicht um Umsturz, sondern eine wettbewerbsfähige Landwirtschaft, hatte Verbandssprecherin Diana Henke mitgeteilt. (SZ)